Der Handysegen hängt schief - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Der Handysegen hängt schief

Lesedauer: 2 Minuten

Wie sollen Eltern mit dem hohen Handykonsum ihrer fast erwachsenen Kinder umgehen? Augen schliessen? Oder die Regeln per WhatsApp kommunizieren? Unsere Elternbloggerin Irma Aregger gibt Einblicke in ihren Familienalltag.

Unsere Kinder haben das Smartphone zum Übertritt in die Oberstufe erhalten. Man kann sich streiten, ob das früh oder spät ist. Wie auch immer die Familie entscheidet, es ist ein Kampf. Entweder das zwölfjährige Kind jammert und bockt, weil es ja das einzige Kind in der ganzen Klasse, in der ganzen Stadt, nein – im ganzen Land ist, das noch immer kein Smartphone besitzt. Oder die Eltern leiden, weil bereits das achtjährige Kind ein solches Teil besitzt und tagein, tagaus über den Gebrauch und das Einhalten der Regeln diskutiert und gestritten wird. 

Handykonsum am Abend: Schachteldenken

Am Anfang hatten wir eine Handyschachtel vereinbart. Eine, in der die Kinder am Abend ihr Gerät hineinlegen durften. Mussten. Damit sie ohne Bildschirmflimmern den Schlaf fanden. Später kam jedoch die WhatsApp-Phase. Immens wichtig, gerade was die Schule anging. Klar. Der Schüler ohne WhatsApp war voll der Loser! Hatte keine Ahnung, was im Klassenchat besprochen wurde. Deshalb und nur deshalb musste das smarte Ding ein wenig länger im Zimmer bleiben. Um die Kinder davor zu bewahren bis Mitternacht «Hausaufgaben zu machen» brauchte es eine beharrlich strenge Hand.

Später appellierten wir an ihre Vernunft, was den Handykonsum betraf. Selber entscheiden, was gut und richtig ist. Ha, ha. Kleine Zombies sassen mit rot geränderten Augen am Frühstückstisch. Dass sie nicht Butter aufs iPhone schmierten, grenzte an ein Wunder. Eine Zeitlang funktionierte es, dann fing der Kampf von vorne an.

Inzwischen sind die Kinder 19 und 17. Sie wecken sich mit dem Handy, verabreden sich, chatten, schauen Filme, hören Musik, lesen, tauschen Fotos aus. Sie klären Unstimmigkeiten mit der Freundin, Gesundheitsprobleme der Grossmutter vom Freund. Alles blitzschnell getippt, oder per Sprachnachricht übermittelt. Ein Leben ohne Smartphone können sie sich nicht mehr vorstellen. Es ist angewachsen an ihren Händen. Wir Eltern haben noch nicht aufgegeben, wir streiten, diskutieren und hoffen

Sind wir besser als unsere Kids? 

Doch schauen wir uns mal um. Überall sehen wir vornübergebeugte Menschen auf der Strasse laufen, an der Bushaltestelle stehen, Kinderwagen schieben, im Tram sitzen, im Restaurant essen. Die Tochter zuckt mit den Schultern: Klar sei das nicht schön, aber es sei heute nun mal so. Früher hätten die Leute in Zeitungen gestarrt, auch nicht wirklich kommunikativ dem anderen gegenüber. Das ist ein Argument. Obwohl mir die Zeitungen und Bücher viel sympathischer sind. 

Am Esstisch gilt Handyverbot

Im Moment haben wir eine Sperrzone eingerichtet: Am Esstisch ist das Smartphone nicht zugelassen. Tabu. Ebenso die Zeitungen. Wenn wir zusammen essen, wollen wir miteinander reden. Direkt von Angesicht zu Angesicht.

Dann melden sich die Grosseltern zum Sonntagsbesuch an. Sie mögen es nicht, wenn sie ihre Enkelkinder bloss mit gesenktem Kopf auf ein elektronisches Gerät starren sehen. «Kein Handy, wenn Oma und Opa hier sind!», spreche ich eindringlich auf Sohn und Tochter ein. Sie rollt die Augen, bei ihm bin ich nicht sicher, ob er mich überhaupt gehört hat.

Kaum sitzen wir am Tisch, brummt das Teil in Sohnemanns Hosentasche, surrt es bei der Tochter unterm Oberschenkel. Sie ignorieren es stoisch. Ich setze mich mit geradem Rücken hin und bin ziemlich stolz auf unsere Kids. Da zieht der Opa sein Smartphone aus der Jacke: «Schaut mal die Fotos von unseren Ferien!» 

Übrigens: Steve Jobs Kinder hielten nur selten ein Apple Produkt in den Händen, er begrenzte die Zeit angeblich rigoros, die seine Kinder mit der Technik verbringen durften. Und Bill Gates Kinder hatten erst mit 14 ein Handy. Und abends fernsehen war bei Gates verboten. Ziemlich smart!

Bild: Pexels

Zur Autorin:

Irma Aregger arbeitet als freischaffende Texterin. Die humorvolle Zürcherin kämpft abwechslungsweise mit dem
Irma Aregger arbeitet als freischaffende Texterin. Die humorvolle Zürcherin kämpft abwechslungsweise mit dem eigenen Hormonhaushalt oder mit den Fahrkünsten des Sohnes, langweilig ist ihr selten. 


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