22. Februar 2017
Burnout bei Jugendlichen: «Ich kann mich nicht festlegen»

Aufgzeichnet von: Virgina Nolan
Bild: Daniel Auf der Mauer / 13 Photo
Bild: Daniel Auf der Mauer / 13 Photo
Lesedauer: 1 Minuten
Im Rahmen unseres Dossiers über Burnout bei Jugendliche erzählt Shakur (17), warum er manchmal Angst hat, sein Leben nicht auf die Reihe zu kriegen. Er will den Betrieb seiner Eltern übernehmen, steht aber ohne Lehrstelle da.
«Manchmal bereue ich es, dass ich die Schule auf die leichte Schulter genommen habe. Leider habe ich mich mehr auf meine Freunde konzentriert statt aufs Lernen. Meine Noten waren ganz gut, aber es haperte beim Betragen: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit – in meinem Zeugnis stehen die Kreuzchen am falschen Ort. Ich bin zwar nicht so der Schultyp, konnte es mir aber auch nicht vorstellen, nach der Sek schon mit Arbeiten anzufangen. Unserer Sek-Lehrerin war die Anzahl verschickter Bewerbungen wichtiger als das, was drinstand. Auch im zehnten Schuljahr bot der Klassenlehrer wenig Unterstützung beim Inhalt. Ich fand, das bringe wenig – und ging. Die Vereinbarung mit meinen Eltern war, dass ich im Pizzakurier mithelfe, den sie betreiben, und mich nebenher um eine Lehrstelle kümmere. Letzteres hat nicht wirklich funktioniert. Darum besuche ich neu eine Handwerksschule, ich gehe einmal die Woche in den Unterricht und muss mich um ein Praktikum bemühen.
«Ich habe so viel Interessen, ich kann mich nicht festlegen»
In der neuen Schule bereiten wir uns gezielt vor: Ich habe zwei Bewerbungen verschickt und bereits die Zusage für eine Schnupperlehre als Lüftungsmechaniker. Ich habe mir schon als Kind die Frage gestellt, was ich einmal arbeiten will. Bloss eine eindeutige Antwort fand ich nie. Ich habe so viele Interessen, bin immer offen für Neues. Ich habe in viele Berufe hineingeschnuppert, fast überall hat es mir gefallen – aber ich konnte mir in keinem Fall vorstellen, nur noch diese eine Arbeit zu machen. Ich kann mich nicht festlegen. Mein Bruder macht eine KV-Lehre auf der Bank. Ich glaube, meine Mutter hätte mich auch gerne in so einem Beruf gesehen. Später würde ich gerne den Pizzaservice vom Vater übernehmen, ich bin mit dem Betrieb gross geworden, er bedeutet mir viel.
«Ich habe in viele Berufe hineingeschnuppert, fast überall hat es mir gefallen»
Die Arbeit ist vielseitig: Man besorgt den Einkauf, kocht, macht das Büro, erledigt die Auslieferungen. Die mache ich besonders gerne, so sehe ich immer neue Gesichter. Mein Vater sagt, ich hätte noch viel vor mir, wenn ich den Betrieb übernehmen wolle. Es reiche nicht, von allem eine Ahnung zu haben, man müsse dahintersehen, im Detail Bescheid wissen. Ich habe einen guten Draht zu Menschen, ich glaube, man erreicht viel, wenn man ihnen mit Anstand begegnet. Aber ich habe Angst, dass ich nichts auf die Reihe bringe, weil ich mich so leicht ablenken lasse. Ich arbeite wirklich daran, mich zu verbessern. Ich hoffe, dass ich eine Lehrstelle finde und es schaffe, drei Jahre durchzubeissen, auch wenn es mal eintönig wird.»
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