Meine zehn liebsten Mama-Mantras
Bilder: Canva und Légé
Manchmal reicht ein kluger Spruch, ein inspirierendes Zitat, um sich als Elternteil aus seiner festgefahrenen Denkweise wieder zu lösen. Autorin und Mama Ulrike Légé teilt ihre liebsten Sprüche. Welches Mantra hilft Ihnen?
In den Ferien in Italien hatte ich mich mit unserem Auto so richtig festgefahren. Enge Kurve, sperriges Familien-Auto. Vorwärts ging nicht, rückwärts auch nicht. Gar nichts ging mehr, niente. Ich schwitzte, fluchte, zerkratzte den Kotflügel. Bis ein freundlicher italienischer Busfahrer kam, in unser Auto sprang und es scheinbar mühelos herausfuhr.
Ähnlich geht es mir oft in meinem Mami-Sein. Es gibt Situationen, da weiss ich einfach nicht mehr weiter und fahre mich fest. Ich grübele, meinen Gedanken drehen sich im Kreis … und wenn ich Glück habe, holt mich die Idee von jemand anderem, ein Zitat oder prägnanter Spruch da raus. Weil ich sie so hilfreich finde, habe ich meine Lieblings-Mama-Mantras auf bunte Post-its geschrieben. Sie hängen an der Wand in meinem Schlafzimmer, wo mein Blick auf sie fällt, wenn ich sie brauche:
1. Dasein genügt
Wenn ich mich verunsichert frage, ob ich als Mami genug mache. Ob ich jetzt nicht dringend dieses beibringen, jenes organisieren und das noch diskutieren müsste mit den Kindern? Nein, muss ich nicht. Es genügt, da zu sein. Für mich selbst und für meine Familie. Es genügt, präsent, achtsam und offen zu sein. Alles andere wird sich schon daraus ergeben und wachsen.
2. Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen. (Friedrich Nietzsche)
Manchmal glaube ich, genau zu wissen, was gerade unser Familien-Problem ist und wie man es fix lösen könnte. Und verzweifle daran, dass das niemand ausser mir zu verstehen scheint. Dann hilft mir Nietzsches Philosophie: Ich habe meine Interpretation – die anderen haben ihre.
Über so genannte Tatsachen könnten wir uns jetzt lange streiten. Über unsere Interpretationen, Gefühle, subjektive Sicht können wir uns austauschen. Und eine gemeinsame Lösung finden.
3. Mit Kindern nicht trotz Kindern
Wie schaffe ich es bloss, TROTZ Kindern genug Sport zu machen, Ruhepausen zu finden, Freunde zu treffen, gesund zu essen, ein halbwegs ordentliches Zuhause zu haben?
Falsche Frage.
Wie schaffe ich das MIT Kindern? Menschen sind sie auch, und haben durchaus ähnliche Bedürfnisse wie ich. Kind steigt aufs Rad, Mami rennt durch den Wald. Kind darf Hörbüchlein hören, Mami mal kurz wegnicken. Alle hören Musik und räumen auf. Freunde kommen mit ihren Kindern. Zusammen kriegen wir das hin.
4. Wir können nur kleine Dinge mit grosser Liebe tun. (Mutter Theresa)
Wenn mir das Grosse, Aussergewöhnliche schmerzlich fehlt in unserem kleinen, durchschnittlichen, stinknormalen Familienleben. Wenn ich frustriert in unserem Alltagstrott feststecke und gerne mal etwas grosses, tolles, gutes auf die Beine stellen würde, wie Mutter Theresa. Dann helfen mir ihre Worte: Kleine Dinge mit grosser Liebe – davon kann ich gleich hier und jetzt einige verwirklichen.
5. Hingefallen? Krönchen richten und weitergehen.
Meine Kinder so richtig falsch verstanden, als Mutter eine blöde Entscheidung getroffen, Kinder oder Mann angeschrien? Mist! Aber mich jetzt in Selbstmitleid zu wälzen hilft auch nicht. Wieder gut machen, um Entschuldigung bitten, mir selbst verzeihen – und dann weitergehen. Mit erhobenem Kopf. Passiert schliesslich jedem mal.
6. Life is what happens while you are making other plans. (John Lennon)
Oh John, ich hätte so gern mal einen Tag, nein, auch nur eine Stunde, in der alles nach Plan läuft in unserer Familie. Aber du hast schon recht, das Leben passiert, während wir andere Pläne schmieden. Irgendetwas geht immer schief oder kommt anders. Also kann ich mich auch darauf einstellen. Genau dieses Unvorhersehbare, Bunte am Familien-Leben schätzen zu lernen. Und zu üben, meine Pläne fröhlich über Bord zu schmeissen.
7. Don`t let the perfect become the enemy of the good.
Perfekt fände ich es, als Mutter nie die Geduld zu verlieren. Kinder zu haben, die nie ihre «Husis» oder Ämtli vergessen und dazu im aufgeräumten Haus ganz im skandinavischem Schick zu wohnen. Aber wenn ich Perfektion anstrebe, mache ich so vieles kaputt, was gut ist. Dann kann ich meine Schwächen nicht als Teil von mir annehmen. Übersehe, wie oft meine Kinder motiviert mitmachen und kann in unserem gemütlich-gruschteligen Zuhause nicht mehr entspannen. Nein, perfekt ist das alles nicht. Aber es ist gut so wie es ist.
8. Lerne die Fragen zu lieben. (Reiner Maria Rilke)
Ich habe tausend Fragen als Mami. Wie soll ich mit meinen Kindern im Alltag umgehen, unser gemeinsames Leben gestalten, sie auf ihre Zukunft vorbereiten? Auch wenn ich hundert Erziehungs-Ratgeber lese, kann ich nie alle Antworten finden. Meine Fragen wertschätzen, sie aushalten und als offene Punkte stehen zu lassen, zu lieben, was sich aus ihnen entwickeln könnte – das fühlt sich leichter an.
9. Andere sind anders.
«Wenn jetzt die Barbara ihre Kinder zur Selbstverteidigung schickt, der Christian dauernd tolle Fotos postet, die Moni nur noch vegan kocht und der Peter jedes Wochenende ehrenamtlich coacht, dann müssten wir doch eigentlich auch …». Stop! Andere sind anders. Sie dürfen anders sein, das stimmt für sie. Für uns stimmt es, so zu sein, wie wir eben sind. Inspirieren lassen? Ja. Verunsichern lassen? Nein.
10. Nichtstun führt oft zum besten Irgendetwas. (Winnie the Pooh)
Dauernd könnte ich etwas pädagogisch Wertvolles mit den Kindern planen: Ins Museum gehen, tolle Bücher lesen, sporteln, basteln. Ja, manchmal machen wir das. Aber nicht dauernd. Meine Kinder sind lebendiger, spüren ihre Bedürfnisse besser als ich mit meiner Planeritis. Sie brauchen ihre kreativen, erwachsenen-freien Zeiten zum Nichtstun! Das führt zum wunderschönsten … irgendetwas eben.