Das grosse Vermessen

Schritt 3: Stärken und Anforderungen
Jede Lehre und jede Schule hat spezifische Anforderungen. Berufssuchende sollten entweder an ihren Fähigkeiten arbeiten oder eine weniger anforderungsreiche Lehre suchen.
Die Berufswahl ist ein Realitätscheck. Jugendliche werden damit konfrontiert, was ihre Fähigkeiten und ihr in der Schule gesammelter Wissensschatz wert sind. Für viele, vielleicht sogar die Mehrheit, ist das kein Problem, da ihre Schulnoten und ihre Bewerbung einen guten Eindruck machen und sie die gewünschte Lehrstelle ohne grosse Umwege finden. Andere aber müssen erkennen, dass es mit ihrem Leistungsausweis schwierig wird, zu einem Bewerbungsgespräch und zu einer Schnupperlehre in ihrem anvisierten Beruf eingeladen zu werden.
Anforderungen: Ansporn oder Hindernis?
Manche beginnen, sich richtig reinzuknien. «Gewisse Jugendliche, die die Schule einfach nicht ernst genug genommen haben, merken, dass sie die Anforderungen erfüllen können, wenn sie sich Mühe geben», sagt Berufsberaterin Sigrid Weber. Umso grösser ist das Erfolgserlebnis, wenn das Engagement tatsächlich mit einem Lehrvertrag oder der Aufnahme in die gewünschte Schule belohnt wird.
Daneben gibt es aber auch viele, die trotz schlechter Chancen an ihrem Wunschberuf festhalten und Absage um Absage sammeln. Manche brauchen einfach mehr Zeit, zum Beispiel ein zehntes Schuljahr. In dieser Zeit können sie gezielt an den Fähigkeiten arbeiten, die den Anforderungen noch nicht genügen.
Auch gibt es die Möglichkeit, die dritte Sekundarschulklasse in einem höheren Niveau zu wiederholen und die Lehrstellensuche mit einem besseren schulischen Leistungsausweis fortzusetzen.
Es gibt viele, die trotz schlechter Chancen an ihrem Wunschberuf festhalten und dann Absage um Absage sammeln.
Statt sich den Anforderungen der Wunschausbildung anzunähern, gibt es in der Berufswahl auch eine andere Strategie: den Beruf dem eigenen Leistungsvermögen anzupassen. Berufsberaterin Weber erklärt, wie das geht: «Automatiker ist eine sehr anspruchsvolle, vierjährige Lehre. Wer keine guten Noten in Mathematik und weiteren Fächern mitbringt, hat kaum eine Chance auf eine Lehrstelle. Die Lehre zum Automatikmonteur hat etwas weniger hohe Anforderungen, ist aber im gleichen Berufsfeld angesiedelt. Sie ist eine gute Alternative für nicht ganz so starke Schüler.»

In vielen Berufen gibt es Grundbildungen auf verschiedenen Niveaus, sodass sowohl die schulisch Starken wie die eher praktisch Begabten den passenden Einstieg finden. Nach einer Lehre als Heizungsmonteur kann man die Ausbildung zum Heizungsinstallateur als verkürzte Zweitlehre absolvieren und kommt mit etwas zeitlicher Verzögerung im Wunschberuf an.
Die Wahl der passenden Ausbildung nach der Sekundarschule lässt sich in sieben aufeinanderfolgende Aufgaben einteilen:
- Schritt 1: Eigene Interessen und Stärken kennenlernen
Wie Alltagsgewohnheiten und Wunschträume Jugendlichen als Wegweiser zur Selbsteinschätzung dienen können. Dazu ein Fragebogen für Berufswählende. - Schritt 2: Berufe und Ausbildungen kennenlernen
Die wichtigsten Bildungsangebote im Überblick, Berufe der Zukunft, wo der Mangel an Lernenden und Fachkräften am grössten ist und welche Berufswege über eine Hochschule führen. - Schritt 3: Eigene Stärken mit den Anforderungen von Berufen und Ausbildungen vergleichen
Der Abgleich der eigenen Fähigkeiten mit den Anforderungen von Berufen, wie auch Menschen mit Behinderung den Einstieg in das gewünschte Arbeitsumfeld finden und welche Rolle Leistungstests spielen. - Schritt 4: Interessante Berufen in einer Schnupperlehre kennenlernen
Das Berufswahlpraktikum ist der Realitätscheck: Welche Formen von Schnupperlehren es gibt und was Jugendliche über das Schnuppern wissen müssen. - Schritt 5: Mögliche Berufe und Ausbildungen überprüfen und eine Entscheidung fällen
Inwiefern der Berufseinstieg ein wesentlicher Schritt in der Persönlichkeitsentwicklung ist, warum der Lehrbetrieb so gut passen muss wie der Beruf – und wie junge Berufsleute um Titel wetteifern. - Schritt 6: Eine Lehrstelle suchen oder sich bei einer Schule anmelden
Worauf es bei der Lehrstellensuche ankommt, wie man einen guten Eindruck im Vorstellungsgespräch macht und zehn Tipps für eine überzeugende Bewerbungsmappe. - Schritt 7: Sich auf die Lehre oder Schule vorbereiten oder Brückenangebote abklären
Wenn der weitere Weg nach der obligatorischen Schule feststeht, gilt es sich zu informieren und darauf vorzubereiten – ansonsten gibt es eine Reihe sinnvoller Brückenangebote.
Leistungstests werden immer wichtiger
Schulzeugnisse haben weiterhin einen hohen Stellenwert. Besonders in gefragten Lehrberufen können die Schulzeugnisse ein erstes Selektionskriterium sein. Ebenso wichtig sind Tests (zum Beispiel Stellwerktest, Multicheck oder Kompass), mit denen die Fähigkeiten und Neigungen der Jugendlichen auf andere Weise ermittelt werden.
Zudem haben viele Branchenverbände spezielle Eignungsprüfungen entwickelt, welche die Lehrbetriebe mit den Kandidatinnen und Kandidaten durchführen. Grosse Unternehmen haben oft ihre eigenen, mehrstufigen Auswahlverfahren. Der KV-Lernende Silvan Studer sagt: «Ich hätte gerne in diverse Betriebe hineingeschaut, um herauszufinden, ob ich dort überhaupt eine Lehre machen möchte. Leider war das an vielen Orten nicht möglich, bevor ich nicht alle Tests bestanden hatte.»
