Kinder und Zähne: Brot ist besser als Banane

Wussten Sie, dass Milchzähne schneller kariös werden, zu früher Zahnwechsel zu Lispeln führen kann und elterliche Zahnputzkontrolle bis ins Teenageralter wichtig ist? Antworten auf Fragen, die Eltern zu den Zähnen ihrer Kinder haben.
Diese Einstellung ist bei Eltern auch heute noch weit verbreitet. Und sehr falsch. Denn die ersten Zähne im Leben sind wertvoll: Sie bilden das Fundament für ein lebenslang gesundes und solides Gebiss.
«Deshalb ist einmal täglich Zähneputzen ab dem ersten Zahn Pflicht», sagt Priska Fischer von der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie am Universitätsklinikum Freiburg im Breisgau. Spätestens wenn sich die ersten Backenzähne im zweiten Lebensjahr zeigen, sollte morgens und abends geputzt werden: mit einer Bürste, deren Kopf klein und mit weichen Borsten ausgestattet ist. Ihr Griff sollte dicker sein als bei Bürsten für Erwachsene; sie ist dadurch für Kinder leichter zu handhaben.
Wie hoch ist die richtige Dosis Fluorid?
«Sobald die ersten bleibenden Zähne kommen, ist eine stärkere Fluoridierung nötig.»
Priska Fischer
Wir brauchen ein gut funktionierendes Milchzahngebiss für die Nahrungsaufnahme. Um von einem Brot oder einer Karotte abbeissen zu können, müssen die Zähne richtig zueinander stehen. Zudem haben die ersten Zähne eine sogenannte Platzhalterfunktion. Die ersten bleibenden Backenzähne nutzen die hintersten Milchbackenzähne als eine Art Gerüst, an dem sie sich hochhangeln. Fehlt diese Orientierung, stossen die bleibenden Backenzähne oft zu weit vorne durch den Kiefer – nicht selten muss hier später der Kieferorthopäde für die richtige Zahnstellung sorgen.
Fallen die Schneidezähne im Oberkiefer zu früh aus, hat das negative Folgen für die Sprachentwicklung
Ein Putzsystem fürs ganze Leben
Die Milchzähne sollten unbedingt genauso gut gepflegt werden wie die bleibenden. Sie sind nämlich schwächer mineralisiert als das dauerhafte Gebiss und werden dadurch schneller kariös. Dem Keim Streptococcusmutans und den Laktobazillen – den beiden grössten Kariesverursachern – ist völlig egal, ob es sich um einen Milch- oder einen bleibenden Zahn handelt. Eine einmal auftretende Karies an Kinderzähnen kann schlimme Folgen haben, denn die Nervhöhle des Zahns ist im Verhältnis zur Hartsubstanz grösser als bei einem bleibenden Zahn. Das heisst, die Karies kann den Nerv schneller erreichen. «Ist der Nerv einmal entzündet, können die Bakterien auch den geschützt darunterliegenden bleibenden Zahn angreifen», erklärt Priska Fischer.
Mit Färbetabletten können Eltern das Bewusstsein für die Zahnpflege schärfen.
Die fehlende Feinmotorik sollte jedoch kein Grund dafür sein, dass Eltern sich dazu verführen lassen, eine elektrische Zahnbürste für die Kinder zu kaufen – zumindest nicht am Anfang. Denn jedes Kind sollte zunächst die grundlegende Putztechnik mit einer Handzahnbürste aus dem Effeff beherrschen, um darauf zurückgreifen zu können, wenn die elektrische Zahnbürste nicht dabei ist. «Ich vergleiche das immer mit Tennis und Tischtennis», sagt Priska Fischer, «das eine spielt man aus dem Handgelenk, das andere aus dem Arm heraus – so verhält es sich auch mit der Handzahnbürste und der elektrischen.»
Sind die Kinder sicher im Umgang mit der Handzahnbürste, kann eine elektrische eine sinnvolle Anschaffung sein, denn sie entfernt mehr Beläge als eine Handzahnbürste – allerdings nur bei richtiger Handhabung. «Man kann auch mit einer elektrischen Zahnbürste schlecht putzen», sagt Priska Fischer. Die ideale Kombination, so die Zahnärztin, sei, morgens von Hand und abends elektrisch zu putzen.
Zahnfreundliches Essen und Trinken
Der Zuckerersatzstoff Xylith kann Karies verhindern.
Die Strategie mit dem Nachputzen und den Färbetabletten sollten Eltern auch bei älteren Kindern beibehalten – wenn auch nicht täglich. So können die Kinder lernen, worauf es beim Zähneputzen wirklich ankommt. Vor allem, wenn mit sechs, sieben Jahren die ersten bleibenden Backenzähne kommen, stellen Zahnärzte häufig fest, dass die schnell Karies bekommen – weil dies in einem Alter geschieht, in dem die elterliche Zahnputzkontrolle meist schon an Strenge verloren hat. Dabei ist die weit bis ins Teenageralter hinein gefragt: Jugendliche sind eine Klientel, die Zahnärzte mit ihren Appellen kaum erreichen.
«Wir befinden uns auf gutem Weg»
Der Präventivzahnmediziner Giorgio Menghini über die Mundgesundheit in der Schweiz.
Herr Menghini, wie steht es um die Gesundheit von Kinderzähnen in der Schweiz?
Gibt es gar nichts mehr, was Ihnen Sorgen macht?
Was sind die wichtigsten Faktoren für die Mundgesundheit?
Ausführliche Zahnpflege-Informationen auf: www.generation-kariesfrei.ch.
8 zentrale Fakten zu Milchzähnen:
- Milchzähne haben wichtige Aufgaben.
- Angelegt werden sie in der sechsten Schwangerschaftswoche, und bei der Geburt liegen sie voll entwickelt im Kiefer des Kindes – man sieht jedoch noch nichts von ihnen.
- Ab dem vierten Lebensmonat brechen die Zähne durch, und zum ersten Geburtstag sind meist alle oberen und unteren Schneidezähne sichtbar.
- Bis zum 16. Monat folgen die ersten Backenzähne, die Eckzähne zeigen sich bis zum 20. Monat.
- Ein dreijähriges Kind hat mit 20 Zähnen ein vollständiges Milchzahngebiss.
- Die neuen, bleibenden Zähne entwickeln sich unter dem Milchgebiss.
- Zwischen dem 6. und dem 12. Lebensjahr werden die Milchzähne durch die bleibenden Zähne ersetzt – wann genau, das ist von Kind zu Kind verschieden.
- In der Regel ist der Zahnwechsel abgeschlossen, bis die Kinder 12 Jahre alt sind.
Wie Sie die Milchzähne Ihres Kindes vor Karies schützen:
- Regelmässige und sorgfältige Zahn- und Mundhygiene: zweimal täglich mit fluoridhaltiger Kinderzahnpasta.
- Regelmässige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt zweimal im Jahr.
- Zahnfreundliches Essen und Trinken: Produkte, die wenig Zucker und wenig Säure enthalten. Schlecht für die Zähne sind Nahrungsmittel, die an den Zähnen kleben – zum Beispiel Chips, Honig, Bananen oder Trockenfrüchte.
- Zahnfreundliche Süssigkeiten: Ein weisses Zahnmännchen mit Schirm auf rotem Grund – mit diesem Logo sind Süsswaren gekennzeichnet, die während und bis 30 Minuten nach dem Verzehr keinen Säure auslösenden Kariesschub verursachen.
- Fluoridierung: Fluoride wirken doppelt. Sie hemmen den Stoffwechsel der Karies auslösenden Bakterien und sie härten den Zahnschmelz und machen ihn so widerstandsfähiger. Achten Sie auf eine fluoridhaltige Zahncreme. Vorbeugend kann zudem fluoridiertes Speisesalz zum Kochen verwendet werden.