Frau Wegelin, was müssen Kinder über Geld wissen? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Frau Wegelin, was müssen Kinder über Geld wissen?

Lesedauer: 3 Minuten

Natascha Wegelin schreibt Finanzratgeber für Frauen und sagt: Dass diese oft Berührungsängste mit Geld haben, liegt auch an der Erziehung! Im Interview gibt sie Tipps, wie Mädchen und Jungen einen guten Umgang mit Geld erlernen.

Frau Wegelin, Sie schreiben als Madame Moneypenny einen preisgekrönten Blog und inzwischen schon Ihr zweites Buch zum Thema finanzielle Unabhängigkeit und Finanzbildung für Frauen. Können sich Frauen nicht mit denselben Büchern und Seminaren über Geld informieren wie Männer?

Sie können schon – aber sie tun es nicht. Dabei wäre es gerade für Frauen so wichtig, sich um ihre Finanzen zu kümmern, da sie weniger verdienen und häufiger Vorsorgungslücken haben als Männer. Wenn es zu einer Scheidung kommt, haben Frauen oft auch ein finanzielles Problem. Letztendlich führt mein Weg ja zu denselben Finanzpodukten und stellt dieselben Sparmöglichkeiten vor wie andere Ratgeber, aber der Weg dorthin ist ein anderer. Ich versuche, Frauen die Angst vor diesem Thema zu nehmen – denn viele Frauen denken noch immer, dass es Sache ihres Mannes sei, sich um das Geld zu kümmern. So Glaubenssätze wie «das ist nichts für mich» oder «da kenne ich mich eh nicht aus» sitzen bei Frauen oft sehr tief.
Natascha Wegelin ist Unternehmerin und Privatanlegerin und wohnt in Berlin. Mit 26 Jahren gründete sie ihr eigenes Unternehmen. Seit 2016 betreibt sie den Blog madamemoneypenny.de, um gezielt Frauen über finanzielle Unabhängigkeit zu informieren. Copyright: Jaqueline Häussler
Natascha Wegelin ist Unternehmerin und Privatanlegerin und wohnt in Berlin. Mit 26 Jahren gründete sie ihr eigenes Unternehmen. Seit 2016 betreibt sie den Blog madamemoneypenny.de, um gezielt Frauen über finanzielle Unabhängigkeit zu informieren. Copyright: Jaqueline Häussler

Liegt das an der Erziehung? Lernen Mädchen andere Dinge über Geld als Jungen?

Ich glaube, es ist noch immer so: Ob bewusst oder unterbewusst ermutigen viele Eltern Jungen, aufs Klettergerüst zu steigen und Dinge auszuprobieren, während wir Mädchen eher im Sandkasten behalten wollen und sie so auch kleinhalten. Überspitzt gesagt: Für Mädchen gibt es die pinke Küche, Jungen hantieren im Kaufladen das erste Mal mit Spielgeld.

Und das hat einen Einfluss auf ihren Umgang mit Geld?

Ja, und noch grösser ist der Einfluss von dem, was die Eltern vorleben. Wenn Papa immer bezahlt und die Verantwortung über die Finanzen im Haushalt hat, speichert sich dieses traditionelle Bild auch bei den Kindern ab. In meiner Familie war das übrigens auch so …

Wie kommt es dann, dass gerade Sie heute Geldratgeber schreiben?

Ich war da schon immer irgendwie ein Anti-Mädchen. Das hat damit angefangen, dass ich lieber Fussball mit den Jungs als Puppen mit den Mädchen gespielt habe. Und vielleicht hat genau diese Einstellung auch dazu geführt, dass ich schon früh mein eigenes Unternehmen gegründet und meine Finanzen selbst in die Hand genommen habe. Höher, schneller weiter – das war für mich schon immer ein Thema. Bei den meisten Mädchen ist das anders.

«Viele Kinder kommen mit Bargeld kaum noch in Berührung. So können sie kein Gefühl dafür entwickeln, dass Geld endlich ist.»

Natascha Wegelin

Und unabhängig vom Geschlecht: Was ist wichtig, damit Kinder einen guten Umgang mit Geld lernen?

Dass sie Taschengeld bekommen – und zwar in bar. Viele Kinder kommen mit Bargeld kaum noch in Berührung. Sie sehen, dass die Eltern alles mit Karte oder Paypal bezahlen und können so kein Gefühl dafür entwickeln, dass Geld endlich ist, und dass man auf grössere Investionen eben auch mal sparen muss. Wenn Kinder dann ihr Sparziel erreicht haben, schlage ich vor, dass sie das Sparschwein physisch zur Bank bringen oder das Gewünschte bar bezahlen – nur so entsteht wirklich eine Verbindung im Kopf.

Wie motiviert man Kinder zum Sparen?

Indem man nicht spart um des Sparens willen, sondern weil man ein Ziel vor Augen hat – zum Beispiel ein besonderes Spielzeug. Eine hübsche Spardose hilft dabei natürlich auch. Und eine super Motivationsspritze ist es, wenn die Eltern in Aussicht stellen «wenn du es schaffst Betrag X zu sparen, zahlen wir Betrag Y für dich obendrauf als Belohnung». 

Was halten Sie vom Jugendlohn? Also einem höheren Sackgeld, von dem dann auch zum Beispiel Schulmaterial und Kleidung bezahlt werden müssen?

Das finde ich prinzipiell eine gute Idee. So lernen die Kinder von Anfang an, dass nicht das ganze Geld nur für schöne Dinge ausgegeben werden kann. Sie erfahren das nicht erst dann, wenn sie einmal Miete zahlen müssen. Allerdings muss man natürlich genau auf den Betrag schauen, damit die Kinder gut zurecht kommen.

Sonst machen die Kinder Schulden …

Und das ist vielleicht die wichtigste Botschaft, die Eltern ihren Kindern übermitteln sollten: Konsumschulden sind ein absolutes No-Go! Sie lassen sich dadurch verhindern, dass Kinder auf etwas zu sparen lernen.

In Ihrem ersten Buch «Bali statt Bochum» steht, man solle Kindern lieber beibringen, wie man eigene Ideen verwirklicht, als wie man eine gute Bewerbung für eine feste Stelle schreibt. Müssen denn jetzt alle Kinder mal selbständige Unternehmer werden?

Natürlich nicht. Mir geht es darum, dass ein Umdenken stattfindet in der neuen Generation. Eltern sollte bewusst sein, dass es so etwas wie den sicheren Job heute schon nicht mehr gibt und in 30 Jahren erst recht nicht mehr. Kinder müssen flexibel sein. Was wir Maschinen voraus haben, ist Kreativität. Und wenn wir lernen, kreativ Probleme zu lösen, werden wir auch künftig gebraucht. Ob der eigene Arbeitgeber genau so mit der Zeit geht, wie man selbst, weiss man vorher nicht. Daher finde ich es weniger riskant, selbständig zu arbeiten, als in einem Angestelltenverhältnis.

Bild: Fotolia


Weiterlesen: