Vater sein – ein Fazit
«Haben mich Kinder zu einem besseren Menschen gemacht?» Mit dieser Frage beschäftigt sich unser Kolumnist und erschrickt beim Gedanken, was man in der Erziehung alles falsch machen kann.
Heute ist sie zweieinhalb und ich bin nicht mehr ganz so überfordert. Und doch bringen die Kleine und ihr Halbbruder (12) mich immer wieder in Situationen, in denen ich rat- und fassungslos denke: «Echt jetzt?», oder: «Was nun?».
Es war vielleicht das Entmutigendste, was mich der grosse Altersunterschied meiner Kinder gelehrt hat: Egal, wie alt sie sind, es wird immer schwierig sein, immer kompliziert, immer anstrengend. Die Probleme verlagern sich, das Nicht-Durchschlafen wird abgelöst vom Nicht-Aufstehenwollen, das Trötzeln mit 2 vom Trötzeln mit 10.
«Kinder halten uns geistig fit.»
Haben mich die Kinder zu einem besseren oder zumindest anderen Menschen gemacht, wie man es mir prophezeite?
Tatsächlich fühle ich mich heute in Situationen gewappnet, die mich früher nervös gemacht hätten. An meinem Wesen, bin ich aber überzeugt, haben die Kinder nicht gerüttelt: Ich finde, ich war schon vorher ein sehr überlegter, verantwortungsvoller und geduldiger Mensch – bloss hat das damals niemand derart auf die Zerreissprobe gestellt. Nicht mal mein Lifestyle hat sich wahnsinnig verändert, ich bin seit je am liebsten zu Hause.
«Ich sehe meine Eltern jetzt mit anderen Augen.»
Irgendwie bezweifle ich, dass meine Kinder dasselbe von mir denken werden. Ich hoffe, sie nehmen mich als authentisch wahr, denn das ist mir das Wichtigste. Wer sich so gibt, wie er ist, hat schon vieles richtig gemacht – das ist das Konzentrat, das ich aus all den Erziehungsratgebern mitnehme.
Was nützt eine gute Strategie, wenn man sie halbherzig vertritt?
Klar ist es erschreckend, wenn man bedenkt, was man alles falsch machen kann in der Erziehung und welche Folgen das für das ganze Leben haben kann. Aber mich deswegen verrückt machen? Nein danke. Ein Kind ist für mich weder Projekt noch Heilsbringer, und auch als Vater habe ich nicht aufgehört, a priori Mensch zu sein.
Einiges hätte ich nicht so erwartet. Zum Beispiel, dass man so wütend auf sein eigen Fleisch und Blut werden kann. Erst recht auf fremdes. Zum lebenslangen Lernprozess gehört wohl, einzusehen, dass deine eigenen Kinder überhaupt gar nichts mit dir gemeinsam haben müssen.
Ich sehe das Kinderhaben in vielerlei Hinsicht als Geisterbahn: Du weisst nicht, was kommt, aber es wird garantiert deinen Puls hochjagen. Es bleibt eine Mischung aus Anspannung und freudiger Erwartung, aus Angst und Glück. Irgendwann fährst du aus dem Tunnel, bist erleichtert und rufst: noch mal!
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