Handy: Ein Verbot ist zu einfach
Merken
Drucken

Handy: Ein Verbot ist zu einfach

Lesedauer: 1 Minuten

Einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Handy können Kinder und ­Jugendliche gerade an Schulen lernen – solange es dort nicht verboten wird.

Text: Michael In Albon
Bild: Getty Images

In Zusammenarbeit mit Swisscom

Die Meinungen sind gemacht: 82 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer sind gemäss einer Umfrage von Sotomo für ein Handyverbot an Schulen. Gerät verbieten, Problem gelöst. Nur: So simpel funktioniert die Welt nur selten.

Welches Problem soll denn genau durch ein Verbot gelöst werden? Will man die Kinder vor den schädlichen Einflüssen der sozialen Medien schützen? Will man den Unterricht störungsfrei machen und die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer erleichtern? Will man die Kinder zu mehr sozialer Interaktion in den Pausen ermuntern? Will man die schulischen Leistungen der Kinder verbessern?

Jugendliche werden nervös, wenn Handy nicht in der Nähe ist

Ein simples Verbot wird der komplexen Situation nicht gerecht. Das zeigt auch der Blick auf die Antworten, welche die Wissenschaft zu diesem Thema bereithält. Wie zu erwarten ist, sind es viele, und sie widersprechen sich zum Teil. Eine Studie aus England hält beispielsweise fest, dass ein generelles Handyverbot vor allem leistungsschwachen Kindern und Jugendlichen nützt. Eine disziplinierte und häufige (!) Nutzung des Geräts im Zusammenhang mit dem Unterricht verbessert die Noten dagegen massiv. Diese Schülerinnen und Schüler schneiden in Pisa-Studien am besten ab.

Eine Metaanalyse aus 22 Studien der Uni Augsburg zeigt, wie kompliziert die Beziehung zu unseren Smartphones ist: Ein bedeutender Faktor ist zum Beispiel die Angst, etwas zu verpassen (Fomo, Fear of Missing Out). Fast die Hälfte aller Jugendlichen gibt an, nervös zu werden, wenn das Handy nicht in Griffweite ist.

Angst ist ein schlechter Ratgeber

Und nun sollen Schulen also aufgrund von Zeitungsartikeln und polarisierenden Umfragen die Hausregeln anpassen? Aus Angst vor Elternräten? Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Schulen dürfen ihre Rolle bei diesem wichtigen Thema nicht ohne Not über Bord werfen.

Wo sonst können sich Kinder und Jugendliche die ja offenbar nötige Medienkompetenz aneignen? Wo sonst kann in einem geschützten und kompetenten Umfeld über die Angst, etwas zu verpassen, gesprochen werden, über Cybermobbing, Sexting oder die hinterlistigen Algorithmen von Tiktok? Wo sonst sollen Jugendliche lernen, sich nicht zu sehr durch das Smartphone ablenken zu lassen? Und wo sonst kann in der Gruppe ausprobiert werden, wie sich 30 Tage Handyabstinenz anfühlen – mit all ihren positiven Effekten?

Medienkompetenz ist heutzutage absolut zentral. Wo sonst, wenn nicht in der Schule, kann sie gelehrt und gelernt werden?

Interaktive Lernmodule auf Swisscom Campus:

Auf Swisscom Campus finden Sie Tipps und interaktive Lernmodule für den kompetenten Umgang mit digitalen Medien im Familienalltag.

swisscom.ch/campus

Michael In Albon
ist Beauftragter Jugendmedienschutz und Experte Medienkompetenz von Swisscom.

Alle Artikel von Michael In Albon

Mehr zum Thema Medienkompetenz

Social Media: Teenager-Mädchen filmt sich mit Kamera
Medien
«Fragen Sie Ihr Kind, was es in der virtuellen Welt mag»
Die Psychiaterin Susanne Walitza rät Eltern dazu, erst einmal mit ihrem Kind ins Gespräch zu kommen, wenn Insta und Tiktok überhandnehmen.
Social Media: Ein junges Mädchen mit einem Smartphone
Medienerziehung
«Social Media kann unglaublich manipulativ sein»
Effi, 16, würde Social Media frühestens ab dreizehn empfehlen und rät Eltern dazu, eine beschränkte Bildschirmzeit einzustellen.
Soziale Medien: Bub sitzt in Schule allein auf einer Bank und schaut in sein Smartphone
Medienerziehung
Wie kann ich meinen Sohn vor Gewaltinhalten schützen?
Tiktok, Insta, Snapchat: Soziale Medien wecken bei Eltern viele Ängste. Das sagen Fachleute zu den häufigsten Fragen und Befürchtungen.
Social Media: Zwei Mädchen machen Grimassen vor der Kamera
Medienerziehung
«Wir waren jung und hatten keine Ahnung»
Malinka, 16, hätte sich gewünscht, von ihren Eltern und der Schule besser auf den Umgang mit sozialen Medien vorbereitet zu werden.
Social Media: zwei Schülerinnen schauen im Klassenzimmer auf ihr Smartphone
Medienerziehung
Was fasziniert Jugendliche an Social Media?
Wie wirkt sich die ständige Berieselung mit Social Media auf Jugendliche aus? Welche Bedenken gibt es? Was können Eltern tun?
Digitale Medien: Eine Schülerin vor dem Tablet
Medien
«Digitale Medien können auch ein Türöffner sein»
Das Präventionsprogramm Flo# will Kinder und Jugendliche im Umgang mit digitalen Medien unterstützen.
Thomas Feibel Medienexperte
Medien
Geschichten erzählen leicht gemacht
Kinder haben viel Spass daran, eine Geschichte, einen Film oder ein Hörspiel zu kreieren. So klappen die ersten Schritte.
Soziale Medien: Teenagermädchen am Handy. Zeigt WhatsApp-Verlauf
Medienerziehung
«Manchmal wünsche ich mir die Welt von damals zurück»
Verena, 48, nervt sich vor allem über seichte Kurzvideos. Ganz verbieten will sie ihren Töchtern, 13, soziale Medien trotzdem nicht.
Social Media: Mädchen tippt auf Smartphone
Medienerziehung
Social Media: «Ohne geht auch nicht»
Meret, 16, sind die Gefahren von sozialen Medien bewusst. Für sie ist entscheidend, in welchem Alter Kinder ein Smartphone erhalten. 
Social Media: Mädchen schaut ins Handy
Medienerziehung
«Mit 14 glaubte ich alles, was ich auf Tiktok sah»
Manyutha, 16, würde den Zugang zu Social Media erst ab 16 Jahren ermöglichen. Erst dann könnten Jugendliche verantwortungsbewusst damit umgehen. Vorher seien sie überfordert.
Grossmutter und Enkelkind am Handy
Elternbildung
Was tun, wenn die Grossmutter ständig am Handy hängt?
Ein Vater stört sich daran, dass seine Mutter ständig mit ihren Enkelkindern am Handy ist. Die Bitten, es nicht zu tun, vergisst sie nach kurzer Zeit wieder.
Mutter und Tochter sitzen auf dem Sofa und surfen mit dem Handy im Internet.
Medienerziehung
So schützen Sie Ihr Kind im Netz
Damit wir Heranwachsende an die ­Gefahren und Realitäten im Internet ­heranführen können, müssen wir uns das nötige Wissen aneignen.
Medien. Mädchen schaut TV und sitzt mit dem Hund auf dem Sofa.
Gesellschaft
Wozu braucht es Medien?
Medien spielen in unserer Gesellschaft eine zentrale Rolle. So erklären Sie Ihrem Kind, welche Funktionen sie erfüllen.
Studentin gibt Anweisungen an KI
Medienerziehung
Der KI mit dem nötigen Wissen begegnen
Um mit der künstlichen Intelligenz Schritt halten zu können, müssen wir uns ­bestmöglich darüber informieren.
Shareting: Eine Mutter draussen unterwegs macht ein Selfie mit ihren kleinen Kindern.
Medienerziehung
Sharenting – das Familienalbum im Netz
Wenn Eltern Fotos ihrer Kinder in den sozialen Medien teilen wollen, sollten sie sich unbedingt gewisse Grundregeln zu Herzen nehmen.
Swisscom Campus: Mutter und Tochter sitzen auf dem Sofa. Die Mutter erklärt ihrer Tochter das Smartphone.
Medienerziehung
Diese Plattform bietet Eltern Orientierung im digitalen Alltag
Damit Eltern ihr Kind sicher durch den Mediendschungel begleiten können, liefert Swisscom Campus vertrauenswürdige Informationen.
Zwei Mädchen mit ihren Smartphones in der Schule.
Lernen
Smartphones in der Schule: Wie viel ist zu viel?
Für die einen sind Smartphones eine Gefahr, für andere ein unverzichtbares Werkzeug. Für den Umgang an Schulen braucht es klare Regeln.
Kiga 3: Medien und Informatik im Kindergarten
Gesellschaft
Tablets im Kindergarten: Muss das sein?
Dass Kinder schon im Chindsgi digitale Geräte nutzen, sehen nicht alle gleich gerne. Was es damit auf sich hat.
Eine Lehrerin mittleren Alters mit Brille seht am Pult und zeigte Ihren Schülern etwas am Computer.
Medienerziehung
Lernen mit KI
Kann KI an den Schulen von Nutzen sein? Die Meinungen sind geteilt. Ein Primarlehrer aus Luzern setzt sie bereits ein. Seine Erfahrungen.
Gespräch übers Gamen
Familienleben
Gamen nervt Sie nur? 7 Aha-Erlebnisse einer Mutter
Wissen Sie, für welches Game Ihr Kind gerade brennt und was es so interessant macht? Unsere Redaktorin fragte endlich nach und lernte viel.
Ein Gruppe von Kindern auf dem Sofa starrt auf ihre Tablets.
Gesellschaft
Wie schädlich ist Medienkonsum für Kleinkinder?
Plötzlich will der Fünfjährige ein Computerspiele spielen. Doch: Brauchen Kleinkinder Medien? Und: Wie viel ist zu viel?
Wann soll ein Kind sein erstes Handy bekommen? Ein Leitfaden von Swisscom.
Medienerziehung
Ist mein Kind reif für ein eigenes Handy?
Spätestens wenn «alle anderen» eins haben, will das eigene Kind auch ein Handy. Doch wann können Eltern diesem Wunsch folgen? Ein Leitfaden.
Gamen: 7 Tipps
Medien
7 Tipps, wie Sie Ihr Kind beim Gamen begleiten können
Wenn das Kind ständig am Gamen ist, liegen die Nerven bei den Eltern schnell blank. Diese 7 Tipps sorgen für einen entspannteren Umgang.
Thomas Feibel Medienexperte
Familienleben
Wie digitale Medien die Kindheit transformieren
Weltweit haben das Smartphone und die sozialen Medien die Kindheit umgekrempelt. Das habe weitreichende Folgen, schreibt Autor Jonathan Haidt.