Zu Hause sagte sie mir, sie wolle auf keinen Fall mit mir gesehen werden, und wenn, dann so, dass ich als Mutter nicht erkennbar wäre. Ich sei für sie der allergrösste ‹Schämer›. Da musste ich schon ein paar Mal leer schlucken.
Noch heute ist es ihr super peinlich, wenn wir zum Beispiel zusammen Zug fahren und von ihren Kolleginnen gesehen werden. Da fordert sie mich auf, das Abteil zu wechseln.
Dass ich plötzlich so etwas wie inexistent wurde, macht mir manchmal zu schaffen. Man ist nicht mehr wichtig, fühlt sich klein. Plötzlich sagt das Kind, das eben noch klein war, zu einem: ‹Geh weg! Ich will dich nicht mehr sehen›, und stösst einen auch physisch weg von sich. Das ist sehr hart. Alles, was man als Mutter über die Jahre hinweg geleistet hat, ist nichts mehr wert.
Was mich rettet, ist meine Arbeit als Oberstufenlehrerin. Da weiss ich, wie wichtig es ist, dass Kinder sich in der Pubertät abgrenzen, da kenne ich Stimmungsschwankungen und grobe Äusserungen. Sonst wäre ich sicher in ein Loch gefallen.
Jetzt, wo sie ein bisschen grösser sind, empfinde ich es als sehr anstrengend, die Kinder gehen zu lassen, die Augen zu schliessen und einfach zu denken: ‹Es kommt schon gut›. Auch wenn ich sehe, in was hineinzurasseln sie gerade im Begriff sind. Aber ich weiss, sie müssen Fehler machen, um sich zu finden.»