«Ich lebe bei Mami – und bei Papi»
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Seit 2017 ist die alternierende Obhut explizit im Zivilgesetzbuch aufgeführt. In diesem Fall leben die Kinder nach einer Scheidung abwechselnd bei der Mutter und beim Vater. Welche Vorteile bietet diese Betreuungsform?
Verschiedene Modelle der Kindesobhut
Trennen sich die Eltern, steht nebst den finanziellen Sorgen häufig die Reorganisation der Kinderbetreuung im Raum. Die Eltern sind an sich in der Gestaltung sehr frei. Sind sie sich einig, wird das Gericht oder die Kindesschutzbehörde die Betreuungsaufteilung nicht infrage stellen – soweit nicht ersichtlich ist, dass das Kindeswohl darunter leiden wird. Gemeinhin wird unterschieden zwischen dem Residenzmodell, dem Nestmodell und der alternierenden Obhut.
Beim Nestmodell bleiben die Kinder in der Wohnung, und die Eltern wechseln sich ab.
Beim sogenannten Nestmodell bleiben die Kinder in derselben Wohnung respektive in demselben Haus, und die Eltern wechseln sich dort mit der Betreuung der Kinder ab. Gleichzeitig tragen die Eltern also Verantwortung für zwei Haushalte – denjenigen der Kinder und den jeweils eigenen.
Dieses Modell wäre für die Kinder von Vorteil, da sie immer in derselben Umgebung bleiben dürfen. Für die Eltern stehen jedoch hohe Anforderungen im Raum: Mutter und Vater müssen einerseits über grosszügige finanzielle Ressourcen verfügen, andererseits eine ausserordentlich gute Kooperationsfähigkeit mitbringen, müssen sie doch abwechselnd, in permanenter Absprache miteinander, den Kinderhaushalt weiterführen. Daher wählt kaum eine Familie diese Betreuungsform.
Die alternierende Obhut verlangt eine Flexibilität von den Kindern.
Online-Dossier Trennung:
Wie sieht das Antragsrecht für alternierende Obhut aus?
Um diese Prognose fällen zu können, zieht das Gericht einen breiten Katalog an Kriterien heran. Auf der Elternseite müssen Vater und Mutter ihre Kinder den Bedürfnissen und Fähigkeiten entsprechend erziehen können. Sie müssen in dem Ausmass gemeinsam Absprachen treffen und zusammenarbeiten können, das eine gemeinsame (Kinder) Alltagsbewältigung erlaubt. Eine abwechselnde Betreuung verlangt in höherem Mass organisatorische Absprachen und gegenseitige Information als die anderen Betreuungsformen. Je höher der Koordinationsbedarf – vor allem bei jüngeren Kindern – ist, desto höher sind die Anforderungen an die Eltern.
Der Schulweg muss bewältigt werden können
Weiter muss die geografische Distanz zwischen den Wohnorten so gering sein, dass die Kinder den Schulweg von beiden Wohnorten bewältigen können.
Robert ist gern bereit, im gleichen Quartier eine Wohnung zu suchen, damit die Kinder problemlos zwischen den Wohnungen pendeln können.
Mit dem Verbleib im gleichen Quartier würde auch einem weiteren Kriterium, nämlich der Stabilität im sozialen Umfeld und einer möglichst persönlichen Betreuung durch die Eltern, entsprochen. Für die Kinder wären immer noch dieselben Betreuungspersonen verantwortlich. Ist für Kinder bereits die Trennung der Eltern eine Belastung, erschwert darüber hinaus ein allfälliger Wechsel ihres sozialen Umfelds und ihrer Betreuungsstrukturen die Verarbeitung dieser herausfordern den Neuorganisation der Familie.
Die Gerichte haben die Wünsche der Kinder zu berücksichtigen.
Ideale Voraussetzungen für alternierende Obhut:
- Vater und Mutter können ihr Kind an dessen Bedürfnissen und Fähigkeiten orientiert erziehen.
- Die Eltern können betreffend Fragen der Kinder zusammenarbeiten und miteinander sprechen.
- Die geografische Distanz zwischen den Eltern lässt eine alternierende Betreuung zu. • Die persönliche Betreuung der jungen Kinder beziehungsweise bei zunehmendem Alter die Stabilität des sozialen Umfelds wird durch diese Lösung gewahrt.
- Der Wunsch des Kindes darf ebenfalls in den Entscheid einfliessen.
Je nach Alter erhalten die verschiedenen Voraussetzungen ein anderes Gewicht. Der Entscheid hat sich nicht an den Interessen der Eltern, sondern am Wohl des Kindes auszurichten.