Editorial und Coverfilm im April
Video und Bilder: Bianca Fritz
Nach 44 Jahren lüfte ich ein Geheimnis. Einige der Deutschaufsätze in der Primarschulzeit («Mein schönstes Ferienerlebnis», «Ein Tag bei meinem Grossvater») habe ich nicht allein geschrieben. Meine Mutter, eine frühere Journalistin, hat mir dabei geholfen. Wir haben so lange an jedem Satz geschraubt, bis es passte. Meine Mutter hat ganze Arbeit geleistet: Für die meisten Aufsätze erhielt ich von Lehrer Niederer eine glatte 6 und durfte sie ins goldene Buch übertragen.
Ich erwähne das deshalb, weil wir uns bei den Arbeiten am vorliegenden Dossier «Hausaufgaben» intensiv mit diesen Fragen beschäftigt haben. Sollen Eltern ihre Kinder bei den Hausaufgaben unterstützen? Und wenn ja – wie? Die Experten sind sich uneins: Hausaufgaben sind für die Schüler, nicht für die Eltern, lautet eine Botschaft. Eine andere: Eltern müssen ihre Kinder davon abhalten, zu lange an den Hausaufgaben zu sitzen. Eine dritte These lautet: Hausaufgaben sind ein Bindeglied zwischen Schule und Elternhaus. Wenn Eltern sich bei den Hausaufgaben ihrer Kinder engagieren, zeigen sie Interesse. Und wissen, was ihr Kind in der Schule so treibt.
«Wissenschaftlich gesehen wären die wichtigsten Schulfächer Musik, Sport, Theaterspielen, Kunst und Handarbeiten.»
Manfred Spitzer, deutscher Hirnforscher und Buchautor
Die Hilfe meiner Mutter habe ich damals gerne angenommen. Trotzdem: Aus einiger Distanz und mit dem heutigen Wissen sehe ich ihr Engagement kritisch. Als zweifacher Vater interessiere ich mich selbstverständlich für die Hausaufgaben meiner Kinder – aber ich werde mich hüten, diese für sie zu erledigen.
Herzlichst – Ihr Nik Niethammer