Lässt sich Sex aus der Beziehung outsourcen?

Illustration: Petra Dufkova/Die Illustratoren
Hilflos war natürlich auch die Frage. Wer zusammen Kinder hat ist zumindest ein Elternpaar – wie diese Partnerschaft beschaffen ist, ist ein anderes Thema. Es ist schwierig genug, in Worte zu fassen, wie eine konventionelle Beziehung mit Kindern funktioniert. Und für Paare, die mit ihren Kindern zusammenleben, aber ihr Liebesleben davon unabhängig gestalten, gibt es schlicht keinen Begriff. Was nicht heisst, das nicht versucht wird, das Modell Familie anders zu leben.
Wer das allerdings versucht, stösst selten auf viel Verständnis. Und muss sich zudem dauernd erklären. Die Freundin mit der Mähne tat dies so: «Ich weiss nicht, was wir genau sind. Wir leben noch als Familie zusammen, aber nicht mehr als Liebespaar.» «Und das geht.» fragte Brille in einem Ton, der nach Feststellung klang und zwar nach einer, an die zu glauben sie sich nicht in der Lage sah – zumal sie selber eine schwierige Trennung vom Vater ihrer Kinder hinter sich hatte. Löwenmähne zuckte die Schultern und lächelte wieder. Ich konnte ihr nachfühlen. Es ist oft schwierig etwas zu begründen, das ausserhalb der Konventionen liegt. Besonders wenn sich die Situation aus so radikal persönlichen Konstellationen ergibt, sind Erklärungen oft zwecklos.
Der Kinder wegen zusammen bleiben?
Es kamen sporadisch aussereheliche Partner auf beiden Seiten dazu, und nach eingehenden Gesprächen seien sie zum Schluss gekommen, dass sie nicht mehr als Liebespaar, sondern nur noch als Freunde zusammen sein möchten. Natürlich hätte man sich trennen können, aber die Umstände erschienen zu fragil, um den Stress mit Wohnungssuche, Betreuungsfrage, Gütertrennung und so weiter verkraften zu können. Also beschlossen sie, die Ehegemeinschaft weiter zu führen, aber das Liebesleben outzusourcen.
Aber kann das funktionieren? Der Common Sense in der Frage ist klar: Der Kinder wegen zusammen bleiben? Unmöglich. Und doch kennen die meisten Leute, mit denen ich darüber gesprochen habe Paare, die das Verhältnis zwischen familiären und Liebesbeziehungen einigermassen kreativ gestalten.
Sie habe, sagte die Mähnenfreundin, mit dem Vater ihrer Kinder viel durchgemacht und sie beide stünden sich dadurch nach wie vor sehr nahe. Sie könne sogar überstehen, dass sie sich die Liebe gekündigt hätten. Allerdings räumt sie ein, dass die Lösung weder ideal noch sonderlich spannungsfrei sei. Und natürlich nicht für die Ewigkeit. Aber sie funktioniere.
Zur Autorin:
© Tages-Anzeiger/Mamablog