Medikamente – so wenig wie möglich, so viel wie nötig - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Medikamente – so wenig wie möglich, so viel wie nötig

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Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Das ist besonders auch dann zu beachten, wenn man ihnen ein Arzneimittel geben möchte. Problematisch ist, dass zahlreiche Arzneimittel nur an Erwachsenen getestet werden.

Schreiende, wild um sich schlagende Kinder, die den Hustensaft ausspucken: Dem Sprössling Medikamente zu geben, kann für die Eltern zur Tortur werden. «Für Medikamente bei Kindern gilt: So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Ganz besonders für Schmerzmittel und Antibiotika», sagt die Churer Kinderärztin Heidi Zinggeler Fuhrer. «Vor allem bei unter Zwölfjährigen sind korrekte Einnahme und dem Alter und Gewicht angepasste Dosierung wichtig.»

Eine längere Medikamententherapie bei Kindern sollte ärztlich überwacht werden. Deshalb stellt Heidi Zinggeler keine Jahresrezepte aus: «Kinder mit einer länger dauernden Therapie, etwa mit Asthmamedikamenten oder Kortisonsalben, kontrolliere ich regelmässig.» Und: Medikamente sollten unter Verschluss, sicher vor Kinderhand aufbewahrt werden.

Medikamentenmissbrauch bei Kindern und Jugendlichen sei selten, sagt Dr. Markus Lampert, Spitalapotheker im Basler Bruderholzspital. «Problematisch hingegen kann die Indikation sein.» Etwa die Verschreibung von Ritalin. Lampert erwähnt noch einen Aspekt: «Kranke Kinder haben keinen Platz in der Gesellschaft, weil die Eltern dann nicht arbeiten können.» So seien berufstätige Eltern manchmal dazu gezwungen, ihrem Kind schon bei banalen Erkältungen schneller einmal ein Medikament zu geben, statt es zu Hause zu behalten.

Andere Wirkung bei Kindern

Ein grosses Problem sieht Lampert bei der Forschung, «weil viele Medikamente nicht an Kindern getestet oder nicht speziell für diese Altersgruppen zugelassen sind. 80 Prozent aller hospitalisierten Kinder bekommen solche Medikamente.» Im Fachjargon spricht man dabei von Off-Label-Use. Das bedeutet, dass ein Medikament anders eingesetzt wird, als es dessen Zulassung vorsah.

Laut einer Studie des «British Medical Journal» können Off-Label-Anwendungen bei Kindern zu unvorhergesehenen Nebenwirkungen führen. Professor Johannes van den Anker vom Universitäts-Kinderspital beider Basel bestätigt Wissensdefizite in der Kinderpharmakologie: «Dies weil Medikamente meist nur an Erwachsenen getestet werden.» Nicht nur seien aber die Stoffwechselprozesse bei Kindern anders, es gebe auch wenige Daten von gesunden Kindern. Studien erfolgten nur an kranken Kindern, was die Resultate verändern könne.

«Es geht um ethische Fragen, inwieweit Medikamente überhaupt an Kindern getestet werden dürfen und wer die Einwilligung dazu gibt», sagt der Kinderarzt und Pharmakologe van den Anker, der mit seinem Institut auf diesem Gebiet forscht.


Hausapotheke für Kinder

  • Fiebersenkendes und schmerzstillendes Mittel als Sirup oder Zäpfchen
  • Nasentropfen, z. B. auf Kochsalzbasis
  • Fieberthermometer
  • Desinfektionsmittel (auf Wasserbasis, das brennt kaum)
  • Verbandmaterial für kleine Verletzungen
  • Liste mit den wichtigsten Notfallnummern (Kinderarzt, nächstes Spital, nächste Apotheke, Tox-Zentrum)

Petra Seeburger
ist Intensivpflegefachfrau, Journalistin und Kommunikationsspezialistin. Sie arbeitet seit 30 Jahren im Gesundheitswesen.