«Unser Kind war das Opfer» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Unser Kind war das Opfer»

Lesedauer: 2 Minuten

Ihr Sohn wurde über zwei Jahre lang von seinen Mitschülern gemobbt. Heute wünscht sich die Mutter, die im Interview anonym bleiben möchte, dass Schulen und vor allem Eltern schneller eingreifen – bevor die seelischen Schäden für das Kind zu gross werden. 

Frau A., Ihr Sohn wurde über 2 Jahre hinweg gemobbt. Wann hat das angefangen und wie haben Sie davon erfahren? 

Es hat schleichend in der 4. Klasse angefangen. Er hat zuerst nicht viel erzählt, aber er wollte irgendwann nicht mehr zur Schule. Unser Sohn gab vor, krank zu sein und zog sich immer mehr zurück. Er begann auch, aus Frust zu essen. 

Wie wurde Ihr Sohn gemobbt? 

Zuerst wurde er verbal gemobbt. Es gab Beleidigungen, die gegen ihn, aber auch gegen mich und unsere Familie gerichtet waren. Danach kam es immer häufiger zu tätlichen Übergriffen, die gezielt immer dann stattfanden, wenn keine Lehrperson zugegen war. 

 «Die Schule und die Schulleitung waren uns leider gar keine Hilfe». 

Was haben Sie unternommen, um Ihrem Sohn zu helfen? Was hat die Schule getan? 

Ich habe zuerst versucht, mit der Lehrperson zu sprechen. Diese wollte jedoch nichts davon wissen und hatte kein Interesse daran, etwas zu unternehmen. Sie meinte zudem, dass es gar nicht so sei, wie unser Sohn erzähle. Als nächstes wandten wir uns an die Schulleitung. Dort bissen wir jedoch auf Granit. Diese stellte sich auf den Standpunkt, dass sie nichts unternehmen könne, wenn im Vorfeld keine Meldung der Lehrperson eingehe. Die Schule und die Schulleitung waren uns somit leider gar keine Hilfe. Unser Sohn ging dann auf Anraten unseres Kinderarztes zu einer Kinderpsychologin, was ihm und uns gut tat. Wir mussten unseren Sohn jedoch mit 12 von der Schule nehmen, weil sich dort nichts änderte. 

Was war für Sie besonders belastend? 

Am schlimmsten war, dass wir unseren Sohn zwar unterstützen, aber an dieser schwierigen Situation nichts ändern konnten. Unser Kind war das Opfer und hatte scheinbar keine Möglichkeit, dem zu entkommen. 

«Eltern sollten schnell reagieren, damit es gar nicht so schlimm wird».

Dies muss für die gesamte Familie sehr schwierig gewesen sein …

Ja. Ein Familienleben hatten wir eigentlich gar nicht mehr. Es wurde nur noch diskutiert, gestritten und wir Eltern versuchten, von morgens bis abends einfach nur zu schlichten. Es gab keine Fröhlichkeit und kein Lachen mehr. Jeder versuchte den Tag einfach zu überstehen und hoffte, dass der nächste Tag besser werden würde. 
Dieser Artikel gehört zu unserem
Dieser Artikel gehört zu unserem Online-Dossier zum Thema Mobbing und Cybermobbing. Erfahren Sie mehr darüber, wie Mobbing entsteht und was Sie als Eltern tun können. 

Was möchten Sie anderen Eltern und Lehrpersonen mit auf den Weg geben? 

Dass man genau hinschaut und viel früher eingreift, bevor die Seele des Kindes zu viel Schaden genommen hat. Es wäre wichtig, dass die Schule nicht nur auf die Lehrperson hört. Eltern sollten schnell reagieren, damit es gar nicht so schlimm wird. Es sollte auf jeden Fall früh genug externe Hilfe in Anspruch genommen werden.

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