So bestehen wir gegen die Roboter
Bild: Roshan Adhihetty / 13 Photo
Was erwartet heutige Jobanfänger in ihrem Berufsleben? Werden sie Gehilfen der Maschinen sein, wenn sie denn überhaupt noch eine Stelle finden? Oder wird ihre Arbeit gar interessanter und angenehmer als jene der Generationen vor ihnen?
technische Fortschritt und seine Bedeutung für die Arbeitswelt schon mit mehr Vorfreude aufgenommen, als das heutzutage geschieht. Grund ist die Digitalisierung, die neben Faszination auch Ängste weckt. Intelligente Maschinen, die präziser als jede menschliche Hand arbeiten, ständig das gesamte Wissen der Menschheit abrufbereit haben, nie müde werden und auch noch ständig dazulernen, konkurrieren mit Menschen um Arbeitsplätze. Zumindest warnen einige Beobachter dieser Entwicklung vor einem solchen Szenario, vom Philosophen Richard David Precht über den Siemens-Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser bis zum Silicon-Valley-Unternehmer Martin Ford.
Diverse Studien prognostizieren, wie viele Stellen der Digitalisierung zum Opfer fallen werden – andere wiederum, wie viele neue Jobs entstehen. Dabei lässt sich mit keiner wissenschaftlichen Methode präzise berechnen, wie viele Arbeitskräfte in welchen Branchen in zehn oder zwanzig Jahren benötigt werden.
Entscheidend für die heutigen Berufseinsteiger: Der Wandel durch die Digitalisierung findet statt. Es gilt sich so auszubilden, dass man gute Chancen auf dem Stellenmarkt hat.
Tun, was Computer nicht können
Den Maschinen fehlen Menschenkenntnis,
Einfühlungsvermögen und Improvisationstalent.
Die meisten Menschen beherrschen verschiedenste Tätigkeiten. Und noch wichtiger: Sie können so handeln, wie es die Situation erfordert, sie sind anpassungsfähig und manche können auch mehrere Dinge gleichzeitig tun.
Seit Jahren fehlt es in der Schweiz an Fachleuten in diversen Bereichen: in technischen Berufen, vom Handwerker bis zur Ingenieurin, in der Informatik, im Treuhand und Rechtswesen, in der Betreuung und Pflege, bei Ärztinnen und Lehrern. In all diesen Branchen ist die Digitalisierung im Gang, werden Arbeiten automatisiert. Doch die Menschen ersetzen können die Maschinen und Programme noch lange nicht.
Kollege Roboter?
Durch Lieferdrohnen, autonome Fahrzeuge und Self-Scanner werden gewisse Berufe verschwinden.
Arbeitet man in Zukunft wann und wo man will?
Wo und wie finden wir in Zukunft Arbeit? Die Digitalisierung hat die Möglichkeiten erweitert, ausserhalb eines Firmengebäudes und ohne direkten Kontakt zu Vorgesetzten oder Auftraggebern einem Beruf nachzugehen. Viele Unternehmen erlauben Homeoffice-Tage und sind bei der Arbeitszeit flexibler geworden. Im Gegenzug erwarten viele, dass man auch ausserhalb der Bürostunden den Laptop aufklappt oder mit Kunden telefoniert. «Zeit-Souveränität», sprich die Möglichkeit, selbst bestimmen zu können, wann man arbeitet und wann man für die Familie da ist oder seinem Hobby nachgeht, sei eine der Ursachen für Arbeitszufriedenheit, sagt Arbeitsforscher Oliver Strohm.
Einige erhalten ihre Aufträge über Online-Plattformen oder helfen mit ihrer Bildschirmarbeit, einer Übersetzungs- oder Korrektur-Software, noch präziser zu werden. Diese «Plattformarbeit» gilt Skeptikern als Beispiel dafür, dass die Festanstellung und die damit verbundene soziale Absicherung ein Auslaufmodell sei.
Positiver Blick in die Zukunft
Noch ein Trend macht Mut: Traditionelles Handwerk wird weiterhin geschätzt, bisweilen sogar zelebriert. Ob handgefertigte Möbel aus einheimischem Holz, Brot vom Dorfbeck und Gemüse direkt ab Hof oder auch Kleider aus lokaler Produktion, für alles gibt es Menschen, die wieder bereit sind, den Preis zu zahlen, den solche Produkte kosten. Edel-Handwerksbetriebe bieten wohl nicht ausreichend Arbeit für die Masse an praktisch ausgebildeten Berufsleuten. Doch auch auf Baustellen, im Bereich der Haustechnik, in der Mechanik oder im verarbeitenden Gewerbe ist die Nachfrage nach ausgebildeten Arbeitskräften nach wie vor hoch.
Die Berufslehre hält Schritt
Natürlich wäre es naiv, zu glauben, der technische Fortschritt werde keine Stellen vernichten oder auf jeden Fall mehr neue schaffen, als alte verloren gehen. Doch die Einstiegsfrage dieses Textes lautete, was man lernen soll, um im Arbeitsmarkt der Zukunft, vielleicht mit einer Maschine als nächster Arbeitskollegin, erfolgreich zu sein. Eine Möglichkeit wäre, sich eine Branche auszusuchen, die weniger von der Digitalisierung gefährdet ist – Informatik, Automation, Ingenieurwesen oder auch soziale Berufe.
Wer für einen Beruf «brennt», ist eher motiviert, sein Wissen und seine Fähigkeiten laufend zu erweitern.
Diese Berufe wird uns die Zukunft bringen
Diese Berufsleute könnten in ein paar Jahren gefragt sein – neben vielen weiteren Spezialisten für die Anwendung neuer Technologien und das Zurechtkommen mit den Herausforderungen der Zeit:
- Datendetektiv/-in: Recherchiert in den betriebsinternen Daten und arbeitet anhand der untersuchten Informationen Vorschläge aus.
- Cyber-Stadtplaner/-in: Stellt sicher, dass Biodaten, Einwohnerdaten oder Investitionsgüterdaten in den Städten ungehindert fliessen.
- Persönliche/-r Gedächtniskurator/-in: Unterstützt ältere Kunden mit Gedächtnisverlust darin, virtuelle Umgebungen zu erschaffen, in denen sie sich aufhalten können.
- Tele-Fitnesstrainer/-in und -berater/-in: Betreut und trainiert oder berät Kunden in Ernährungsfragen aus der Ferne und überwacht ihre körperliche Aktivität anhand der Daten, die ihre Fitnessuhren übermitteln.
- Mensch-Maschine-Teammanager/-in: Entwickelt und überwacht Prozesse und Informationsflüsse, damit Menschen mit Maschinen und Computerprogrammen optimal zusammenarbeiten.
- Persönliche-Daten-Broker/-in: Unterstützt Individuen, die ihre persönlichen Daten von einem Unternehmen zurückverlangen, und berät Firmen darin, persönliche Daten effizient und sicher zurückzugeben.
- Virtuelle/-r Reiseleiter/-in: Bringt mit Hologrammen und dank Virtual Reality Sehenswürdigkeiten aus aller Welt ins Wohnzimmer.
- Vertical Farmer: Urban Farming ist bereits heute ein Trend – in Zukunft werden immer mehr Bauern in städtischen, in die Höhe gebauten Treibhäusern Landwirtschaft in der Vertikalen betreiben.
- Roboter-Supporter: Unterstützt Besitzer autonom funktionierender Geräte, wenn diese nicht mehr tun, was sie sollen.
- Wearable-Technology-Therapeut/-in: Behandelt die körperlichen Folgen, die tragbare Technologie und Implantate auch mit ihrem minimalen Gewicht auf den Bewegungsapparat haben können.
- Digitalwährungsberater/-in: Finanz- und Anlageberater für rein digitale Währungen.
- Lehrplan-Individualisierungs-Spezialist/-in: Entwickelt Modelle, die sicherstellen, dass jedes Kind seinem persönlichen Lernstil entsprechend lernen kann und am Ende doch alle mit vergleichbaren Kompetenzen und damit chancengleich die Schule in Richtung Beruf verlassen.
- Einfachheits-Expert/-in: Unterstützt Menschen dabei, ihr Leben so zu gestalten, dass sie mehr Zeit für die Dinge zur Verfügung haben, die ihnen am meisten Zufriedenheit verschaffen.
- Spezialist/-in für CO2-Einlagerung: Besorgt die sichere Einlagerung von ausgestossenem CO2 in dafür geeigneten Aufbewahrungsgefässen, sodass das Kohlendioxid die Atmosphäre nicht weiter belastet.
- Körperteil-Ingenieur/-in: Entwickelt funktionstüchtige, künstliche Extremitäten und Organe, die ihre natürlichen, menschlichen Pendants falls nötig ersetzen.
- Drohnenverkehrsmanager/-in: Überwacht die autonom funktionierende Luftraumüberwachung für autonome Flugobjekte.
Quellen: Neue Zürcher Zeitung, Handelszeitung, Watson, www.laufbahnvision.ch, www.careers2030.cst.org
Bereits existierende, junge Berufe
Die Palette an anerkannten Lehren wird stetig erweitert – das sind die neuesten:
- Medizinproduktetechnologe/-in EFZ* (seit 2018)
- Hotel-Kommunikationsfachfrau/-mann EFZ (seit 2017)
- Hörsystemakustiker/-in EFZ (seit 2016)
- Fachfrau/-mann öffentlicher Verkehr EFZ (seit 2015)
- Entwässerungstechnologe/-in EFZ (seit 2014)
- Interactive Media Designer EFZ (seit 2014)
- Systemgastronomiefachfrau/-mann EFZ (seit 2013)
- Fachfrau/-mann Bewegungs- und Gesundheitsförderung EFZ (seit 2012)
- Fachfrau/-mann Kundendialog EFZ (seit 2011)
- Veranstaltungsfachfrau/-mann EFZ (seit 2011)
- Bühnentänzer/-in EFZ (seit 2009)
*EFZ: Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis
Quelle: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI
Diese Berufe werden bleiben
Auch in diesen traditionellen Tätigkeiten spielt die Technologie eine immer grössere Rolle. Doch komplett automatisieren oder digitalisieren lassen sie sich nicht:
- Feuerwehrmann/-frau: Jeder Brand entsteht und verläuft anders und muss individuell bekämpft werden.
- Polizist/-in: Roboter werden noch lange nicht agil, geschickt und vielseitig genug sein, um alle Aufgaben der Polizei zu über nehmen.
- Anwalt/Anwältin: Wer würde sich von einer Maschine vor Gericht vertreten lassen wollen?
- Schreiner/-in und Zimmermann/Zimmerin: Was sich serienmässig produzieren lässt, kommt schon lange aus der Fabrik. Was individuell und der Situation angepasst hergestellt werden muss, ist noch lange die Domäne der qualifizierten Holzhandwerker/innen.
- Maurer/-in, Sanitärinstallateur/-in, Elektriker/-in und weitere Bau- und Haustechnikberufe: Jede Baustelle, jede Kundenwohnung und fast jedes Gebäude sind anders. Ausserdem gibt es noch immer unzählige jahrzehntealte Installationen. Im Neubau wird aber wohl immer mehr mit serienmässig hergestellten Elementen gearbeitet.
- Coiffeur/-se: Jede Haarpracht reagiert anders darauf, wenn sie gekämmt und gekürzt wird. Und ob Maschinen jemals das Vertrauen der anspruchsvollen Kundschaft gewinnen werden, ist mehr als fraglich.
- Restaurationsfachfrau/-mann: Servierende Roboter mögen eine Attraktion fürs Auge sein. Eine freundliche Atmosphäre schaffen sie nicht.
- Musiker/-in, Tänzer/-in, Schauspieler/-in: In der menschlichen Kreativität und Ausdruckskraft liegt die Faszination für diese Kunstformen.
- Pflegefachkraft: Mit der alternden Gesellschaft braucht es immer mehr Pflegefachkräfte. Menschlichkeit ist ein wesentliches Element ihrer Arbeit.
- Erzieher/-in: Sozialkompetenz und gesellschafts fähiges Verhalten können einem nur Menschen beibringen.
- Lehrer/-in: Würden Sie Ihr Kind von einem Bildschirmgerät ausbilden lassen?
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