Damit die Kilos purzeln
Jedes fünfte Kind ist heute zu dick. Doch Abnehmen ist nicht leicht. Richtige Ernährung, ausreichend Bewegung und die Unterstützung der Familie sind dabei entscheidend.
Vor 15 Jahren hat das ETH-Forscherteam das Problem als Zufallsbefund entdeckt. Die Wissenschaftler kontrollierten die Jodversorgung der Bevölkerung und erhoben dabei Grösse und Gewicht. «War das Problem der dicker werdenden Kinder bis dahin ein Thema in den USA gewesen, war es nun auch in der Schweiz und dem Rest von Europa angekommen», sagt Dr. Herter.
Den Bewegungsdrang der Kinder nicht stoppen, auch wenn es manchmal nervt.
Gemeinsam kochen und essen
Für die Forscherin ist die Familie der wichtigste Ansatzpunkt: Gemeinsames Kochen und Essen, gemeinsame Aktivitäten und Grenzensetzen für Fernseher und Computer helfen beim Abnehmen, aber auch bei der Prävention.
Prävention sei der erste Schritt der Behandlung, betont auch Dr. Joseph Laimbacher. Der Pädiater und Chefarzt des Ostschweizer Kinderspitals St. Gallen ist einer der bekanntesten Experten für die Behandlung von übergewichtigen Kindern. 2014 wurde er mit seinem Team mit dem Guido-Fanconi-Gedenkpreis ausgezeichnet, der bedeutende Leistungen auf dem Gebiet der Pädiatrie honoriert.
Seit den neunziger Jahren, als «die Welle nach Europa überschwappte», entwickelt Laimbacher Konzepte und Empfehlungen.«Erst 2007 wurde Übergewicht bei Kindern als Krankheit anerkannt», sagt er. Eine Veranlagung dafür liege in den Genen. Ob ein Kind dann aber tatsächlich zunimmt, hänge eben von weiteren Faktoren wie Bewegung, Essverhalten, Wachstumsphasen oder sozioökonomischen Faktoren ab.
Prävention beginnt für Laimbacher bereits früh: «Das Zeitfenster für die nächste Generation öffnet sich pränatal.» Zukünftige Eltern brauchen deshalb ein Bewusstsein für das eigene Gewicht. Dies gilt auch für die Schwangerschaft, in der man eben nicht für zwei essen darf. Sind die Kinder da, sollen sie von früh an einen normalen Umgang mit Essen lernen. «Kinder haben zudem einen natürlichen Bewegungsdrang», sagt Laimbacher und empfiehlt, diesen nicht zu stoppen, auch wenn es manchmal nervt. Sie sollten sich mindestens 90 Minuten pro Tag bewegen.
Wird das Gewicht zum Dauerthema, belastet das die Seele des Kindes.
Damit Kinder in der Gesellschaft bestehen können
Das Ostschweizer Kinderspital St. Gallen ist ein Vorreiter bei der Behandlung von Adipositas und bietet verschiedene Programme an. «Bevor wir jemanden aufnehmen, müssen uns die Kinder beweisen, dass sie motiviert sind, und die Eltern auch», sagt Laimbacher. Maxime sei eine gute Begleitung, nicht Druck. Den Eltern betroffener Kinder rät er ab, selber «herumzuprobieren» oder gar abstruse Diätprogramme mit den Kindern zu machen. Wichtig seien realistische Ziele wie die Stabilisierung des Übergewichts.
Joseph Laimbacher ist überzeugt: «Es geht nicht nur um das Normalgewicht, sondern darum, dass die Kinder in der Gesellschaft bestehen können.»