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18. Februar 2017
Hilfe, ist ein Tischgebet zu religiös für uns?

Lesedauer: 1 Minuten
Ich möchte mit meinen Kindern, 5 und 7, ein Tischgebet sprechen. Mein Mann kann mit Religion überhaupt nichts anfangen, meint, ich beeinflusse meine Kinder religiös. Wie soll ich mich verhalten?
Deborah, 44, Langenthal BE
Deborah, 44, Langenthal BE
Das sagen unsere drei Experten:
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Nicole Althaus: Religion sitzt tiefer, als man vermutet. Das merkt man spätestens, wenn mit den eigenen Kindern plötzlich das Bedürfnis nach Ritualen wieder hochkommt. Ich gehe in Anbetracht der Religionsmüdigkeit Ihres Mannes davon aus, dass Ihre Kinder nicht getauft sind und Sie auf weitere kirchliche Rituale verzichten werden. Da wird ein Tischgebet, das ja in erster Linie Ausdruck der Dankbarkeit ist, umgekehrt Ihren Mann auch nicht umbringen. Der erste Satz muss ja nicht unbedingt mit «Lieber Gott» beginnen. -
Tonia von Gunten: Ich erachte es als eine wertvolle Aufgabe der Eltern, ihren Kindern die eigenen wichtig erscheinenden Werte mit auf den Weg zu geben. Tun Sie, was Sie für richtig halten! Solange in der Familie jeder seine eigene Meinung äussern darf, ist alles in Ordnung: Sie wollen am Tisch beten – Ihr Mann will es nicht. Also beten Sie! Was mich noch interessieren würde: Was wollen denn die Kinder? -
Peter Schneider: Die Vorstellung Ihres Mannes, man könne es mit gebührender Vorsicht vermeiden, seine Kinder zu beeinflussen, ist nachgerade niedlich. Und die neue Panik von Ungläubigen vor jedweder Frömmigkeit steht der alten Panik der Gläubigen vor dem Gottseibeiuns fast schon in nichts mehr nach. Also: Wenn Ihnen ein Tischgebet wichtig ist, dann beten Sie mit Ihren Kindern. Ihr Mann kann ja seinerseits dazu säuerlich schweigen und dadurch seinen ihm als Beeinflussungsberechtigtem zustehenden Anteil neutralisierender Gegenbeeinflussung leisten. Und in zwanzig Jahren sehen Sie dann, wer gewonnen hat.