Wenn die Tochter in den Ausgang will

Steffi Hidber und ihre Tochter Mia erzählen in unserer neuen Blogreihe «Mamma und Mia» aus ihrem Alltag. Den Auftakt macht das Thema Ausgang.
Trotzdem frage ich mich, warum es mir so schwer fällt, die «cool Mom» zu sein, wenn Mia ausgehen möchte. Auch wenn Vergleiche doof sind: Ich bin damals mit 16 ja auch auf Parties, aber … auf Parties bei meinen Freunden zu Hause, wo es lauwarmes Bier und ein paar Scherztelefone gab. Bis jemand mit der oder dem Falschen herumknutschte und dann mussten plötzlich alle nach Hause.

Mia und Steffi Hidber schreiben hier in regelmässigen Abständen über Themen, die sie in ihrem Mutter-Tochter-Alltag beschäftigen.
Ausgang bedeutet für mich viel zu tanzen, es lustig zu haben, sich etwas anflirten zu lassen und ein, zwei Gläschen zu trinken*. Über das Thema Alkohol spreche ich ungern mit Erwachsenen. Erwachsene verteufeln Teenies da total: «Ihr Teenager trinkt immer und viel zu viel» und «Kiffen? Rauchen? Machst du all das im Ausgang? Oder nimmst du etwa Drogen?».
Mal ganz ehrlich … Ihr Erwachsenen wisst doch, was im Ausgang abgeht, oder etwa nicht? Ihr seid doch selbst jung gewesen. Ich gebe zu, es läuft selten gesittet und sauber ab. Für uns Jugendliche ist Ausgang eine Auszeit vom Alltag. Vom Arbeiten oder der Schule. Es ist eine Pause von Verpflichtungen, Vorschriften und Wertungen. Ein Abend im Club kann lustige, traurige, wütend machende, tolle und freudige Erinnerungen hinterlassen. All das ist okay. Wir lernen damit umzugehen.

«Ich habe schnell gemerkt, dass ich einen für mich passenden Ablauf brauche im Leben, um besser in der Arbeitswelt anzukommen. Das heisst nun also, dass morgens um 5 Uhr 45 der Wecker klingelt, damit ich um 7 Uhr pünktlich auf der Station erscheine.»
Aber ich habe mir schon von Anfang an Mühe gegeben, ihnen keinen Grund für Misstrauen zu geben. Ich weiss, wie wichtig ihnen Pünktlichkeit ist – also bin ich rechtzeitig daheim.
«Hol‘ dir die Schramme bitte vor Mitternacht!»
«Unser Deal: Du machst in der Lehre einen guten Job, schreibst vernünftige Noten und bist daheim anständig.»
Und trotzdem schlafe ich erst ein, wenn sie wieder zu Hause ist. Auch wenn es 2 Uhr morgens ist. Einfach, weil sie der Mensch ist, bei dem ich vor 15 Jahren jede scharfe Möbelecke und jeden gefährlichen Putzmittelschrank abgeklebt oder abgeschlossen habe. Damit sie sich ja nicht weh tut.
Ein Glück, dass ich noch Tagebücher besitze aus der Zeit, als ich 16 war. Darum weiss ich, dass man sich auch mal eine Schramme holen muss. Aber wenn es geht bitte um Mitternacht, liebe Mia, damit du wirklich um 2 zu Hause bist, okay?