Asthma bei Kindern? Kein Grund zur Panik
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Wenn Eltern erfahren, dass ihr Kind Asthma hat, ist das meist ein Schock. Dank moderner Therapiemöglichkeiten ist Asthma aber heute so gut behandelbar, dass die meisten Betroffenen beschwerdefrei leben können.
Was versteht man unter Asthma?
Vor allem durch das episodenhafte Auftreten, unterbrochen durch beschwerdefreie Phasen, unterscheidet sich Asthma von anderen Lungenerkrankungen wie etwa der chronisch obstrukiven Lungenerkrankung COPD oder Bronchitis.
Hier wird der eingeatmete Sauerstoff aus der Luft ins Blut abgegeben und verbrauchte Luft in Form von Kohlendioxid zum Ausatmen wie der zurück in die Lunge transportiert. Damit das Ein- und Ausatmen einwandfrei funktioniert, müssen die Wege von der Luftröhre bis zu den Lungenbläschen frei sein.
«Bei Asthma aber reagieren die Bronchien auf bestimmte Reize mit einer Entzündungsreaktion, was dazu führt, dass die Atemwege anschwellen und sich dadurch verengen», erklärt Jürg Hammer. «Zusätzlich sondern die Schleimhäute zähen Schleim ab, der schwer abgehustet werden kann, und die Muskulatur der Bronchien verkrampft sich.»
«Ein Anfall klingt in der Regel von selbst wieder ab, kann aber auch zum lebensbedrohlichen Notfall werden.»
Jürg Hammer, Pneumologe.
«Ein Asthmaanfall klingt in der Regel von selbst wieder ab, kann in schweren Fällen aber auch zum lebensbedrohlichen Notfall werden», erklärt der Pneumologe. «Wird Asthma nicht behandelt, verschlimmern sich die chronischen Entzündungen in den Bronchien, was dauerhaft zu Langzeitschäden am Lungengewebe und damit zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion führen kann.»
Verantwortlich für die Entstehung von Asthma sind überempfindliche Bronchien, die auf an sich harmlose Reize reagieren, die bei Gesunden ohne Folgen bleiben. Warum das Bronchialsystem mancher Menschen so übersensibel reagiert, ist bis heute nicht vollständig geklärt. «Wir gehen davon aus, dass die Genetik, also die Vererbung, bei der Entstehung von Asthma eine wichtige Rolle spielt», sagt Jürg Hammer. «So haben Kinder, deren Vater oder Mutter Asthmatiker sind, eine höhere erbliche Veranlagung, ebenfalls ein Asthma zu entwickeln als Kinder, in deren Familie keine Asthmaerkrankung vorkommt.»
Allergisches und nichtallergisches Asthma
«Typische Beispiele von Auslösefaktoren für ein allergisches Asthma sind Blüten und Gräserpollen, Tierhaare, der Kot von Hausstaubmilben oder auch Schimmelpilzsporen», erklärt Jürg Hammer. «Virale und bakterielle Infekte zählen dagegen zu den Auslösern für ein nichtallergisches Asthma.» Häufig gibt es aber auch Mischformen, bei denen die Kombination mehrerer Reize zusammen zu Asthma führt.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Asthma und Allergien?
«Bei Kindern im Schulalter stehen vor allem Infekte und körperliche Anstrengung wie Sport, Rennen und Herumtollen als Asthmaauslöser im Vordergrund», betont Jürg Hammer. «Fast immer spielen aber auch Allergien eine Rolle.» Sehr viele Kinder mit Asthma sind auch Allergiker. Dabei kann es zu einem sogenannten Etagenwechsel kommen, wenn Kinder, die etwa auf Pollen mit Heuschnupfen reagieren, später auf dasselbe Allergen auch Asthmabeschwerden entwickeln.
Die Diagnose einer Asthmaerkrankung bei Kindern ist nicht ganz einfach und erfolgt in mehreren Schritten. «Besteht der Verdacht auf eine Asthmaerkrankung, wird der zuständige Kinderarzt zuerst eine ausführliche Anamnese durchführen», erläutert Hammer. «Das ist ein Arzt-Patienten-Gespräch, das der Arzt in der Regel zusammen mit den Eltern führt.» Dabei wird unter anderem nach Art, Dauer, Zeitpunkt und Häufigkeit der Beschwerden gefragt sowie nach möglichen anderen bestehenden Allergien sowie Allergie- und Asthmavorkommen innerhalb der Familie.
Mit einer Lungenfunktionsprüfung wird der Zustand und die Leistungsfähigkeit der Lunge gemessen.
«Da bei der Lungenfunktionsprüfung die Mitarbeit des Patienten besonders gefragt ist, gilt die Messung aber erst etwa ab dem späten Vorschul- bis Schulalter als wirklich zuverlässig», betont der Lungenfacharzt Jürg Hammer. In der Regel wird noch ein Allergietest auf der Haut durchgeführt, um herauszufinden, ob bereits eine Sensibilisierung, also eine noch symptomlose Vorstufe zur Allergie, im Körper stattgefunden hat. Alternativ können mit einem Bluttest auch spezifische Antikörper nachgewiesen werden.
Zwei Arten von Medikamenten
Für die medikamentöse Therapie stehen grundsätzlich zwei Arten von Medikamenten zur Verfügung, Langzeitmedikamente und Bedarfsmedikamente. Der Arzt spricht dabei auch von Controllern und Relievern. «Controller sind Langzeitmedikamente, die dauerhaft eingenommen werden müssen, um die chronischen Entzündungsprozesse der Atemwege langfristig abzuschwächen», erklärt der Arzt Jürg Hammer. «Asthmaanfälle und -symptome treten dadurch seltener und weniger heftig auf.»
«Reliever sind Bedarfsmedikamente, die nur bei akuten Beschwerden eingesetzt werden, um die verengten Atemwege rasch wieder freizubekommen», sagt der Spezialist Hammer. «Reliever werden ebenfalls als Spray inhaliert und können auch vorbeugend eingenommen werden, wenn beispielsweise eine besondere körperliche Belastung ansteht.»
Jedes Asthma ist anders. Manche Kinder haben mehrmals täglich Beschwerden, andere dagegen nur alle paar Wochen. «Für Wahl und Dosis der Asthmamedikamente spielt aber nicht nur der Schweregrad der Erkrankung eine Rolle, sondern auch, wie gut das Kind auf die gewählte Therapie anspricht», erklärt Jürg Hammer. «Deshalb muss der Erfolg der Behandlung in regelmässigen Abschnitten überprüft und die Dosis der Medikamente entsprechend flexibel nach oben oder unten angepasst werden.»
Das geschieht stufenweise, immer mit dem Ziel, nur so wenig Medikamente einzusetzen wie nötig, um die grösstmögliche Beschwerdefreiheit zu erzielen. Wurde dieses Ziel erreicht, spricht der Arzt oder die Ärztin von einem «gut kontrollierten Asthma». Zeigen sich dagegen wieder vermehrt Symptome, spricht man von einem «unkontrollierten Asthma», bei dem die Medikation wieder entsprechend heraufgesetzt werden muss.
Haben Sie den Notfallplan immer zur Hand!
Asthma ist zwar eine ernst zu nehmende chronische Erkrankung. Dank moderner Therapiemöglichkeiten gilt Asthma heute aber nicht mehr als lebenseinschränkend. «Gut kontrolliert können Kinder mit Asthma grundsätzlich alles machen, was gesunde Kinder auch machen», betont Jürg Hammer: «Selbst Leistungssport ist möglich.»
«Die Hälfte der betroffenen Kinder werden in der Jugend- bis zum jungen Erwachsenenalter beschwerdefrei.»
Jürg Hammer
Ergänzende Verhaltensmassnahmen – was Sie selbst tun können
Ergänzend zur medikamentösen Therapie können Betroffene durch richtiges Verhalten selbst viel zum Therapieerfolg beitragen:
- Auslöser meiden: Alles, was die Bronchien Ihres Kindes reizt, verschlimmert die Beschwerden. Versuchen Sie deshalb Ihr Kind anzuleiten, mögliche Asthmaauslöser wie bekannte Allergene, Zigarettenrauch usw. konsequent zu meiden. Leider ist das nicht immer möglich. «Insbesondere bei Allergenen, denen man schwer ausweichen kann, wie Gräserpollen, kann es Sinn machen, eine sogenannte Desensibilisierung durchführen zu lassen», betont Asthmaexperte Jürg Hammer. «Dabei wird das Immunsystem nach und nach an das Allergen gewöhnt.» Darüber hinaus rät er Betroffenen, sich regelmässig gegen Grippe impfen zu lassen, da Infekte ebenfalls eine schwere Verschlimmerung der Beschwerden hervorrufen können.
- Sport und Bewegung: Früher wurden Kinder mit Asthma in der Schule vom Sportunterricht befreit. Heute weiss man, dass Sport und regelmässige körperliche Aktivität gerade auch für Asthmatiker gesund und wichtig sind. Denn Sport stärkt auch bei Asthmatikern die Lungenfunktion und hilft nachweislich, das Asthma besser kontrollieren zu können. «Da körperliche Anstrengung aber auch einen Anfall auslösen kann, sollten Asthmatiker darauf achten, sich vor dem Training ausreichend aufzuwärmen und vorbeugend bronchienerweiternde Medikamente zu inhalieren», rät Hammer.
- Atemtechniken: Droht ein Asthmaanfall, können bestimmte Atemtechniken helfen, besser Luft zu bekommen. Als hilfreich gilt z.B. die sogenannte Lippenbremse, bei der die Luft hörbar durch die locker aufeinander liegenden Lippen ausgeatmet wird. Auch bestimmte Körperhaltungen können bei beginnender Luftnot helfen, die Atmung zu erleichtern. Speziell für Lungenkranke entwickelt ist auch das Atemtraining Buteyko, bei dem Asthmakranke lernen, dauerhaft weniger tief einzuatmen. Diese Technik soll helfen, die Beschwerden so effektiv zu lindern, dass deutlich weniger bis gar keine Medikamente mehr benötigt werden.
- Asthma-Patientenschulung: Für kleine Asthmapatienten, deren Diagnose frisch gestellt wurde, gibt es ausserdem spezielle Patientenschulungen, in denen Kinder zusammen mit ihren Eltern lernen, wie sie mit der Krankheit im Alltag besser umgehen können. Neben dem richtigen Inhalieren und Medikamentenschulungen wird hier auch Hintergrundwissen zur Krankheit kindgerecht vermittelt. Die Kurse werden von der Schweizer Lungenliga angeboten und können vom Arzt verordnet werden.
Hier finden Betroffene Hilfe:
www.lungenliga.ch > Asthma bei Kindern
Schweizerische Gesellschaft für pädiatrische Pneumologie
www.sgpp-sspp.ch
Allergiezentrum Schweiz
www.aha.ch > Info zu Allergien > Asthma
Zur Autorin:
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