In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten IHRE Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern. Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion(at)fritzundfraenzi.ch
19. Mai 2021
«Hilfe, mein Sohn hat komplett zugemacht!»
![frage-web-1130x500 «Hilfe](https://www.fritzundfraenzi.ch/uploads/2021/08/frage-web-1130x500-19.jpg)
Sabrina, 44, Herisau AR
Lesedauer: 2 Minuten
Eine Frage – drei Meinungen
Mein Sohn, 11, besucht die 5. Klasse. Er war bisher ein guter Schüler. Plötzlich hat er komplett zugemacht, weigert sich sogar, Hausaufgaben zu machen. Den Grund dafür kenne ich nicht. Sein Notendurchschnitt ist unter einer 4. Ich habe seinen Medienkonsum gestrichen, aber das hat nichts gebracht. Wie kann ich ihm die Freude an der Schule und am Lernen zurückbringen?
Das sagt unser Expertenteam dazu:
![5b6e3197104030fa0e59c5179b6f2142.JPG Stefanie RietzlerAls verantwortungsbewusste Eltern bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als darauf zu achten, dass das Gamen Ihres Sohnes nicht überhandnimmt – auch auf die Gefahr hin, dass Sie seinen Zorn auf sich ziehen. Sollten Sie bei Ihrem Sohn Anzeichen einer Computerspielsucht beobachten, nehmen Sie bitte mit einer Fachperson Kontakt auf. Merkmale von Suchtverhalten sind exzessives Gamen, Verlust an anderen Interessen und Hobbys, Vernachlässigung von Freundschaften und Schule sowie Aggressionen, Reizbarkeit oder Nervosität, wann immer das Gamen nicht möglich ist.](https://www.fritzundfraenzi.ch/uploads/2021/08/5b6e3197104030fa0e59c5179b6f2142.jpg)
Stefanie Rietzler
Wenn ein Kind ohne jedes Vorzeichen von einer Woche auf die andere komplett zumacht und sich verweigert, gibt es dafür einen guten Grund. Mit Strafen werden Sie weder der Ursache auf die Spur kommen noch die Lernfreude zurückbringen. Vielleicht hat Ihr Sohn Probleme mit der Lehrkraft, wird in der Klasse gemobbt, hatte Streit mit einem Freund oder seinen ersten Liebeskummer. Vielleicht befindet er sich im Hormonstrudel der Pubertät. Sprechen Sie seine momentane Verfassung an und zeigen Sie Verständnis. Signalisieren Sie Ihrem Sohn, dass Sie bereit sind, zuzuhören und ihn zu unterstützen. Verzichten Sie dabei auf Vorwürfe und Drohungen.
Wenn ein Kind ohne jedes Vorzeichen von einer Woche auf die andere komplett zumacht und sich verweigert, gibt es dafür einen guten Grund. Mit Strafen werden Sie weder der Ursache auf die Spur kommen noch die Lernfreude zurückbringen. Vielleicht hat Ihr Sohn Probleme mit der Lehrkraft, wird in der Klasse gemobbt, hatte Streit mit einem Freund oder seinen ersten Liebeskummer. Vielleicht befindet er sich im Hormonstrudel der Pubertät. Sprechen Sie seine momentane Verfassung an und zeigen Sie Verständnis. Signalisieren Sie Ihrem Sohn, dass Sie bereit sind, zuzuhören und ihn zu unterstützen. Verzichten Sie dabei auf Vorwürfe und Drohungen.
![d85e189039451323440529bbda04989a.jpg Nicole AlthausMit Töchtern hat man viele Probleme, aber das exzessive Gamen gehört meistens nicht dazu. Ich kann also diese Frage nicht aus eigener Erfahrung beantworten. Von Vätern mit Söhnen weiss ich aber: Man kann die Bildschirmzeit auf Geräten technisch beschränken. Das ist die einfachste Lösung, um sicherzustellen, dass die Abmachung eingehalten wird. Wenn die schulischen Leistungen nicht darunter leiden und der Sohn auch Sport treibt und mit Kollegen Zeit verbringt, kann die Gamezeit immer wieder neu verhandelt werden.](https://www.fritzundfraenzi.ch/uploads/2021/08/d85e189039451323440529bbda04989a.jpg)
Nicole Althaus
In der 5. Primarklasse fängt der Ernst des Lebens an, zumindest vermitteln wir den Kindern dieses Gefühl, weil Eltern und Lehrpersonen plötzlich nur noch an den Übertritt in die Oberstufe denken und die Kinder in Schubladen sortiert werden: Gymi, Sek A oder Sek B. Kein Wunder fühlen sich viele Kinder gestresst. Versuchen Sie herauszufinden, was Ihrem Sohn auf der Seele brennt. Hat er Probleme mit seinen Freunden? Wird er gemobbt? Haben Sie als Eltern Erwartungen, die Ihr Sohn nicht erfüllen kann? So viel steht noch gar nicht auf dem Spiel. Unser Bildungssystem ist durchlässig. Es braucht kein Langzeitgymi mehr, um später ein Studium zu absolvieren.
In der 5. Primarklasse fängt der Ernst des Lebens an, zumindest vermitteln wir den Kindern dieses Gefühl, weil Eltern und Lehrpersonen plötzlich nur noch an den Übertritt in die Oberstufe denken und die Kinder in Schubladen sortiert werden: Gymi, Sek A oder Sek B. Kein Wunder fühlen sich viele Kinder gestresst. Versuchen Sie herauszufinden, was Ihrem Sohn auf der Seele brennt. Hat er Probleme mit seinen Freunden? Wird er gemobbt? Haben Sie als Eltern Erwartungen, die Ihr Sohn nicht erfüllen kann? So viel steht noch gar nicht auf dem Spiel. Unser Bildungssystem ist durchlässig. Es braucht kein Langzeitgymi mehr, um später ein Studium zu absolvieren.
![078b92c61aa6843c21fe05aee2317efb.jpg Peter SchneiderZuerst sollten Sie sich fragen, worin das Problem überhaupt liegt: In der ausschliesslichen Beschäftigung mit der Gamekonsole? Oder in der Vernachlässigung der schulischen Aufgaben wegen der ausgedehnten Spielfreudigkeit Ihres Sohnes? Ist Letzteres der Fall, müssen Sie wohl oder übel eine Art Stundenplan für das Gamen einführen – aber bitte mit Zeitslots. Die müssen so bemessen sein, dass es nicht den Anschein hat, als wäre dies die Freizeit, in der der Sohn etwas ganz Schlimmes ausnahmsweise einmal machen darf. Ansonsten fände er es vielleicht lässig, wenn Sie bei manchen Spielen mitmachen könnten (ohne dass Sie sich aufdrängen): Das nähme Ihren Auseinandersetzungen die kulturkämpferische Schärfe.](https://www.fritzundfraenzi.ch/uploads/2021/08/078b92c61aa6843c21fe05aee2317efb.jpg)
Peter Schneider
Sie bringen die Freude am Lernen sicher nicht zurück, indem Sie ihm jeglichen «Medienkonsum» verbieten. Ihre Reaktion erinnert an Capitaine Renaults (der aus «Casablanca») Anordnung, unverzüglich die üblichen Verdächtigen zu verhaften. Wenn Sie schon nicht wissen, was mit Ihrem Sohn los ist, dann soll wenigstens irgendetwas geschehen. Unwissenheit ist schwer auszuhalten, aber ohne wirklich herauszufinden, was Ihren Sohn beschäftigt, werden Sie ihm nicht helfen können. Was immer es ist, es ist offenbar etwas Schwerwiegendes (zumindest für Ihren Sohn). Versuchen Sie geduldig, es herauszufinden.
Sie bringen die Freude am Lernen sicher nicht zurück, indem Sie ihm jeglichen «Medienkonsum» verbieten. Ihre Reaktion erinnert an Capitaine Renaults (der aus «Casablanca») Anordnung, unverzüglich die üblichen Verdächtigen zu verhaften. Wenn Sie schon nicht wissen, was mit Ihrem Sohn los ist, dann soll wenigstens irgendetwas geschehen. Unwissenheit ist schwer auszuhalten, aber ohne wirklich herauszufinden, was Ihren Sohn beschäftigt, werden Sie ihm nicht helfen können. Was immer es ist, es ist offenbar etwas Schwerwiegendes (zumindest für Ihren Sohn). Versuchen Sie geduldig, es herauszufinden.
Das Expertenteam:
Haben auch Sie eine Frage?
Weitere Elternfragen:
- «Hilfe, unser Sohn wird handgreiflich!»Was sollen wir tun?
- «Hilfe, in der Klasse unseres Sohnes wird viel gestritten!» Wie soll ich reagieren?
- «Hilfe, die Freundin der Tochter ist extrem eifersüchtig!» Was kann ich tun?