«Wir reden mit!» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Wir reden mit!»

Lesedauer: 1 Minuten

Wenn die Kinder ihre Meinung zu Hause frei sagen und vertreten dürfen, kann es mitunter laut und emotional werden. Das müssen Eltern aushalten, findet unser Autor.

Wer hat sich nicht vorgenommen, in der Erziehung seiner Kinder alles besser zu machen als die Elterngenerationen davor? Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Patriarchalische Machtworte, Strafandrohungen und -vollzug waren in meiner eigenen Kindheit nahezu wirkungslos.

Ich habe sie schlicht als Machtmissbrauch der Stärkeren erlebt. Meine Frau und ich waren uns deshalb einig, diese Erziehungsmethoden aus unserer Familie zu verbannen. Ja, Sie lesen richtig: Keines unserer drei Kinder wurde je wegen vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlverhaltens in irgendeiner Form bestraft. Wir haben mit ihnen darüber geredet, was aus unserer Sicht nicht in Ordnung war. Hat das etwas geändert? Meistens – aber selten sofort.

«Die eigene Meinung zu bilden, zu formulieren und zu reflektieren will gelernt und vor allem geübt sein.» 

Im Herbst 2016 hat meine damals 12-jährige Tochter erstmals etwas von den Kinderrechten gehört. Sie nahm gemeinsam mit einer Schulfreundin an der Kinderkonferenz im Kinderdorf Pestalozzi teil und war begeistert zu hören, dass Kinder besondere Rechte haben. 

Sie durfte mit 40 Gleichaltrigen aus der ganzen Deutschschweiz überlegen, wie die Kinderrechtsbildung in der Schule aussehen könnte und sich im Unterricht umsetzen liesse. In der Schule, 2018 Stand Ende 1. Sek, hat das Thema Kinderrechte für meine Tochter und ihren Zwillingsbruder leider immer noch nicht stattgefunden. 

Wir brauchen keine Ja-Sager 

Hat das neu erworbene Wissen meiner Tochter um die Kinderrechte unser Familienleben verändert? Nein, denn es war für uns immer selbstverständlich, die Kinder in Entscheidungen einzubeziehen, wenn es um ihre Belange ging. Wer als Erwachsener in der Lage sein soll, seine Rolle in der Gesellschaft verantwortungsvoll auszufüllen, muss lernen, Verantwortung zu tragen und Rücksicht auf die Rechte und Bedürfnisse anderer zu nehmen.

Die eigene Meinung zu bilden, zu formulieren und zu reflektieren will gelernt und vor allem geübt sein – auch oder gerade in der Familie. Die Aushandlungsprozesse, die entstehen, wenn Partizipation gelebt wird, sind nicht immer einfach. Der Ton der Diskussionen bleibt nicht zwingend wohltemperiert, es wird zuweilen emotional und deshalb auch laut. Wenn es uns wichtig ist, unsere Kinder in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützen, müssen wir Eltern das aushalten. Wir brauchen keine Ja-Sager, sondern junge Menschen, die sich für ihre eigenen Belange und die anderer einsetzen.


Zum Autor:

Thomas Witte ist seit sechs Jahren Leiter Marketing und Kommunikation der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi. Als Vater von drei Kindern setzt er sich im familiären und schulischen Rahmen mit den Kinderrechten auseinander.
Thomas Witte ist seit sechs Jahren Leiter Marketing und Kommunikation der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi. Als Vater von drei Kindern setzt er sich im familiären und schulischen Rahmen mit den Kinderrechten auseinander.


Über die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi

Die Stiftung Kinderdorf Pestalozzi ist ein international tätiges Kinderhilfswerk. Seit 1946 stehen Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit. Das Kinderdorf in Trogen ist ein Ort der Friedensbildung, an dem Kinder aus der Schweiz und dem Ausland im Austausch lernen, mit kulturellen und sozialen Unterschieden umzugehen. In zwölf Ländern weltweit ermöglicht die Stiftung benachteiligten Kindern den Zugang zu qualitativ guter Bildung.
 www.pestalozzi.ch