«Es ist ungewiss, wie es nach den Ferien weitergeht» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Es ist ungewiss, wie es nach den Ferien weitergeht»

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Die Covid-Situation an den Schulen ist alarmierend. Die Fallzahlen bei den Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonen steigen stetig und in vielen Kantonen haben die Schulen frühzeitig den Unterricht beendet. Dagmar Rösler, Präsidentin des Verbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH, ordnet ein und schaut auf einen unsicheren Schulstart im neuen Jahr.

Interview: Florina Schwander
Bild: Rawpixel.com

Vor Weihnachten haben zum Beispiel die Schulen in den Kantonen Bern und Aargau den Unterricht vorzeitig beendet. Wie schätzen Sie diese ersten Schulschliessungen ein?

Es war vermutlich der Versuch, die zurzeit angespannte Situation in den Schulen zu entspannen; nicht nur die epidemiologische, sondern auch die vor Ort. Teilweise findet man keine Stellvertretungen mehr, die bei Ausfällen einspringen können. Lehrerinnen und Lehrer versuchen zusätzlich zum eigenen Pensum die Lücken zu füllen, wo es ihnen noch möglich ist. Auch Schülerinnen und Schüler sind reihenweise in Quarantäne oder gar in Isolation, selten bis nie sind die Klassen noch vollständig. Hier noch wirksamen Unterricht zu erteilen und den Überblick über die Lernstände der Kinder zu behalten ist schon sehr kräftezehrend. Für berufstätige Eltern sind diese kurzfristigen Entscheide jetzt natürlich ebenfalls sehr herausfordernd.

Dagmar Rösler, 48, stand acht Jahre an der Spitze des Solothurner Lehrerverbandes, bevor sie im August 2019 die Nachfolge von Beat W. Zemp antrat und als erste Frau Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH wurde. Die Primarlehrerin lebt mit ihrem Mann, einem IT-Spezialisten, und ihren beiden Töchtern, 14 und 16, in Oberdorf SO. 
Dagmar Rösler, 50, stand acht Jahre an der Spitze des Solothurner Lehrerverbandes, bevor sie im August 2019 die Nachfolge von Beat W. Zemp antrat und als erste Frau Präsidentin des Dachverbandes Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH wurde. Die Primarlehrerin lebt mit ihrem Mann, einem IT-Spezialisten, und ihren beiden Töchtern, 17 und 15, in Oberdorf SO. 

Was sind für die Schülerinnen und Schüler mögliche Szenarien im neuen Jahr: Ausweitung der Maskenpflicht, Fernunterricht für gewisse Stufen oder gar grossflächige Schulschliessungen?

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Schulschliessungen allerletztes Mittel sein sollten. In Schulen, wo man repetitive Reihentests vornimmt, hat man die Situation recht gut im Griff, sofern sich möglichst viele Schülerinnen und Schüler an diesen Tests beteiligen und die Testcenter genügend Ressourcen erhalten haben. Aber dies alleine reicht nicht. Es wird wohl auch im neuen Jahr verschiedene Massnahmen brauchen, die zusammen eine möglichst grosse Wirkung erzielen. Für alle wäre es hilfreich, wenn bereits vor den Weihnachtsferien feststehen würde, wie es nach den Ferien weitergeht.

Das wäre tatsächlich wünschenswert. Viele Eltern fragen sich, wie der Unterricht nach den Ferien startet, insbesondere bei den Kantonen, die schon in der ersten Januarwoche starten. Können Sie hier einen Ausblick wagen? Wie gross ist die Chance, dass die Ferien verlängert werden oder dass mit Fernunterricht gestartet wird?

Es ist davon auszugehen, dass auch dies wieder ganz unterschiedlich gehandhabt wird. Einige werden eventuell später anfangen, andere werden sich an den offiziellen Schulstart halten und möglicherweise später reagieren. Ich weiss es ehrlich gesagt nicht.

Im Kanton Bern bedauern viele Lehrpersonen und Eltern das Einstellen der Pooltests, in Zürich kommen gewisse Schulen mit dem Testen gar nicht mehr nach und die Resultate treffen drei Tage nach dem Testen ein. Im Kanton Luzern tragen schon Erstklässler Masken. Wie stehen Sie zu diesem «Flickenteppich» an Massnahmen? Was wäre Ihrer Meinung nach der richtige Weg der Schulen, um diesen Corona-Winter zu überstehen?

Der LCH fordert schon lange einheitlichere und möglichst auf nationaler Ebene koordinierte Massnahmen wie eben repetitives Testen, Masken, wo epidemiologisch sinnvoll und wo noch nicht vorhanden auch CO2-Messgeräte und Luftreinigungsfilter in den Schulzimmern. Leider konnten sich die Kantone bis heute nicht durchringen, eine gemeinsame Strategie zu verfolgen und dies, obwohl ihnen der Bund mehrere Anstösse dazu gegeben hat.

Fehlt es an einer «Schul-Lobby» oder was braucht es, damit wir zu diesen einheitlichen Regeln kommen?

In allen Kantonen sind die Kantonalen Lehrerinnen- und Lehrerverbände in engem Kontakt mit den Bildungsbehörden. Auf nationaler Ebene versucht der LCH Einfluss zu nehmen. Die Entscheide werden aber schlussendlich auf bildungs- und gesundheitspolitischer Ebene in Zusammenarbeit mit den Kantonsärzten gefällt. Dass sich die Kantone hier nicht besser miteinander verbinden wollen, ist wohl einfach nicht zu ändern.

Die Anforderungen und Unsicherheiten an die Lehrpersonen steigen gefühlt gleichermassen: Wie geht es den Lehrerinnen und Lehrern?

Das dauernde Hin und Her, immer wieder kurzfristige Anordnungen und Änderungen nagen am Energievorrat. Gleichzeitig setzen sie sich nach bestem Wissen und Gewissen für das Wohlbefinden ihrer Schülerinnen und Schüler ein. Für Kinder und Jugendliche ist es von eminenter Wichtigkeit, dass sie sich in der Schule wohl und sicher fühlen. Danach streben Lehrerinnen und Lehrer in ihrer täglichen Arbeit – auch in dieser ganz speziellen aktuellen Lage.

Coronavirus

Alle aktuellen Massnahmen und Verordnungen zur Situation an den Schulen und anderen Bildungsinstitutionen finden Sie auf der Seite des Bundesamtes für Gesundheit BAG

Florina Schwander
mag Kinder, Geschichten, Pflanzen, Kaffee, Flipflops und Code. Sie ist Mutter einer Tochter und von Zwillingsjungs im Primarschulalter.

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