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09. Juli 2021
«Hilfe, meine Tochter ist rotzfrech!»

Barbara, 48, Biel BE
Lesedauer: 2 Minuten
Eine Frage – drei Meinungen
Unsere Tochter, 14, ist mir gegenüber rotzfrech. Wir geraten beinahe täglich aneinander, weil sie rummotzt, Forderungen stellt und sich für alles dreimal bitten lässt. Wenn sie nicht gerade die ganze Familie terrorisiert, hockt sie in ihrem Zimmer und tippt auf ihrem Smartphone rum. So extrem habe ich mir die Pubertät nicht vorgestellt. Ich muss mich richtig zusammenreissen, dass ich nicht komplett ausflippe.
Das sagt unser Expertenteam dazu:
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Stefanie Rietzler
Das klingt nach einer sehr anstrengenden, kräfteraubenden Phase für die ganze Familie! Es ist emotionale Schwerstarbeit, sich in solchen Momenten immer wieder neu auf das Kind einzulassen und trotz allem in Beziehung zu bleiben. Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie in dieser Zeit gut für sich selbst sorgen können: dass Sie Freundschaften, Hobbys und kleine Rituale im Alltag pflegen, die Ihnen guttun, dass Sie es sich erlauben, auch eigene Ziele zu verfolgen – und damit Möglichkeiten finden, Ihren Energietank regelmässig wieder aufzufüllen. -
Peter Schneider
Es handelt sich bei diesem Verhalten um eine raffinierte Massnahme der Natur (Evolution!): Sorgt das Kindchenschema anfangs dafür, dass wir die kleinen Schreihälse trotzdem kosen, wickeln und füttern, so dient das spätere Pubertätsverhalten dazu, dass es uns leichter fällt, die Kinderlein ohne jede Reue auch wieder ziehen zu lassen. Bis dahin muss man es aushalten und sich an den wenigen ruhigen Momenten erfreuen. Die Zeit, bis es so weit ist, ist schwer auszuhalten, ich weiss. Sie dürfen/können/müssen sich natürlich auch zur Wehr setzen, wenn Ihnen die Motzerei zu bunt wird. Aber steigern Sie sich trotzdem nicht hinein, sondern bleiben Sie so cool es halt geht. Es geht halt nicht immer. Auch das ist okay. -
Nicole Althaus
Das Einzige, das mir in den schlimmsten Phasen der Pubertät meiner Töchter wirklich geholfen hat, war ein Perspektivenwechsel. Ich habe mir vorgestellt, das, was sich gerade in meiner Küche abspielt, sei eine Episode in einer unterhaltsamen Netflix-Serie. Oft hat sich der Ärger dann in Amüsement aufgelöst. Denn der Perspektivenwechsel gibt einem die nötige Distanz zum Geschehen. Forderungen müssen im Übrigen nicht einfach erfüllt werden, schon gar nicht, wenn die Tochter ihre Pflichten nicht erledigt. Und nicht vergessen: Das weibliche Vorbild zu sein, an dem sich die Tochter reibt, ist eine undankbare Rolle. Aber eine äusserst wichtige. Tröstlich ist die eigene Erfahrung: Was fand ich meine Mutter mit 15 blöd, und wie dankbar bin ich ihr heute, dass ich sie blöd finden durfte, ohne ihre Liebe zu verlieren.
Das Expertenteam:
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