Viele von uns Erwachsenen sind durchdrungen vom Gedanken, sich stets nützlich zu machen. «Mach etwas Sinnvolles!», rufen wir unseren Kindern zu. Sich und sein Leben ständig zu optimieren und dauernd irgendwelchen Zielen oder Pflichten nachzujagen, kann uns jedoch ermüden.
Ab und zu sollten wir den Mut haben, unsere Zeit zu verschwenden und in irgendwelchem Blödsinn zu schwelgen.
Denn der Genuss liegt oft in den Dingen, die weder gesund noch sinnvoll sind: ein gutes Glas Wein, Süssigkeiten, fettiges Essen. Wenn wir uns diese Sachen gönnen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, essen und trinken wir nicht mehr davon – aber wir geniessen sie stärker.
Das Gleiche gilt für die etwas bescheuerten Hobbys, die wir gerne vor anderen geheim halten.
Wenn ich morgens müde bin, dann liegt das oft daran, dass meine Kinder mich in der Nacht mehrmals geweckt haben. Manchmal trägt jedoch Geralt die Schuld – mein Hexer, mit dem ich durch die wunderschön gestaltete Welt von «The Witcher 3» streife, mit Silber- und Stahlschwert gegen Monster und Banditen kämpfe und dabei das eine oder andere Herz schöner Zauberinnen erobere. So ein Abenteuer kann auch mal bis 2 Uhr morgens dauern. Peinlich? Ja. Aber spannend! Und die prachtvoll animierten Landschaften dieses Spiels «tun meinen Augen so gut».
Viele von uns geniessen von Zeit zu Zeit etwas, das sie als peinlich empfinden. Die Amerikaner kennen dafür den Begriff «guilty pleasures» und umschreiben damit die Dinge, die wir gerne mögen – und von denen wir gleichzeitig das Gefühl haben, sie nicht mögen zu sollen. Die Playstation habe ich so platziert, dass meine Eltern sie nicht sehen, wenn sie zu Besuch kommen. Den Satz «ich hatte gehofft, diese Phase hättest du durch!» will ich nicht unbedingt hören. Dafür weiss ich, warum meine Mutter beim Telefonieren unruhig wird: Im Hintergrund läuft «Rosamunde Pilcher», und sie mag es nicht so recht zugeben. Meine Frau liebt Vampirromane und meine Kollegin schaut in der Freizeit den Bachelor und «Zwischen Tüll und Tränen».
Wenn wir diese Hobbys und Vorlieben schon vor anderen verheimlichen: Zumindest uns selbst könnten wir sie zugestehen und uns ihnen mit ganzer Wonne und roten Ohren hingeben. Und vielleicht gönnen wir diese Momente in gesundem Mass unseren Kindern und Jugendlichen, ohne ihnen mit dem Satz «Mach etwas Sinnvolles!» in den Ohren zu liegen.