Bluthochdruck – die unterschätzte Diagnose
Rund zwei Prozent der Schweizer Kinder haben Bluthochdruck, Tendenz steigend. Was sind die Ursachen? Wir haben zusammengetragen, was Eltern unbedingt wissen sollten.
Was sind die Ursachen?
Eine Zunahme lässt sich vor allem bei der sogenannten essentiellen oder auch primären arteriellen Hypertonie verzeichnen. Davon spricht man, wenn keine ursächlichen Grunderkrankungen ausgemacht werden können. «In der Regel sind für diese inzwischen deutlich häufigere Form des Bluthochdrucks bei Kindern Übergewicht und Adipositas verantwortlich», erklärt Simonetti. «Daneben können aber auch bestimmte Medikamente wie etwa der Wirkstoff Methylphenidat zur Behandlung von ADHS, Kortison oder auch Lakritze den kindlichen Blutdruck ansteigen lassen.»
Durch nicht behandelten Blutdruck können Erkrankungen, die man sonst bei älteren Patienten findet, schon bei Jungen auftreten.
Hoher Blutdruck tut (leider) nicht weh
Somit merken auch die Eltern oft nichts und es kann passieren, dass der zu hohe Blutdruck lange Zeit unerkannt und damit auch unbehandelt bleibt. «Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung wird deshalb in der Schweiz eine präventive Routinemessung des Blutdrucks ab einem Alter von sechs Jahren empfohlen», betont Simonetti.
«Bei Kindern mit einem erhöhten Risikopotenzial für Bluthochdruck, also mit Nieren- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei familiärer Vorbelastung von Hypertonie in der Familie, bei Frühgeborenen, bei laufender Kortison- und Ritalinbehandlung sowie bei übergewichtigen und fettleibigen Kindern, sollten allerdings immer zusätzlich weitere gezielte Messungen erfolgen.»
Dasselbe gilt, wenn unklare Symptome wie häufiges Nasenbluten und Erbrechen, anhaltende Kopfschmerzen und Schwindel auftreten, die, neben anderen Ursachen, auch auf einen erhöhten Blutdruck hinweisen können.
Weshalb ist es bei Kindern so schwierig eine Diagnose zu stellen?
Nicht ganz einfach ist die Diagnosestellung bei Kindern vor allem auch, weil es für Kinder – anders als für Erwachsene – keinen feststehenden Grenzwert für Bluthochdruck gibt. So ist der für Erwachsene optimale Blutdruckwert von 120 zu 80 mmHg zum Beispiel für einen 12-Jährigen gerade noch in Ordnung, für einen 9-Jährigen schon zu hoch und bei einem Säugling ein absoluter Notfall.
Die Grenzwerte für Bluthochdruck müssen bei Kindern also jeweils individuell in Abhängigkeit von Alter, Grösse und Geschlecht berechnet werden. Für Kinder bis einschliesslich zehn Jahre gilt dazu folgende Faustformel: Lebensjahre mal zwei plus 100 für den oberen Blutdruckwert und Lebensjahre mal zwei plus 60 für den unteren Wert. Ab 11 bis 17 Jahre wird der untere Wert mit Anzahl der Lebensjahre plus 70 berechnet.
Meist hilft eine Lebensstiländerung
«Es ist auch wichtig, den zuvor hohen Salzkonsum zu reduzieren.»
Professor Giacomo Simonetti,
«Wichtig im Sinne der Blutdrucksenkung ist auch, den vorher oft hohen Salzkonsum zu reduzieren», weiss Simonetti. «Zudem sollten stark zuckerhaltige Getränke vermieden und der Durst mit Mineralwasser, Saftschorlen und ungesüssten Tees gestillt werden.»
Lokale Adressen können auch bei den Kinderärzten erfragt werden. Vor allem aber ist es wichtig, dass die Eltern den neuen Lebensstil unterstützen und möglichst selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Es lohnt sich, denn mit jedem Pfund, das purzelt, sinkt auch der Bluthochdruck.
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Was ist Bluthochdruck?
- Der Blutdruck ist der Druck, den das Blut beim Fliessen durch die Arterien mit jedem Herzschlag auf die Gefässe ausübt.
- Er verläuft wellenförmig und schwankt dabei ständig zwischen zwei Werten, die auch bei jeder Blutdruckmessung ermittelt werden:
- Der obere Wert ist der sogenannte systolische Wert. Er gibt den höchsten Druck auf die Blutgefässe an, wenn das Herz sich zusammenzieht und das Blut in die Arterie pumpt.
- Der untere Wert ist der sogenannte diastolische Wert, wenn das Herz erschlafft, um sich wieder mit Blut zu füllen und den niedrigsten Druck auf die Gefässe ausübt.
- Beide Werte werden in Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) angegeben. Steigen diese Werte dauerhaft über einen gewissen Grenzwert an, spricht man von Bluthochdruck.
Hilfe bei Bluthochdruck
Fachverband Adipositas im Kindes- und Jugendalter (akj)
www.akj-ch.ch
Feel-OK
www.feel-ok.ch
ZACK – Zürcher Adipositas Camp für Kinder
sport.zh.ch
Laureus – Girls in Sport
www.laureus.ch
Moderne, umfassende Adipositasprogramme bieten auch Kliniken wie zum Beispiel:
Universitätsspital Zürich
Inselspital Bern
Schweizerische Gesellschaft für Ernährung
www.sge-ssn.ch/ich-und-du/essen-und-trinken/von-jung-bis-alt/kindheit