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Fritz+Fränzi in Corontäne
Bilder: zVg
Nik Niethammer, Chefredaktor. Sohn 10, Tochter 8 Jahre alt.
Meine kleine Tochter fragt: «Papa, müssen wir jetzt alle sterben?» Ich bleibe ruhig, erkläre, warum die Schulen geschlossen sind und wir alle zu Hause bleiben müssen. Ich versuche, die Nerven zu behalten, entschuldige mich, dass ich in diesen Tagen ziemlich gestresst bin, auch am Samstag und Sonntag gearbeitet habe. Beide Kinder nicken, aber sie verstehen es nicht.
Was sind das für verstörende, beängstigende Zeiten, wo bereits der Besuch beim Grossmani zur Hochrisikveranstaltung wird. Eine Naturkatastrophe in Zeitlupe, nannte ein Forscher die Corona-Krise. Ein Stresstest für die Familie, wie ihn niemand von uns in diesem Ausmass je erlebt hat.
Wir alle müssen auf nichts weniger als auf unseren Alltag verzichten. Auf soziale Kontakte, auf Umarmungen und Berührungen. Wie lange halten wir das durch?
Mein Frau ist Reisejournalistin, in diesen Tagen würde sie auf Mallorca drehen. Der Dreh ist abgesagt, alle Produktionen der nächsten Monate auf unbestimmte Zeit verschoben. Von 100 auf 0 in wenigen Tagen. In die Freude, dass wir als Familie zusammen sind, mischen sich Sorgen: Keine Arbeit – kein Einkommen.
Arbeiten im Home Office heisst: Man setzt sich mit dem Kind hin und fragt die 9er Reihe ab. Zurück am Rechner hängen 13 Mails im Postfach.
Die Krise hat uns mit voller Wucht getroffen. Jetzt stellt sich zum ersten Mal etwas Langsamkeit ein. Was also bleibt nach einer Woche im Ausnahmezustand? Die Hoffnung, dass das Virus auch gute Seiten in uns Menschen hervorholt. Dass unsere Gesellschaft solidarisch gestärkt, achtsam und wenigstens ein bisschen entschleunigt aus der Krise kommt.
Und dass das Gute siegt.
Andrea Widmer, Fundraising. Zwei Töchter, 8 und 6 Jahre alt.
Momentan getraue ich mich noch gar nicht, an Normalität zu denken. Aber wenn sie dann da ist, dann freue mich wohl am allermeisten auf einen Sprung in den Zürichsee! Aber ich bin mir irgendwie sicher, dass es ein «vorher» und ein «nachher» geben wird und unsere Normalität – wenn sie dann wieder eingekehrt ist – anders aussehen wird als noch Anfangs 2020.
Corina Sarasin, Sales Managerin
Hanna Lauer, Onlineredaktorin
Evelin Hartmann, stellvertretende Chefredaktorin. Zwei Mädchen, 4 und 7 Jahre alt.
Nach dieser Stunde lassen wir es erst einmal gut sein und die Kinder spielen. Noch können wir die beiden zu benachbarten Familien geben, einem übersichtlichen Kreis, von dem wir wissen, dass er seinen Radius ebenso eingeschränkt hat wie wir.
Was mir aus dieser Zeit in Erinnerung bleiben wird? Auf jeden Fall die Titelmusik von Pippi Langstrumpf. Dieses Hörspiel läuft bei uns Stunde um Stunde – der Soundtrack unserer Tage.
Dominique Binder, Verlagsadministration
Florina Schwander, Leitung Onlineredaktion. Eine Tochter, bald 6, und Zwillingsjungs, 4 Jahre alt.
Ich denke, meine Kinder werden die Corona-Zeit, oder «das doofe Colonawilus», wie die Jungs es nennen, ähnlich in Erinnerung behalten wie es bei mir Tschernobyl war. Ich habe danach jahrelang keine Milch getrunken, weil ich mir immer vorstellte, wie die Kühe damals doch das verseuchte Gras gegessen haben. So in etwa werden meine Kinder wohl über das Händewaschen denken in 40 Jahren.
Mein Mann und ich sind beide zuhause und versuchen uns abwechselnd zu verschanzen im Bed Office, unser Schreibtisch steht nämlich jetzt im Schlafzimmer, um dann sofort den Schalter umzulegen und mit den Kindern etwas zu unternehmen – und sei das nur Fangis von Sofa zu Sofa. Diesen Schalter umzulegen ist nicht immer einfach, doch wir haben gemerkt, mit kleinen Kindern kann man die Arbeit nicht gut einplanen. Manchmal ergibt es sich, manchmal nicht. Und so holen wir die versäumte Arbeit oft abends nach, wenn die Kinder schlafen, das geht bei unseren Jobs zum Glück.
Ich setze mich oft mit meinen Notizen ans Pulteck der Kinder, ab und zu «grümschelet» so jeder zufrieden etwas vor sich hin. Solche Momente berühren mich.
So versuche ich, so geduldig wie möglich mit ihnen und mir zu sein und den neuen Familienalltag zu geniessen, so gut das geht. Und freue mich darauf, wenn das Händewaschen einfach wieder Händewaschen ist und nichts weiter.
Claudia Landolt, leitende Autorin. Vier Kinder zwischen 8 und 15 Jahren.
Ich hoffe fest, dass wir alle gesund bleiben. Aber dann, wenn die Gedankenspirale sich dreht und dreht, besinne ich mich auf meinen Yoga – und vertraue. Ich sehe, wie meine Kinder das neue Jetzt supergut meistern und aufgestellt sind. Dann finde ich zur Freude zurück und bin sehr dankbar.
Auch finde ich es gerade ganz schön, dass meine Kinder so viel zuhause sind, nicht ganz so früh aufstehen müssen wie sonst. Überhaupt muss ich mir nicht mehr vier verschiedene Stundenpläne und tausend verschiedene Freizeitaktivitäten und -termine merken. Die Tage haben sich merklich verlangsamt und meine Kinder haben sich dem neuen Rhythmus schon angepasst. Ich übe noch. Wir gehen jeden Tag mit dem Hund spazieren und kochen oder backen gemeinsam.
Mein Büro und Musikzimmer ist zum zweiten Wohnzimmer geworden. Aufgaben werden an unseren PCs gemacht, gezeichnet an unseren Pulten oder auf dem Sofa, der Hund thront mittendrin und schön aufgeräumt ist längst nichts mehr. Nach zehn Tagen im Ausnahmezustand fühle ich mich als Organisationsqueen und schlage mich selbst zur Ritterin, denn ich habe ich mich daran gewöhnt, dass alle schulischen Aufträge über mein Handy, meine Mail und einer App laufen und ich fortwährend irgendetwas erledigen soll: Aufgaben abholen, Aufträge erteilen, ausdrucken, dieses erklären, damit die Kinder beschäftigt sind, denn Notendruck, Termin- und Prüfungsstress gibt es ja keinen mehr. Zu tun aber trotzdem. In fünf Minuten ein Facetime mit dem Schlagzeuglehrer? Omm. «Mama, was heisst «flair»?, während eines wichtigen Telefonats = Doppel-Omm. «Mama, unser Wlan spinnt!» schreit es von oben. Triple-Omm.
Meine Tipps, damit Home-Officing, Home-Schooling, Home-Haushalting und Home-Bespassungsclowning eben nicht Home-Nervenzusammenbruching ergibt:
- Morgens mit den Kindern in Ruhe frühstücken. Ich stehe viel früher auf, mache Yoga, 15 Minuten Meditation und habe etwas Zeit für mich. Danach: Kaffee schlürfen, durchatmen, die Sorgen ausschütteln
- Vorbereitung: Wer hat heute welche Aufgaben, welche Telefonkonferenzen oder Facetime-Chats? Das definiert den Tag und auch die Essenszeiten.
- Omm. Noch einen Kaffee schlürfen.
- Struktur: Schulzeiten sind fix. Dein Kind hat aber um 10.00 Uhr seine Hochphase? Oder um 12.00 Uhr? Oder abends um 19.00 Uhr? Das gilt es zu beachten, wenn man einen Tagesplan erstellt. Bei uns gilt: Um 8 Uhr gibt’s Zmorge. Jeder hilft bei der Zubereitung, beim Ab- und Aufräumen. Danach kurzes Gassi mit dem Hund. Um 9 Uhr gibts für die Jüngeren myschool auf SRF, dann wird gearbeitet (ich inklusive) bis zum Zmittag, Was gegessen wird, besprechen wir am Zmorge. Auch hier gilt: Wer kocht, muss nicht aufräumen. Und umgekehrt.
- Die Kinder machen eine Mittagspause, ich arbeite durch und erledige Dringliches. Danach spielen sie im Garten oder kommen mit auf eine Runde Waldjogging oder Spazieren mit dem Hund. Ohne Zeitdruck, lieber die Bäume und die erwachende Natur beobachten.
- Musikinstrument spielen, Facetime-Chats mit Lehrern oder der Klasse.
- Kaffee für mich. Durchatmen. Lachen. Kuscheln. Omm.
- Haushalt erledigen, Einkaufen per Velo im kleinen Quartierladen, Aufräumen, Staubsaugen – all dies wird gemeinsam erledigt.
- Ich geh wieder an den Computer, die Kids dürfen frei wählen, sich langweilen, spielen, zeichnen. Einer geht Fotografieren. Der andere bastelt ein Kochbuch. Der dritte hört Musik und liegt rum. Der vierte spielt Basketball vor dem Hauseingang. Freiraum, wie schön bist du!
- Kochen. Essen. Musik hören. Der wunderbare Pianist Igor Levit gibt jeden Abend von 19 bis 20.30 Uhr ein Hauskonzert in seiner Wohnung (zu hören über IGTV). Die ganze Familie hört gebannt zu. Die Magie der Musik … Das ist unser neues, liebgewonnenes Ritual in Corona-Zeiten.
- Bettzeitrituale, Kuscheln, Bücher vorlesen oder mit den Grossen auf dem Sofa quatschen: Auch dafür haben wir nun, da sämtliche Sportaktivitäten und abendliches Büffeln für Prüfungen auf Eis gelegt wurden, viel mehr Zeit.
- Wir gehen alle viel, viel früher ins Bett. Lesen. Ein Buch, keine News. Dankbarkeit. Hoffnung.