«Hilfe! Ich weiss nicht mal mehr, warum ich weine» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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«Hilfe! Ich weiss nicht mal mehr, warum ich weine»

Lesedauer: 15 Minuten

Hallo,

ich weiss nicht ob ich hier mit meinem Problem richtig bin. Mein Problem besteht darin das meine Maske, die ich mir über Jahre aufgebaut habe, langsam bröckelt und ich manchmal einfach nur da sitze und weine. Ich weine einfach und weiss dafür keinen Grund… An Schlaf ist leider zur Zeit auch nicht zu denken, denn ich träume nur Rotz… Ich hoffe ihr könnt mir folgen und vielleicht auch helfen, denn langsam macht sich in mir die Angst breit, wie weit es noch geht und, ob mir überhaupt jemand helfen kann! 

Liebe Leyla,

danke für Deine Mail und für Dein Vertrauen, so offen Deine Fragen anzusprechen. Echt toll, dass Du so mutig bist und Dir Hilfe holst. Mein Name ist Luci, ich bin Deine Onlineberaterin. Gerne möchte ich mit Dir zusammen schauen, wie sich Deine Situation verbessern könnte. Du erzählst von Dir, dass Du es so empfindest, dass Du Dir eine Maske aufgebaut hast, die anfängt zu bröckeln. Das macht Dir zu schaffen und Du weinst deshalb. Was genau empfindest Du als nicht wirklich echt? Möchtest du das noch ein wenig genauer beschreiben? Das würde mir helfen, Dich noch besser zu verstehen. Die meisten Menschen bauen sich Masken auf im Leben. Das ist verbreitet. Ich finde es toll, dass Du Dich auf den Weg machst, um tatsächlich zu Dir selber zu stehen, so wie Du bist. Genau darin liegt das Glück verborgen. 

Du schreibst auch, dass Du wenig schläfst, weil Du schlechte Träume hast. Möchtest Du ein wenig von Deinen Träumen erzählen? Manchmal macht das Unterbewusstsein über Träume auf Dinge aufmerksam. Träume sind sozusagen gute Helfer, auch wenn es sich zuweilen schlecht anfühlt. Also wenn Du möchtest und kannst, dann erzähl noch ein wenig mehr darüber. 

Du fragst, ob es für Dich Hilfe gibt. Ja, auf jeden Fall. Es ist genau richtig, dass Du um Hilfe bittest. Das ist ein echt guter Weg, den Du eingeschlagen hast und über Deine Sorgen sprichst. So kann sich Dein Leben verändern. Wenn Du möchtest, darfst Du mir gerne wieder schreiben. Ich würde mich sehr freuen und Dir innerhalb von 3 Tagen zurückschreiben. 
Liebe Grüsse Luci 

Hallo Luci,

Erstmal vielen Dank für deine Antwort und deine Mühe 🙂 
Was du mit «Was genau empfindest du als nicht wirklich echt?» meinst, weiss ich leider nicht. Ich kann dir nur kurz einen Einblick geben, warum ich mir eine Maske aufgebaut habe. Als ich fünf war hatte ich Leukämie und habe mich da schon verstellt. Ich wollte meiner Mama nicht noch mehr schaden/Angst machen wenn ich ihr sage, wie es mir wirklich geht. Und heute ist das immer noch so (…), weil ich meinen Eltern keine Sorgen bereiten möchte…
 
Und das mit meinem Schlaf? Es fängt schon an damit, dass ich nicht einschlafen kann, weil ich keine Ruhe in meinen Körper bekomme. Eine sehr gute Freundin hat mir Baldriantabletten mitgebracht und seitdem geht es. Aber meine Alpträume sind eben noch da! Die meisten Träume drehen sich um das Krankenhaus. Aber es gibt auch Träume, die mir echt richtig Angst machen. 🙁 Einer meiner Horrorträume war zum Beispiel, dass ich auf die Bahngleise gegangen bin. Als der Zug kam hab ich es mir doch anders überlegt und ich wollte wieder runter und war wie festgeklebt, ich kam nicht weg und als der Zug ganz nah war, bin ich wach geworden. Ich hatte totales Herzrasen, hab geschwitzt wie nach einem Zehn-Kilometer-Lauf und hab gezittert am ganzen Körper. Und sonst sind sehr viele Träume dabei, in denen ich von Häusern oder Gebäuden springe und eine gefühlte Ewigkeit fliege, bis ich wieder schweissgebadet aufwache. 
PS: Über meine Probleme schreiben geht, aber ich kann nicht drüber reden oder versuche dann vom Thema abzulenken… 
LG Leyla 

Liebe Leyla,

danke für den Einblick, den Du mir gegeben hast und für die genaueren Schilderungen. Das hilft mir, Dich besser zu verstehen. Du erzählst von Dir, dass Du mit 5 Jahren Leukämie hattest. Damals hast Du schon angefangen, eine Maske aufzubauen. Du wolltest Deiner Mama keine Sorgen und keine Angst machen. Einerseits ist das natürlich toll für Deine Mutter. Andererseits hat dies zur Folge, dass Du alle Deine Sorgen in Dich hineindrückst. Das überfordert über die Zeit Deine Kraft und so ist es kein Wunder, dass Dein Unterbewusstes sich zu Wort meldet mit Tränen oder mit entsprechenden Träumen. Ich denke einfach, dass Dein Unterbewusstsein gut für Dich sorgen möchte und Dich mit Tränen und Träumen darauf aufmerksam macht, dass es nicht förderlich ist, wenn Du alles in Dich hineindrückst. Das was Dich bedrückt, staut sich in Deinem Unterbewusstsein an und drückt unkontrolliert nach draussen. Wie siehst Du das?
 
Deshalb ist es genau richtig von Dir, dass Du dich öffnest und anfängst, darüber zu erzählen. Das finde ich echt stark! Besonders bei Mädchen ist das ein weit verbreitetes Verhalten, dass sie niemanden zur Last fallen wollen. Das wird schon unbewusst über die Erziehung vermittelt. Das führt dazu, dass «frau» sich anpasst und nicht dazu steht, wie es einem wirklich geht. Es ist zwar sehr löblich, dass Du Deine Mutter schützt, aber Du solltest auch einen Weg finden, an Dich ein ganz klein wenig mehr zu denken. Könntest Du Dir das vorstellen?
 
Du schreibst, dass es Dir momentan nicht möglich ist, darüber zu sprechen, wie es in Dir aussieht. Beim Schreiben geht es schon eher. Wäre es denkbar für Dich, eine Schreibaufgabe zu machen? Das könnte Dein Unterbewusstes etwas entlasten. Wenn Du möchtest, schicke ich Dir eine Selbsthilfeaufgabe dazu, mit der Du Dir von Zeit zu Zeit alles von der Seele schreiben könntest, was Dich bedrückt. Vielleicht wäre das ein Schritt für Dich, der möglich wäre? Möchtest Du das gerne mal ausprobieren, ob Dich das entlastet? 
Wie geht es Dir im Moment wegen der Leukämie? Was würdest Du Dir im Moment am meisten wünschen? (…)

Liebe Grüsse Luci 

Liebe Luci, 

ich kann mir schon vorstellen das mein Unterbewusstsein mir einfach zeigen will, dass es so nicht mehr geht. Aber ich bin jetzt 17 und es ging die ganzen Jahre. Ich habe immer alles mit mir alleine ausgemacht, doch jetzt geht es auf einmal nicht mehr. Was du noch nicht weisst (tut mir leid): Vor einem halben Jahr waren meine Träume so, dass ich im Schlaf mit der Faust gegen die Wand geschlagen habe, und ich es nicht einmal mitbekommen habe. Und nicht einmal da konnte ich meiner Mama die Wahrheit sagen… (…)

Ich finde die Idee mit der Schreibaufgabe eine gute Idee. Meine Freundin (…) hat schon vor einem halben Jahr gesagt, dass ich zum Psychologen gehen soll. (…) Ich kann mir es aber einfach nicht vorstellen. (…)

Meine Leukämie ist jetzt über zehn Jahre her und ich muss zwar jährlich zur Kontrolle aber ich musste nie wieder ins Krankenhaus. Ich hatte damals eine Überlebenschance von 20 Prozent und wurde mit Chemotherapie behandelt. Habe jetzt keine Einschränkungen mehr. (…) Meine Ärzte sagen immer dass ich ein medizinisches Wunder wäre, denn eigentlich dürfte ich nicht mal laufen können. 
Und mein grösster Wunsch zurzeit? Dass ich psychisch wieder auf einen Normalzustand komme. Denn ich hatte spasseshalber im Internet mal einen psychologischen Test gemacht und da kam was von einer schweren Depression raus und das ich mir dringendst Hilfe suchen sollte…

LG Leyla 🙂 

Liebe Leyla, 

Du bist so lieb und rücksichtsvoll Deiner Mama gegenüber, unglaublich und bewundernswert, dass Du die Kraft dazu über so lange Zeit aufgebracht hast. Ich glaube, es ist auch eine Entwicklung des Erwachsenwerdens, dass es nicht mehr geht, alles zu verdrängen. Dass das Verdrängen nicht mehr funktioniert, ordne ich als eine positive Entwicklung ein. (…) Weiter schreibst Du, dass Du Dir wünschst, psychologisch wieder in einen Normalzustand zurückzukommen. Da bist Du schon auf einem guten Weg, weil Du Dich geöffnet hast und angefangen hast, darüber zu sprechen. Echt klasse, dass auch Deine Freundin mit Dir darüber spricht und Dir zur Seite steht. (…)

Doch nun zu der versprochenen Selbsthilfeaufgabe. Verdrängte Gefühle und Empfindungen kannst Du ganz gut verarbeiten, wenn Du ihnen Beachtung schenkst und einen Rahmen, in dem sie sich ausdrücken können. Zu Beginn rate ich Dir eine Briefschreibeaufgabe. Du könntest einen Brief an Deine Mutter schreiben. Keine Angst, Du wirst ihr den Brief nicht geben. Der Brief wird sozusagen eine Möglichkeit sein, Dein Herz zu öffnen und in Worte zu fassen, was Dich bewegt. Du kannst ganz offen und frei alles niederschreiben, was Du spürst und wie Du Dich fühlst. So bekommt das Unverarbeitete Aufmerksamkeit und beginnt, sich neu zu ordnen. Das ist der erste Schritt des Loslassens und das kann Dein Unterbewusstsein entlasten. 

Am besten führst du die Aufgabe durch, wenn Du gerade genug Freizeit hast und anschliessend Deinen Gedanken noch nachhängen kannst.  (…) Beginne mit einer Anrede an Deine Mutter, die gerade passt. Und dann schreib ihr mal, dass Du einfach nicht mit ihr reden konntest, all die Jahre, weil…. 

Schreib ihr auf, dass Du Dir vor ihr eine Fassade aufgebaut hast und dass es Dich jetzt unglücklich macht. Schildere ihr eine oder zwei Situationen und schreib dazu, wie diese tatsächlich für dich waren und wie Du Dich dabei gefühlt hast. Beispielsweise könntest Du ihr schreiben, wie Du die Zeit der Krankheit erlebt hast und wie es Dir mittlerweile geht. Schreib ihr all Deine Ängste und Sorgen über die Krankheit auf, und wie wichtig es für Dich ist und immer war, dass Du sie schonst. (…) Wenn es für dich passt, dann sag ihr auch, dass es Dir leid tut, dass Du ihr die Wahrheit nicht sagen kannst. Und dann bedanke Dich bei Deiner Mutter für alles das, was sie schon für Dich getan hat. (…) Du liest Deinen Brief am Ende nochmals durch, vielleicht möchtest du noch etwas ergänzen und dann zerreisst Du ihn in kleine Stücke und entsorgst ihn. Wenn Du möchtest, kannst Du diese Aufgabe immer mal wieder durchführen, wenn wieder Neue Erinnerungen und Gefühle nach oben drängen. 

Könntest du Dir vorstellen, diese Selbsthilfeaufgabe in dieser Form oder so ähnlich mal auszuprobieren? Ich bin gespannt, wie es Dir damit geht. Wenn das Schreiben, den einen oder anderen Gedanken oder Gefühle in Dir anstösst, dann lass es zu. Damit beginnt Dein Weg zu Dir. Lass Dir so viel Zeit, wie Du brauchst. Wenn Du möchtest, darfst Du mir zwischendurch gerne wieder schreiben. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir berichtest, wie es Dir mit dieser Aufgabe geht (…)
Liebe Grüsse Luci

Liebe Luci, 

ich habe nun die Aufgabe mit dem Brief gefühlte tausende mal probiert, aber jedes Mal wenn ich an dem Punkt bin zu schreiben, wann ich meine Maske gebraucht hab, kann ich nicht mehr weiter schreiben. Ich habe Tränen in den Augen, ich zittere, und durch die Tränen kann ich nicht mehr auf das Papier schauen und weiterschreiben… Was soll ich deiner Meinung nach jetzt machen? 🙁 

Und wie es mir sonst so geht? Ganz ehrlich? Richtig scheisse… ich habe zu nix Lust, ich fühle mich immer total niedergeschlagen. 🙁 Und an manchen Tagen zweifele ich daran, dass es gut war, dass ich gesund geworden bin… Vielleicht wäre es besser, ich hätte es damals nicht geschafft, und dann hätte ich heute das Problem nicht mit der Angst wieder krank zu werden! Ich will aber diese Gedanken eigentlich nicht haben, denn ich weiss, die sind nicht gut (…) 🙁 

Kannst du mir da irgendwie helfen oder ist das normal? 
 
LG Leyla

Liebe Leyla, 

danke für Deine Rückmeldung. Schön, dass Du Dich auf diese Aufgabe eingelassen hast und so fleissig probiert hast. Auch wenn es nicht gleich auf Anhieb den gewünschten Erfolg für Dich gebracht zu haben scheint, so hast Du doch damit Erfahrungen machen können. Diese Erfahrungen helfen, Deine Situation besser einzuschätzen und das weitere Vorgehen daran auszurichten. 

Du hast die Aufgabe öfters ausprobiert. Ich glaube, Du bist sehr fleissig und gewissenhaft. Echt toll. Jedes Mal hattest Du dasselbe Ergebnis. Und zwar sagst Du, wenn Du an den Punkt kommst, an dem Du Deine Maske gebraucht hast, kannst Du nicht mehr weiterschreiben, weil Du zitterst und Tränen in den Augen hast. Ich denke, da bist Du ganz nah dran an dir als Kind, nennen wir sie mal Leyla5 (die 5 steht für das geschätzte Alter). Du sagst, dass Du an diesem Punkt nicht mehr weiter schreiben kannst, weil der Schmerz hochdrückt und Du fragst, was Du tun könntest.
 
Ist es denn so, dass Leyla5 das kleine Mädchen in Dir ist, das damals sehr grosse Angst hatte und eigentlich überfordert war, die Krankheit und die Angst gut und gründlich zu verarbeiten?
 
Es ist eher normal als ungewöhnlich, dass man solche schwierige Lebensereignisse in so jungen Jahren nicht gut verarbeiten kann, weil man vieles noch gar nicht überschauen kann. 
Ich habe Dich so verstanden, dass Du Dir wünschst, dass die kleine Leyla ihre Maske abnimmt. Wenn Du wieder Leyla5 begegnest, weinen und zittern musst, dann rate ich Dir folgendes Vorgehen. Schenke ihr zuallererst Dein Mitgefühl. Stell Dir vor Deinem inneren Auge dieses Kind vor. Vielleicht kannst Du sie ja in Deiner Vorstellungskraft ein bisschen in den Arm nehmen und beginne dann mit ihr zu sprechen. Sage zu ihr in Gedanken etwa solche Worte: «Liebe Leyla, ich kann so gut verstehen, dass Du weinen musst und Angst hast. Es ist sehr normal für ein Kind, dass es Angst hat vor einer so belastenden Krankheit. (Versuche mit passenden Worten Die Angst zu beschreiben, wie sie sich anfühlt oder angefühlt hat und die Stärke Deiner Angst ausdrücken, z.B. MegaAngst o.ä.)… Spreche in diesem Sinne so lange zu ihr, bis sie sich beruhigt. Sag zu ihr dann auch so etwas wie, «Leyla, ich kann es so gut verstehen, dass Du eine Maske aufgesetzt hast. Das war das, was dir in diesem Alter als Möglichkeit zur Verfügung stand und dir als hilfreich erschien.» Sag zu ihr: «Das hast Du genau richtig gemacht. Ich bin Dir deshalb nicht böse, dass Du eine Maske aufgesetzt hast.» Du kannst zu ihr sagen, wenn Du möchtest, dass sie sehr tapfer war in dieser Zeit. Und dann versprich ihr, dass Du für sie sorgen möchtest und ihr helfen möchtest, dass sie die alten Sorgen verarbeiten kann. Vielleicht kannst Du sie ja sogar ein wenig anlächeln. Und wenn es geht, frag sie, was du für sie tun könntest, vielleicht schickt sie dir wieder einen Hinweis, was sie sich wünschen würde.
 
Möchtest Du gerne weitermachen und dies mal ausprobieren, um mit der kleinen Leyla noch etwas mehr in Kontakt zu kommen? Traust Du Dir das alleine zu? Du kannst diese Übung jederzeit abbrechen, wenn es Dich belastet und mir auch schnell zurückschreiben, wenn Dich etwas bedrückt.
 
Zu Deiner jetzigen Situation erzählst Du, dass Du Dich schlecht fühlst, lustlos und niedergeschlagen. Du schreibst, dass Du daran zweifelst, ob es gut war, dass Du gesund geworden bist. Weiter sagst Du, dass Du jetzt mit der Angst kämpfst, wieder krank werden zu können. Das ist eine nicht ganz einfache Situation in der Du Dich befindest, und ich kann gut verstehen, dass es Dir zusetzt, mit einer solchen Vorerkrankung zu Recht zu kommen. Hast du denn vom Arzt eine Prognose erhalten wie hoch die Wahrscheinlichkeit eingeschätzt wird, dass die Leukämie zurückkommen könnte? Oder kann man das gar nicht vorhersagen?
 
Andererseits ist es auch so, dass letztlich kein Mensch die Gesundheit für sich gepachtet hat. Vielleicht tröstet Dich das ein ganz klein wenig. Man kann letztlich wahrscheinlich nicht ausschliessen, dass die Krankheit zurückkommt, aber Du kannst das Risiko verringern und die Bedingungen verbessern. Wenn Du sozusagen den Stress abbaust, den Du noch von damals mit Dir herumträgst, entlastet Dich das und kommt Deiner Gesundheit und Deiner Abwehrkraft zu Gute. Auch deshalb ist es ein sehr guter Weg, dass Du angefangen hast, Dich darum zu kümmern, was in Deinem Unterbewussten nach Hilfe ruft.
 
Ich würde mich freuen, wenn Du wieder zurückschreibst und erzählst, ob Du mit dieser Aufgabe ein wenig weiter arbeiten möchtest. Ich wünsche Dir alles Gute. 
Liebe Grüsse Luci

Hallo Luci,

die Aufgabe mit der kleinen Leyla bekomm ich einfach nicht hin. Ich kann nicht mit ihr reden… Es ist wie eine Sperre in mir, die es einfach nicht zulässt diese Vorstellung zu haben. 🙁 Gibt es irgendwas was ich tun kann, dass ich es alleine hinbekomme? Denn jetzt und so bekomm ich es einfach nicht hin…
 
Und nein, mein Arzt hat in der Hinsicht nix gesagt… Er meinte nur dass die Krankheit zu jedem Tag wiederkommen könnte. Und wo du auch recht hast ist, dass ich selber merke, dass durch meinen Stress und dem wie es mir zur Zeit geht, mein Immunsystem nicht mehr das ist, was es mal war. Ich fühle mich zur Zeit einfach nur schlapp…

LG Leyla 

Liebe Leyla, 

schön, dass Du zurückgeschrieben hast und erzählst, wie es Dir geht. Du sagst, dass es Dir noch nicht gelingen mag, mit der kleinen Leyla in Kontakt zu treten. Kannst Du das noch etwas genauer beschreiben, wie Du das meinst, wie sich das bei Dir anfühlt und wie ich mir das in etwa vorstellen könnte?
 
Du schreibst, dass der Arzt zu Dir gesagt hat, die Krankheit könne zu jeder Zeit wieder zurückkehren. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht einfach für Dich ist, damit zu leben. Zurzeit bist Du schlapp. Hast Du denn gerade bei der Arbeit viel Stress? Bist Du wetterfühlig? Manchmal fühlt man sich auch schlapp bei Vitaminmangel. Könnte das eventuell ein Grund sein? 

Ich freue mich, wenn Du wieder schreibst.
Liebe Grüsse Luci

Hallo Luci 🙂 

Dieses Gefühl ist, wie wenn man vor einer Wand steht und nicht mehr weiterkommt. 🙁 Oder wenn man vor einer Tür steht und sich nicht traut rein zu gehen… Wenn ich anfange darüber nachzudenken, fange ich an zu zittern und hab sofort wieder Tränen in den Augen. Es klingt vielleicht doof von jemanden zu hören, dass man bei jedem Mist anfängt zu weinen. Aber so ist es zur Zeit bei mir. :/ Egal bei welcher Aufgabe von dir. 🙁 

Bei der Arbeit ist es wohltuender Stress. Ich arbeite als FSJler (Anmerkung der Redaktion: Ein freiwilliges soziales Jahr) auf einer Kinderstation und ich bin oft froh auf Arbeit gehen zu können, um nicht so viel nachzudenken… Das mit dem Vitaminmangel klingt gut und schön aber ich esse meiner Meinung nach genug Vitamine. Es ist ja auch so, dass ich selbst zu tollen Dingen keine Lust habe… eben vollkommen lustlos und schlapp.

LG Leyla

Liebe Leyla, 

danke für Deine Rückmeldung. Du schreibst, dass Du die Aufgaben, die ich Dir vorgeschlagen habe nicht machen kannst, weil es Dir zusetzt. Es ist genau richtig, dass Du dann damit aufhörst, wenn Du merkst, dass es nicht funktioniert, oder wenn es Dich unter Stress setzt. Was denkst du dazu, wäre es gut für Dich, wenn Du vor Ort einen Menschen hättest, der mit Dir therapeutisch arbeitet? 

Wenn Du Dir im Moment noch nicht so gut vorstellen kannst, zu einer Therapie zu gehen, hättest Du auch die Möglichkeit, noch eine Weile damit zu warten. Du könntest es auch dann machen, wenn Du noch etwas reifer geworden und unabhängiger bist.
 
Weiter schreibst Du, dass Du in der Arbeit einen wohltuenden Stress hast. Ist das in einem Krankenhaus? Ich finde es toll, dass Du Dich dieser Herausforderung stellst. Echt stark! Hast Du schon Pläne, was Du nach dem FSJ machen möchtest? 
Du erzählst, dass Du lustlos und schlapp bist. Machst Du die Vorsorge wegen der Leukämie immer bei Deinem Hausarzt, oder gehst Du da speziell irgendwohin? Ich würde Dir raten, wenn Du wieder beim Arzt bist, es dort zu sagen, dass Du Dich schlapp fühlst. Dann könnte der Arzt ausschliessen, dass die Schlappheit und Lustlosigkeit mit der Leukämie in Zusammenhang steht. Wann gehst Du wieder zur Kontrolluntersuchung?
 
Ich freue mich, wenn Du wieder zurückschreibst. 
Liebe Grüsse Luci

Hallo Luci, 

über Therapie oder so hab ich auch schon nachgedacht, denn so wie es ist, kann es nicht weiter gehen. Aber ich traue mich nicht, jemanden um Hilfe zu bitten. Meine Betreuerin vom FSJ hat mir auch angeboten, dass ich mich an die Streetworker bei uns in der Stadt wenden kann. Aber auch die anzuschreiben oder so traue ich mich nicht…

Und ja,  ich arbeite im Krankenhaus in unserer Stadt. Und nach meinem FSJ will ich auch eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester machen.

Die Kontrolle ist einmal im Jahr und die nächste ist erst im Juli. Ich weiss nicht, ob das Schlappe damit zu tun hat… aber ich bin damit schon mal zu meiner Hausärztin gegangen und die hat mir eine Überweisung zum Psychologen gegeben. Und im nächsten Satz meinte sie, dass ich aber mit einer Therapie nicht auf Kinder aufpassen darf. Und auch das ist ein Grund warum ich mich nicht traue 🙁 

LG Leyla

Liebe Leyla,

danke für Dein Mail. Du erzählst, dass Du schon länger schlapp bist und es Deiner Hausärztin schon gesagt hast. Sie hat Dir daraufhin eine Überweisung gegeben zum Psychologen. Das verstehe ich so, dass sie keinen Grund hat, für eine körperliche Ursache der Schlappheit. Das ist ein positives Zeichen, dass man da nichts von der Krankheit her befürchten muss. Echt gut. 
Sie hat damals zu Dir gesagt, dass Du nicht auf Kinder aufpassen dürftest, wenn Du eine Therapie machst. Ich denke, das kann man so pauschal nicht sagen. Das kann in dem einen oder anderen Fall mal so sein, dass man so wenig belastbar ist, und eine solche Verantwortung nicht tragen kann. Das muss man im Einzelfall entscheiden. Das würde dann die Therapeutin zusammen mit Dir einschätzen, falls das so wäre.
 
Ich würde Dich dazu ermutigen, den Schritt zu wagen, Dir eine Psychologin oder Therapeutin zu suchen. Meinst Du, das würde gehen? 
Ich freue mich, wenn Du wieder zurückschreibst. 
Liebe Grüsse Luci

Hallo Luci,

entschuldige bitte dass ich mich so lange nicht gemeldet hab. In den letzten Monaten ist viel passiert. Und ich wollte dich einfach mal auf den neusten Stand bringen. Ich habe mir Hilfe gesucht aber nicht beim Psychologen oder Therapeuten, sondern beim Streetworker. Hatte mit der Streetworkerin letzte Woche ein langes Gespräch. Und war mir danach auch noch nicht sicher, ob es eine gute Entscheidung war. Aber nachdem ich eine sehr ausdrucksstarke Diskussion mit meiner Mutter hatte, bin ich mir noch mal mehr sicher, dass ich die Hilfe annehmen werde. Werde mich auch nochmal im Laufe der Woche mit ihr treffen. Hoffe es bringt etwas und ich kann somit den Gang zum Psychologen vermeiden. Denn diese Vorstellung ist immer noch der absolute Horror … :/ 

MfG Leyla 

Liebe Leyla,

schön, dass Du Bescheid sagst. (…) Ich empfinde es als sehr verantwortungsvoll von Dir, dass Dir vor Ort Hilfe gesucht hast. Echt super! Auch die Streetworker sind psychologisch geschult und können Dir meiner Einschätzung nach sicher ein Stück weiterhelfen. 
Du schreibst auch, dass Du eine heftige Diskussion mit Deiner Mutter hattest und dass dies auch den Ausschlag gab, dich dafür zu entscheiden, die Hilfe der Streetworker anzunehmen. Ich denke, zum Psychologen kannst Du immer auch noch später mal gehen, falls es nötig sein sollte. Diese Option steht Dir immer offen. Aber vielleicht ist das ja eine gute Sache dort bei den Streetworkern. Einen Versuch zu wagen ist es auf jeden Fall wert. Und ob es eine gute Sache ist, kannst du immer auch daran merken, ob sich einigermassen ein Vertrauensverhältnis zwischen Dir und der Streetworkerin aufbaut. Ich wünsche es Dir von ganzem Herzen. 
Ich freue mich für Dich, dass Du fürs erste eine Lösung gefunden hast. Wenn Du möchtest, kannst du jetzt den abschliessenden Fragebogen ausfüllen. Ich schicke Dir unten den Link. Du kannst mir auch danach bei Bedarf jederzeit wieder schreiben, wenn Du möchtest oder wenn Du Fragen hast. Ich würde mich freuen, wenn Du mir wieder schreibst, wenn die Hilfe bei der Streetworkerin abgeschlossen ist und mir davon berichtest. 
Ich wünsche Dir eine gute Zeit und alles Gute für Dich. 

Liebe Grüsse Luci 


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