Wer zahlt im Falle einer Scheidung? Und wie viel?

Seit dem 1. Juli dieses Jahres ist der Zivilstand der Eltern für die
elterliche Sorge und die Unterhaltspflicht im Falle einer Trennung
unerheblich – das verändert einiges. Ein Überblick.
Die Beziehung der Eltern kriselt seit längerer Zeit. Sie möchten sich trennen, machen sich aber Sorgen darüber, wie sie die Mietkosten für eine zweite Wohnung und das Geld für den Lebensunterhalt von Mara aufbringen können, sowie darüber, wer künftig die Hausaufgabenhilfe für Elias übernimmt, falls die Mutter ihr Arbeitspensum als Primarschullehrerin erhöhen müsste.
Ein Betreuungsunterhalt
verhindert eine Aufstockung
des Arbeitspensums.
Der Anspruch des Kindes auf Pflege und Betreuung soll mit der Leistung des Betreuungsunterhalts umgesetzt und gewährleistet werden, indem der betreuende Elternteil die Möglichkeit hat, weiterhin zu Hause präsent sein zu können und nicht sein Arbeitspensum aufstocken zu müssen. Doch lassen Sie mich vorne beginnen. Alle Eltern haben ihren Kindern
gegenüber eine umfassende Unterhaltspflicht. Das ist ihre Verantwortung und die Kehrseite ihres elterlichen Sorgerechts. Recht und Pflicht begründen sich mit dem rechtlichen Kindesverhältnis. Egal also, ob die Eltern von Elias, Anna und Mara verheiratet sind oder nicht, die Kinder haben kraft des Kindsverhältnisses einen Anspruch auf Unterhalt.
Das ist eine beachtliche Rechtsentwicklung: Der Zivilstand der Eltern ist für die gemeinsame elterliche Sorge (seit 1. 7. 2014) und die Unterhaltspflicht (nun seit 1. 1. 2017) unbedeutend geworden.
Individuelle Ansprüche
Angenommen, Anna kann künftig auf einem grossen Hof ihre Lehre antreten, erhält dort neben Kost und Logis einen Lehrlingslohn und verdient sich mit zusätzlichem Reitunterricht, den sie erteilt, einiges dazu, könnte es theoretisch sein, dass sie selbständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen kann. Auf jeden Fall müssten die Eltern ihre teuren Reitstunden nicht mehr bezahlen. Das Recht auf Kindesunterhalt kann unter Umständen auch über
die Volljährigkeit hinaus bestehen. Dann, wenn es sich beispielsweise um eine Erstausbildung handelt wie im Falle von Mara, die für die nächsten vier Jahre studieren und in Zürich leben wird.
Das Recht auf Kindesunterhalt
kann auch über die
Volljährigkeit hinaus bestehen.
Die persönlichen Betreuungsleistungen wie Pflege und Hausaufgabenhilfe werden bei einer Trennung praktisch aber oft alleine (und deshalb besonders intensiv) von jenem Elternteil erbracht, unter dessen Obhut die Kinder stehen. Der andere Elternteil kommt dann seinen
Unterhaltspflichten vor allem durch Geldleistungen nach.
Wie hoch ist ein Betreuungsunterhalt?
Er hat festgehalten, dass die Lebenshaltungskosten der betreuenden Person gedeckt sein sollen. Was sind Pflege und Betreuung wert? Wie viel die Unterstützung bei der Hausaufgabenhilfe oder das Küchengespräch beim Zvieri? Ist oder soll die Hausaufgabenhilfe eines Elternteils in Poschiavo anders bewertet werden als die in Zürich?
Unverheiratete Väter ohne
Betreuungsaufgaben
sind die Hauptbetroffenen
der neuen Regelung.
In der Literatur werden derzeit laufend Ansätze vorgeschlagen und diskutiert. Das Zürcher Obergericht hat einen Leitfaden herausgegeben, der die «Lebenshaltungskosten», die durch den Betreuungsunterhalt zu decken wären, am betreibungsrechtlichen Minimum ausrichten will. Mit der Zeit wird es die Rechtsprechung des Bundesgerichts richten müssen und richten. Der nacheheliche Unterhalt besteht in Geldleistungen an die geschiedene Ehegattin beziehungsweise den geschiedenen Ehegatten, weil dieser/diese nach Beziehungsende in seiner/ihrer Kapazität zur Eigenversorgung eingeschränkt ist, aufgrund gemeinsam entschiedener Aufgabenteilung, der Dauer der Ehe, des Alters, der Berufsbildung und -entwicklung.
Nachehelicher Unterhalt dient dem Schutz der Ehegatten nach der Ehe, der Kindesunterhalt dem Schutz des Kindes.
Partnerschaften nicht.
Ziel des Kindesunterhalts ist dagegen der Schutz des Kindes. Im Fall des Betreuungsunterhalts ist das Kind berechtigt, im Fall des nachehelichen Unterhalts ist es der (ehemals) betreuende Elternteil. Das zeigt, dass beide Unterhaltsarten nicht vermischt und auch nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Die Frage, wann einem geschiedenen Elternteil die Erwerbstätigkeit zur Eigenversorgung zugemutet werden kann, ist eine Frage, die den nachehelichen Unterhalt betrifft, nicht den Betreuungsunterhalt.
Das Kindesunterhaltsrecht in Kürze
- Das Kindesinteresse steht im Zentrum.
- Der Kindesunterhalt steht dem Kind persönlich zu.
- Der Kindesunterhalt ist unabhängig vom Zivilstand der Eltern.
- Der Kindesunterhalt richtet sich nach dem Bedarf des Kindes; unter Umständen auch über die Volljährigkeit hinaus.
- Der Betreuungsunterhalt wird als Teil des Kindesunterhaltes anerkannt.
- Der Kindesunterhalt geht anderen familienrechtlichen Verpflichtungen vor.
Zur Autorin:
Studie zum Umgang mit ADHS» am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. Sie beschäftigt sich mit Kinderrecht und Fragen der Selbstbestimmung von Patienten.