Haben Sie auch einen Mannosaurus daheim? - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Haben Sie auch einen Mannosaurus daheim?

Lesedauer: 3 Minuten

Der Mann unserer Bloggerin Ulrike Légé verwandelt sich ab und an zu einem Mannosaurus. Warum er das tut und wie sich das auswirkt, erklärt sie hier. 

Manchmal merke ich plötzlich auf dem Sofa, dass eine Urzeitechse neben mir sitzt. Manchmal steigt ein schuppiges Tier über unser Kinderchaos, ohne es zu beachten. Manchmal kriege ich nur ein Grunzen als Antwort auf eine simple, nett gemeinte Frage. Von meinem Mannosaurus.

Eigentlich habe ich ja einen modernen Mann geheiratet: Jahrgang 1973, aus Frankreich. Er hat Bartstoppeln, Charme und einen bissigen Humor, mit dem er die Kinder und mich selbst im grössten Lebensstress zum Lachen bringt.

Eigentlich habe ich ja einen modernen Mann geheiratet.

Er macht sahnig-käsige Quiche zum sich Hineinsetzen und eine göttliche Mousse au Chocolat – Hüftgold ist ihm egal. Sogar das perfekte Paar Schuhe geht er mit mir shoppen. Wenn ich sie dann trage, nennt er mich «ma chérie adorée mignonne» und ich schwebe, auch wenn die neuen Schuhe drücken.

Vom Mann zum Mannosaurus

Eigentlich ein Traum-Exemplar. Nur ab und zu, da verwandelt er sich ohne jede Vorwarnung in einen Mannosaurus. Woran ich das merke? Nun …

… ein Mannosaurus spricht nicht, er grunzt: Wenn ich ihn frage, ob wir italienisch essen gehen wollen, höre ich «hmmmm». Da kann man ja gut gemeinsame Entscheidungen fällen. Will ich wissen, wie sein Tag war, kommt «tsssgrmpffff». Ach so. Wage ich vorzuschlagen, er könnte ja mal die Wäsche wegräumen, kriege ich ein drohendes «äägrrrrrr». Will er offensichtlich nicht. Am schlimmsten findet es mein Mannosaurus, wenn ich sage: «Du, wir müssen mal reden». Dann verstummt selbst sein Grunzen.

… ein Mannosaurus kümmert sich kaum um seinen Nachwuchs: Unsere Kinder können drinnen über Tisch und Bänke gehen vor lauter aufgestauter Energie, er merkt es nicht. Wenn ich alle rausschicke, zieht sich mein Mannosaurus für eine Dschungel-Expedition an. Die Kinder bleiben bei Sturzregen im T-Shirt. Warum? «Kann sich doch keiner merken, wem welche Jacke gehört!», muffelt er. Auf dem Spielplatz checkt Saurier-Papa sein Handy, während neben ihm die Kinder vom Kletterturm krachen. Sind halt keine Flugsaurier, hat ihm ja niemand gesagt. Muss man auch nicht verzärteln.

… ein Mannosaurus lässt seine Höhle verlottern: Der Mannosaurus hat sie durchaus gern, so zum Relaxen, Schlafen und Essen. Aber die Höhle auch noch dauernd aufräumen? Nö, mal ehrlich. Freie Arbeitsfläche in der Küche ist total überbewertet, da ist prima Platz für dreckiges Geschirr. Über krumpelige Wäsche am Boden kann so ein Saurier super hinwegsehen. Seine Handtücher trocknen auf dem Badezimmer-Boden genauso gut. Und die Müffelsocken im Eingang? Hallo, schon mal was von Saurier-Duftmarken gehört? Das ist reine Revier-Verteidigung!

… ein Mannosaurus schleppt seine erlegte Beute nach Hause, mehr aber nicht: Mein Mannosaurus geht mit Gusto auf die Jagd, wenn es sein muss auch im Anzug. Regelmässig schleppt er genug zu Essen nach Hause. Aber darüber hinaus noch Engagement? Also bitte, so ein armes, erschöpftes Urzeittier muss dann doch erstmal komplett abschalten. Das Riesentier legt seine Schuppenfüsse aufs Sofa und ist weder ansprechbar, noch bewegt es sich. Ausgestorben? Vielleicht!

… ein Mannosaurus hat ein Schrumpfgehirn: Er ist ein Riesendino mit einem Hühnergehirn. Und selbst das ist nicht immer eingeschaltet. Planen, vorausdenken, hinterfragen, organisieren – ja, vielleicht sogar noch mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft halten? Unmöglich. Einfache lineare Verknüpfungen gehen: Beute – Erledigen. Müll – Rausbringen. Heulendes Kind – Anschnauzen. Alles Komplexere definitiv nicht. Den Müll schon am Vorabend sortieren und rausstellen? Für das Kind Essen, Aktivitäten oder Siestas planen, so dass es halbwegs bei Laune bleibt? Für Saurier im Simpel-Modus viel zu schwierig.

So sehr ich meinen modernen Mann liebe, so sehr kämpfe ich mit dem Mannosaurus. Wenn es nicht ein klitzekleines bisschen illegal wäre, würde ich mir morgen ein Betäubungsgewehr besorgen und ihn erlegen. Er käme präpariert und ausgestopft ins naturhistorische Museum. Mit einem grossen Schild davor: «Mannosaurus. Warnung: Zum Höhle teilen und Jungsaurier aufziehen temporär ungeeignet!»

«Mannosaurus. Warnung: Zum Höhle teilen und Jungsaurier aufziehen temporär ungeeignet!»

Das hätte er dann davon. Geht nur leider nicht. Mit dem Mannosaurus zu räsonnieren oder explodieren, bringt auch nichts. Ich habe das oft genug probiert. Da kann ich mir die Zunge fusselig reden. Ich kann rot wie Rumpelstilzchen herumhopsen und schreien. Ich kann Teller schmeissen und mit Scheidung drohen. Mein Saurus bleibt Saurus, bis der moderne Mann in ihm von selbst plötzlich wieder zum Vorschein kommt.  

Also bleibt mir nur, seine Urzeit-Phasen zu überstehen, ohne mich komplett zu entnerven. Die Höhle einfach für ein paar Stunden zu verlassen, hilft schon mal. Die Jungtiere sind ja robust, sie werden es schon überleben. Mit anderen Frauen von Mannosauriern über diese seltsamen, nervigen Tierchen zu lachen, entspannt mich auch ganz wunderbar. 

Und meistens, wenn ich dann zurückkomme, ist unsere Höhle aufgeräumt. Der Nachwuchs wurde mit Futter versorgt, gewaschen und liegt brav im Bett. Na bitte, es geht doch! Und mich lacht ein ganz normaler Mann an: «Enfin, là voilà, ma chérie adorée!» 

Sagt mal, spinn’ ich eigentlich – ist er etwa doch nicht zeitweilig ein Mannosaurus? Bin vielleicht ich ein dauernd pingelig-perfektionistischer, nörgelig-nerviger Mamasaurus? Quatsch. Saurier sind längst ausgestorben oder wie ist das bei Ihnen so?


Ulrike Légé, ursprünglich aus Niedersachsen, lebt jetzt im Baselland, arbeitet Teilzeit für kleinere Unternehmen in Kommunikation und Strategie. Der grösste Teil ihrer Zeit und Liebe geht an die Familie; drei wuselige Kinder von 10, 12 und 15 Jahren, ein französischer Mann, und Hund Sunny.
Ulrike Légé, ursprünglich aus Niedersachsen, lebt jetzt im Baselland, arbeitet Teilzeit für kleinere Unternehmen in Kommunikation und Strategie. Der grösste Teil ihrer Zeit und Liebe geht an die Familie; drei wuselige Kinder von 10, 12 und 15 Jahren, ein französischer Mann, und Hund Sunny.


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