20. Januar 2021
«Täglich 10 Minuten aufzuräumen, das ist der Trick»
Interview: Hanna Lauer
Bilder: Kyla Ewert / zVg
Bilder: Kyla Ewert / zVg
Lesedauer: 3 Minuten
Ordnungscoach Martina Domeniconi unterstützt Kinder und Erwachsene dabei, ihr Zuhause aufgeräumter zu gestalten. Sie gibt Tipps, wie auch Sie zu einer besseren Ordnung kommen.
Frau Domeniconi, für viele Kinder ist Aufräumen negativ behaftet. Was sind Ihre Erfahrungen?
Meine Kinder räumen sehr gerne auf. Klar, ich bin auch Ordnungscoach – das färbt ab. Aber grundsätzlich liegt es an der Einstellung der Eltern: Wenn sie gerne aufräumen, tun es die Kinder auch gerne. Als mein Sohn zwei war, hat mich die Spielgruppenleiterin angerufen und gesagt, er sei so gut im Aufräumen. Wenn ich als Coach unterwegs bin, mache ich sehr oft gute Erfahrungen mit Kindern, vor allem wenn die Eltern nicht dabei sind. Es ist einfacher, wenn eine fremde Person sagt, wie man das Kinderzimmer aufräumen soll. Und oftmals ist dann das Kinderzimmer das aufgeräumteste Zimmer in den Wohnungen.
Und was, wenn Kinder trotz positiv eingestellter Eltern einfach nicht aufräumen wollen?
Wenn das Kind partout nicht aufräumen will, hilft eine Hausregel: Zähneputzen ist auch nicht verhandelbar. Ein anderes gutes Hilfsmittel ist Musik. Man räumt zusammen mit den Kindern auf, so lange wie ein Song läuft.
Martina Domeniconi ist zertifizierte Ordnungscoach FO. Ihr Ziel ist es, Menschen beim Bewältigen des täglichen Chaos zu unterstützen. www.organize-my-space.ch
Zudem sollte Aufräumen zur täglichen Routine werden, wie eben Zähneputzen oder Geschirrabräumen nach dem Essen. Man kann auch eine Challenge einführen à la «Wer schafft mehr in einer bestimmten Zeit?». Wichtig ist, dass man mit gutem Beispiel vorangeht.
Welche Aufgaben erledigen Kinder grundsätzlich gerne?
Sortieren. Spielsachen nach Farbe oder Produkt. Also alle Autos zusammenstellen oder alle Plüschtiere in eine Box versorgen. Emotionale Geschenke von verstorbenen Verwandten wie der Grossmutter oder dem Grossvater geben die Kinder ungern weg. Schon Siebenjährige haben einen Sinn für Gegenstände mit einem sentimentalen Wert.
Ab welchem Alter kann man Kindern das Aufräumen des Kinderzimmers zumuten?
Ab zwei Jahren können Kinder bereits mithelfen. Meine Coachings mache ich meistens mit Kindern im Schulalter ab der 1. Klasse. Motivieren sollte man sie aber schon von klein auf.
Muss Aufräumen immer mit einer Belohnung einhergehen?
Nein, Aufräumen sollte selbstverständlich sein. Ich belohne meine Kinder ja auch nicht fürs Zähneputzen. Aber klar, wenn das Kind eine zusätzliche grössere Aufgabe erledigt, darf diese auch belohnt werden, wenn Eltern das möchten.
Alltagtipps für «einfaches Aufräumen»
Was mache ich mit einem Überschuss an Spielzeug?
Grundsätzlich sollte man zwei- bis viermal im Jahr ausmisten. Ich miste jeweils vor den Geburtstagen meiner Kinder aus. So hat man bereits Platz für neue Sachen geschaffen. Als Eltern kann man ja auch teilweise steuern, was die Kinder zu Weihnachten oder Geburtstagen von Grosseltern oder Gotten und Göttis erhalten. Sinnvoll sind Erlebnisgeschenke wie Ausflüge, oder man sammelt Geld für ein grösseres Legoset anstelle von zehn kleinen. Grösseren Kindern kann man Geld für Musikstunden schenken oder ein Abo einer Zeitschrift.
Ergibt es Sinn, einen Wochenplan fürs Aufräumen zu erstellen?
Es braucht keinen Wochenplan, Regelmässigkeit und Routine heisst die Devise. Jeden Abend zehn Minuten aufzuräumen sollte selbstverständlich sein. Sinnvoll sind auch Regeln wie: Wenn ein Spielzeug hervorgenommen wird, sollte es direkt nach dem Spielen wieder versorgt werden.
Vielen Familien fehlt es an Platz: Gibt es gute Tricks, wie man Spielsachen platzsparend aufräumt?
Ausmisten ist das A und O und das lege ich jedem ans Herz. Alles, was man ein Jahr lang nicht gebraucht hat, kann weggegeben werden nach dem Motto: «Use it or lose it.» Laut der bekannten japanischen Aufräum-Expertin Marie Kondo gehört auch «Gleiches zu Gleichem»: Man braucht nicht drei Locher an drei verschiedenen Orten. Räumliche Grenzen helfen ebenfalls beim Aufräumen. Jedes Spielzeug hat seinen Platz, und wenn die Box mit den Büchern, Plüschtieren oder Autos voll ist, ist sie voll. Am besten man beschriftet die Boxen mit Etiketten oder verwendet verschiedene Farben. Der Boden zum Spielen sollte möglichst frei sein, daher eignen sich Wandregale gut.
Was halten Sie davon: Kommt eines rein, muss eines raus?
Das ist einer meiner Top-Tricks. Ich bin überzeugt von dieser Methode. Ich bewahre zu Hause eine Art «Out-Box» auf. Dort kommt jedes Spielzeug oder Kleidungsstück rein, das man nicht mehr will oder braucht. Ist die Box voll, verschenkt oder entsorgt man die Dinge.
Welche Organisationen empfehlen Sie, um alte Spielsachen zu spenden?
Eine gute Frage, die ich oft höre. Früher konnte man alles in Brockenhäuser bringen, doch diese sind inzwischen wählerisch geworden. Ich empfehle daher Nachbarschaftshilfe. Jeder kennt jemanden, der beispielsweise alte Spielsachen mit dem Lastwagen ins Ausland fährt. Was auch gut funktioniert, sind Facebook-Gruppen. Oder man veranstaltet mit ein paar anderen Eltern zusammen einen Spielsachen-Tauschnachmittag. Gut erhaltene Kleidungsstücke können gegen ein Entgelt in Kinder-Secondhandshops gebracht werden.
Auch auf Flohmärkten sieht man immer Kinder, die selber einen Stand haben. Ist es für Kinder eine gute Erfahrung, ihre alten Spielsachen zu verkaufen und sich dann mit dem Geld ein neues Spielzeug zu kaufen?
Ich finde das eine coole Sache. Meine Kinder hatten immer Spass, etwas Geld zu verdienen mit dem Verkauf ihrer Spielsachen. So lernten sie den Wert des Geldes kennen und konnten sich mit dem Verdienst etwas Neues kaufen, das sie sehr schätzten. Aber der Aufwand für einen Flohmarkt ist gross, man muss Lust dazu haben.
Mehr Informationen unter: www.organize-my-space.ch
Dieser Artikel stammt aus dem «Kindergartenheft 2. Jahr/Frühling» mit dem Titel «Tschüss Chindsgi» und wendet sich an Eltern von Kindergartenkindern der zweiten Klasse. Bestellen Sie jetzt eine Einzelausgabe!
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