So viel mehr als nur ein Hund - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

So viel mehr als nur ein Hund

Lesedauer: 4 Minuten

Sunny feiert seinen ersten Geburtstag. Also eigentlich feiern nur die anderen. Sunny weiss kaum, wie ihm geschieht, denn er ist ja «nur ein Hund». Aber sagen Sie das ja nicht zu laut, wenn Hundemama Ulrike Légé in der Nähe ist. Sie hat da nämlich eine ganz andere Theorie.

Ich hatte mir immer geschworen, nie würde ich so ein vermenschlichendes Gedöns um unseren Hund machen. Schon gar nicht zu seinem Geburtstag. Wie albern – so ein Tier kapiert das doch gar nicht! Unser Hund würde einfach nur ein Tier sein. Ein pupsendes, schwanzwedelndes, felliges Tier. Nie würde ich ihn «Schatzeli» nennen. Oder «Schnuffelwuff». Am allerwenigsten «Fellnase» – wo doch die Nase ganz eindeutig eins seiner wenigen Teile ohne Fell ist.

Das war bevor wir Sunny, unseren karamellfarbenen Labradoodle, bekamen. Jetzt, ein knappes Jahr später, stehe ich in der Küche und von meinen Händen tropft ein klebriger, glibberiger Pamps. Hundefutter aus der Dose. Ich würde das gerne in einen schönen runden Kuchen verwandeln, mit herzigen knochenförmigen Biskuits zur Deko rundherum. Ohne Kerze, denn pusten kann er ja nicht. Ein Geburtstagskuchen, denn unser Sunny wird ein Jahr alt.

Happy Birthday Sunny. Dein Kuchen sieht zwar nicht so schön aus, aber lecker ist er!
Happy Birthday Sunny. Dein Kuchen sieht zwar nicht so schön aus, aber lecker ist er!

Leider stürzt der Kuchen immer wieder zu einem Wabbelhaufen zusammen. Dafür haben aber wir ein wunderschönes Geschenk für ihn: Eine Schnüffeldecke, die unsere Freundin Regine selbstgenäht hat. Aus festem Stoff und alten Jeans, mit vielen Taschen zum Gudeli-Verstecken und Suchen. Singen werden wir natürlich auch. Ja, hallo – so einen besonderen Tag muss man schon richtig feiern!

Ich könnte ja behaupten, nur die Kinder hätten auf der Hunde-Geburtstagsfeier bestanden. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Fakt ist: Wir haben alle dazugelernt. Sunny wedelt und pupst sich seit letztem Jahr fellig durch unser Familienleben, er ist also ein echter Hund. Und gleichzeitig ist er noch so viel mehr geworden für uns als «einfach nur ein Tier»

1. Unser Hund, der Ehetherapeut

Wir haben durchaus unsere Höhen und Tiefen, mein Mann und ich. Aber als ich das erste Mal sah, wie er seine 1,90 Meter in die Hundebox faltete, um sich zu einem heulenden Welpen zu legen, da habe ich mich erneut verliebt. Er macht das jetzt jeden Abend und schwört, dass der Hund viel besser schläft, wenn er ihm vorher «Schlaf Sunny, schlaf» singt. Ich habe einen wunderbaren Mann geheiratet! Unsere allabendlichen Hundespaziergänge sind an Romantik nicht zu übertreffen: Nur er und ich und ein selig-schnüffelnder Sunny laufen bei Sonnenuntergang über die Felder … über die Gaggibeutel und das nötige Aufsammeln kann man ja hinwegsehen.

2. Unser Hund, der Seelentröster

Wer immer in unserer Familie grossen Kummer hat, fängt nicht mehr an zu heulen, zu brüllen, Spielsachen zu schmeissen oder Frust-Schoggi zu essen. Nein, wir alle gehen direkt zu dem grossen grauen Hunde-Tagesbett. (Eine unserer vielen Neuanschaffungen für den Hund, denn natürlich braucht er so etwas). Dort vergraben wir unsere Nase in das seidigweiche goldene Lockenfell von Sunny. Wir schauen in seine verständnisvollen grünbraunen Augen. Lassen uns von ihm über die Wange schlecken. (Eine der vielen Hunde-Regeln, die wir brechen, denn natürlich hat er keine Würmer. Sunny doch nicht.) Und wir wissen: Alles wird wieder gut.

3. Unser Hund, der Staubsauger

Nie war es unter unserem Esstisch so sauber wie jetzt. Wir haben uns wirklich Mühe gegeben, unsere Kinder zu manierlichen Essern zu erziehen, die nicht kleckern und nichts fallen lassen. Und sind damit, wie mit so vielen anderen Zielen, gescheitert. Unter unserem Tisch hätte man nach jeder Mahlzeit wischen können, aber dazu hat niemand Lust oder Zeit. Jetzt hat Sunny den Job übernommen und macht ihn so fantastisch wie das nur ein Labbi-Mix kann. Es sieht aus wie geschleckt bei uns, ehrlich. Man könnte vom Boden essen. Wenn Sunny nicht schneller wäre.

Ein Blick in diese Augen ... und alle Sorgen sind plötzlich weit weg!
Ein Blick in diese Augen … und alle Sorgen sind plötzlich weit weg!

4. Unser Hund, der Aufräum-Coach

Eine Brille, so säuberlich in die Einzelteile zerlegt, als wäre ein Optiker am Werk gewesen. Wobei Optiker keine Schräublein fressen. Mimi, die Kuschelmaus, ohne ihren langen Mäuseschwanz. (Wie kann Sunny bloss Plüsch verdauen?) Meine Lieblings-Flip-Flops verwandelt in einen Haufen ausgekötzelter Stücke. (Kautschuk verdaut Sunny offenbar nicht.) Noch nie war unser Haus so gut aufgeräumt wie jetzt, wo Sunny auf der Suche nach Beschäftigung durch die Räume tigert. Zumindest wird alles hochgeräumt. Wir lernen eben dazu.

5. Unser Hund, der Netzwerker

Seit wir mit Sunny durchs Quartier spazieren, lernen wir jeden Tag unsere Nachbarn besser kennen. Einfach «Grüezi» nuschelnd vorbeilaufen, das schafft keiner bei unserem Wuschel. Er gibt jedem das Gefühl, sein neuer Lieblingsmensch zu sein. Freut sich wedelnd und schnuffelnd, als treffe gerade seinen besten Freund nach zehn Jahren wieder. Ein «People Magnet» auf vier Beinen. Kleinkinder hören auf zu brüllen und die ältere Grantel beginnen Small-Talk. Sogar unsere Nachbarin, die immer aussieht wie aus dem Ei gepellt, hat unser Sunny um die Pfote gewickelt. Wir waren in Panik, als er laut bellend an ihrer blütenweissen Jeans hochsprang – sie meinte nur: «Jöööh, lassen Sie ihn doch – wie härzig!»

6. Unser Hund, der Weltverbesserer

Wie ein Persönlichkeits-Trainer holt Sunny aus uns allen das Beste raus. Der Muffelteenie, der mit den Türen knallt, wenn die Haare nicht sitzen? Wälzt sich fröhlich mit Sunny im Gras – Styling hin oder her. Die verstreute Tochter, bei der ich froh bin, wenn sie nicht mit Finken zur Schule läuft? Wechselt Sunnys Wasser an jedem dieser Hundstage, «weil, ich mag mir gar nicht ausmalen, wie heiss dem grad in seinem Pelz ist!». Mein Mann, der sich nach seinem Büro-Stress nur noch aufs Sofa floppt? Entdeckt seine Liebe zum Gassi gehen. Und ich, immer hektisch-angespannt die nächste Position abhakend auf meiner To Do Liste? Schaffe es, nach einem feuchten Nasenstups, gelassen im Hier und Jetzt anzukommen. Meistens.
 
In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Schnuffelwuff! Wir sind Dir für so vieles dankbar, Schatzeli. Wir freuen uns auf hoffentlich viele weitere Jahre mit Dir, Du liebste aller Fellnasen. Alles Gute zum Geburtstag und mach weiter so, Sunny. Vielleicht schaffst Du es ja irgendwann sogar, Kerzen auszupusten. Wenn ich es denn jemals schaffe, einen anständigen Hundekuchen zu backen.



Weiterlesen: 

  • Mama allein zu Hause: Zwei Wochen nur für mich
    «Fahrt ihr allein in die Familienferien – ich brauche Zeit für mich!» Dieser Satz braucht Mut. Unsere Autorin, die Dreifach-Mama Ulrike Lége, hat ihn ausgesprochen und sitzt jetzt zwei Wochen ganz allein daheim. Wie fühlt sich das an?
  • Welcher Hund passt zu unserer Familie?
    Klein, robust und freundlich – das sind die Eigenschaften eines idealen Familienhundes. Warum Grossmütter die verlässlichsten Hundegöttis sind, Border Collies in einer Familie meist nicht glücklich werden und was Eltern hinsichtlich Hygiene und Gesundheit beachten sollten, verrät Tierärztin Petra Fernandez.