Wie reden wir mit unserem Teenie über Pornos?
Oder: Was tun, wenn der Freund der Tochter zum ersten Mal über Nacht bleibt? Wir beantworten diese und drei weitere Fragen zu Liebe und Sexualität aus unserem grossen 100-Fragen-Dossier.
1. Darf man sein Kind auf den Mund küssen?
Dieses Küssen kann ein Missbrauch sein, aber auch ein «harmloses» Ritual. Wenn dieses Ritual von beiden Seiten gewollt ist, besteht kein Grund, es zu unterlassen. Die Frage ist nur, welche Möglichkeiten ein Kind hat, sich dagegen zu wehren – falls es von ihm her nicht gewünscht ist. Denn Kinder kooperieren fast immer mit ihren Eltern.
Caroline Märki, Elterncoach
2. Der Sohn hat seinen ersten Samenerguss resp. die Tochter ihre erste Menstruation. Wie verhält man sich als Eltern?
Es ist für ein Kind einfacher, mit dieser neuen Situation umzugehen, wenn es von seinen Eltern erfährt, dass dies völlig normal, gesund und deshalb erfreulich ist. Je natürlicher die Eltern damit umgehen, desto leichter wird dies auch für das Kind sein.
Beantworten Sie bei der ersten Menstruation respektive dem ersten Samenerguss alle Fragen des Kindes – aber halten Sie keinen Vortrag.
Sarah Zanoni, Psychologin
Gerade bei der ersten Menstruation kann ein Mädchen überfordert sein, vor allem, wenn es diese sehr jung bekommt und noch kaum andere Mädchen aus seinem Umfeld kennt, die auch schon so weit sind. Frust, Angst oder Wut können auftauchen. Da ist es sinnvoll, der Tochter einfühlsam zuzuhören und Mut zu machen. Und ganz unaufgeregt genügend Damenbinden in der Toilette hinzulegen und zu erklären, wie sie benutzt werden. Auch darf man allfällige Begleiterscheinungen wie etwa Bauchweh erwähnen – und was man dagegen machen kann.
Weitere Tipps zur ersten Menstruation:
Wenn ein Sohn seinen ersten Samenerguss bekommt, sollte ebenfalls einfühlsam, natürlich und gelassen damit umgegangen werden. Sich darüber lustig zu machen, wäre alles andere als hilfreich. Oft findet dieses erste Mal bereits im Alter von etwa neun Jahren statt – da nehmen es viele Jungs ganz natürlich hin und viele Eltern erfahren gar nichts davon.
Beantworten Sie alle Fragen, die Ihr Kind zu diesen Themen hat, und freuen Sie sich, wenn es damit zu Ihnen kommt. Aber halten Sie nicht gleich einen Vortrag: Kinder fragen immer nur so viel, wie sie auch verarbeiten können.
Sarah Zanoni, Pädagogische Psychologin
3. Mein Kind macht gerade seine ersten sexuellen Erfahrungen. Soll ich mit ihm darüber reden?
Wenn es sich so ergibt, unbedingt. Aber ich würde ein solches Gespräch nicht forcieren.
Caroline Märki, Elterncoach
4. Wie sollen Mütter und Väter mit ihrem heranwachsenden Kind über Sexualität und Pornografie sprechen?
Egal, ob Mädchen oder Junge, die Themen sind dieselben, und die Botschaft muss immer lauten: Sex ist toll! Sexuelle Neugier ist natürlich. Und sie sollten ihren Kindern ganz klar sagen: «Porno ist etwas anderes als realer Sex. Wenn du das anschaust, wirst du nicht sofort pornosüchtig oder sexuell gestört. Aber du musst darüber nachdenken, was du guckst und was das mit dir machen kann.»
Vom Kiffen wird man ja auch nicht gleich heroinsüchtig, aber man sollte die Gefahren von Drogen kennen. Wir wissen, dass uns alles, was wir gucken, beeinflusst. Warum sollte es sonst eine so erfolgreiche Werbeindustrie geben?
Peggy Orenstein, US-amerikanische Journalistin und Autorin des Bestsellers «Girls & Sex – Was es bedeutet, in der Gesellschaft von heute erwachsen zu werden»
5. Der Besuch der Tochter oder des Sohnes ist zum ersten Mal über Nacht geblieben. Wie verhält man sich am Morgen danach im Badezimmer?
Man begrüsst sich. Danach macht man dem Sohn oder der Tochter klar, dass das eigene Zuhause keine Absteige und kein Hotel ist. Das heisst, man hat als Eltern das Recht, im Vorfeld zu erfahren, wen die Tochter oder der Sohn nachts mit nach Hause bringt, damit es am Morgen eben nicht zu peinlichen Situationen im Badezimmer kommt.
Allan Guggenbühl, Gewaltexperte