«Ich habe meiner Mutter Geld geklaut»
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«Ich habe meiner Mutter Geld geklaut»

Lesedauer: 3 Minuten

Weil ihre Freundinnen bei ihr nach Süssigkeiten gebettelt haben, hat die zwölfjährige Simea ihre Mutter bestohlen. Nun hat sie ein schlechtes Gewissen und weiss nicht, was sie machen soll. Deshalb wendet sie sich an Sarah Zanoni.

Text: Sarah Zanoni
Bild: Adobe Stock

«Frag doch mal Sarah»

Ich habe etwas Schlimmes getan. Ich habe Geld genommen aus der Tasche meiner Mutter. Nun weiss ich nicht, ob sie es herausgefunden hat. Sie hat zwar nichts gesagt, aber sie schaut mich seit zwei Tagen ganz komisch an. Ich habe so ein schlechtes Gewissen, dass mir richtig schlecht ist, wenn ich zuhause bin. Was soll ich bloss tun? Ich habe das Geld schon ausgegeben für Süssigkeiten. Meine Freundinnen wollten unbedingt, dass ich ihnen etwas zur Schule mitbringe. Aber es ist trotzdem meine Schuld.
Simea, 12

Liebe Simea
Man hört aus deinen Worten heraus, wie schwer deine Tat auf dir lastet. Deine Mutter schaut dich komisch an und dir ist ausserdem ständig übel – das zeigt, wie gross dein schlechtes Gewissen ist. Wenn ich dich richtig verstehe, bereust du total, was du getan hast. Es ist gut, dass du dir Hilfe suchst und über dein Problem schreibst – das bringt dir bestimmt etwas Erleichterung. Und noch besser wird es dir gehen, wenn du mit deiner Mutter darüber sprichst.

Denn das solltest du unbedingt tun. Vielleicht wird es für dich nicht sehr angenehm sein, darüber zu reden. Was du getan hast, war natürlich nicht okay. Aber es gibt viel Schlimmeres als das. Sieh mal, du hast ja keine Bank ausgeraubt oder einen Menschen angegriffen und verletzt. Aber zuerst mal eins nach dem anderen.

Ich nehme an, du hast das für deine Freundinnen machen wollen, damit sie zufrieden mit dir sind und dich in ihrer Gruppe dabeihaben wollen oder dich vielleicht noch besser akzeptieren? Menschen tun oft ziemlich viel, nur um geliebt oder gemocht zu werden. Es ist völlig normal, dass man dazugehören möchte. Erst recht, wenn man mit den andern zusammen zur Schule geht. Aber der Preis, den man dafür zahlt, kann einfach auch zu hoch sein – so, wie in deinem Fall.

Das sind keine richtigen Freundinnen, wenn sie von dir Dinge verlangen, die du nicht erfüllen kannst.

Es muss für dich bestimmt unmöglich gewesen sein, ihnen zu sagen: «Nein, das kann ich nicht. Ich habe kein Geld für Süssigkeiten», oder? Hätten sie dich runtergemacht oder ausgelacht? Ich würde es verstehen, dass du das nicht riskieren wolltest. Denn wer möchte schon ausgeschlossen oder runtergemacht werden? Das, was dir passiert ist, nennt man «Gruppendruck» – man macht plötzlich Dinge, die man sonst nie tun würde, nur, weil die Gruppe einen dazu bringt.

Leider muss ich dir sagen, dass das keine richtigen Freundinnen sind, wenn sie von dir Dinge verlangen, die du nicht erfüllen kannst. Oder wenn sie dich sogar plagen deswegen. Es wären erst dann gute Freundinnen, wenn sie dich so annehmen würden, wie du bist. Auch ohne Süssigkeiten.

Ehrlich sein und alles erklären

Ich hoffe sehr, dass du das mit deinen Freundinnen klären kannst. Du musst nicht irgendwelche Dinge bringen, nur um sie zufrieden zu stellen. Oder um eine Mutprobe zu bestehen. Gut möglich, dass deine Kolleginnen sich gar keine Gedanken gemacht hatten, als sie die Süssigkeiten von dir forderten. Dann sollte es ja auch kein Problem sein, ihnen zu erklären, dass du sowas nicht nochmal machst. Eine andere Möglichkeit wäre, dass du dich mal umschaust, ob du dich vielleicht mit anderen Mädchen zusammen tun und neue Freundschaften knüpfen könntest. 

Nun kommen wir aber noch zum wichtigeren Teil: Du solltest deiner Mutter unbedingt alles erklären. Sei bitte ganz ehrlich zu ihr und erzähl, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass du Geld brauchtest. Sag ihr, warum du dich nicht getraut hattest, sie um Geld für diese Süssigkeiten zu bitten.  

Ich bin sicher, dass deine Mutter Verständnis für dich haben wird, wenn du deinen Fehler einsiehst und zeigst, wie stark du die ganze Sache bereust. Biete ihr an, dass du deine Tat wiedergutmachen möchtest. Vielleicht kannst du für deine Mutter ein paar Hausarbeiten erledigen, ihr beim Putzen, Waschen oder Kochen helfen?  

Wichtig finde ich, dass du nicht wartest, bis deine Mama dich fragt, was denn eigentlich los ist. Offenbar ist ihr aufgefallen, dass du irgendwie anders drauf bist und sie schaut dich deswegen schon ganz komisch an. Versuche, von dir aus den ersten Schritt zu machen.

Mir ist klar, dass das viel Mut braucht – aber danach wird dir viel wohler sein, es lohnt sich!

Frag doch mal Sarah

In unserer Rubrik «Frag doch mal Sarah» beantwortet Jugendcoach Sarah Zanoni Fragen von Kindern und Jugendlichen.

Hast du auch eine Frage, die du ihr gerne stellen würdest? Dann sende eine E-Mail an online@fritzundfraenzi.ch oder kontaktiere uns auf unseren Social-Media-Kanälen.

Jugencoach Sarah Zanoni

Sarah Zanoni
arbeitet seit rund 20 Jahren als Jugendcoach mit Kindern und Jugendlichen aller Altersstufen. Sie hält Vorträge und Seminare rund ums Thema Kind und Jugend und hat Bücher dazu publiziert. Sie ist Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und lebt im Kanton Aargau. Ihre Hobbys sind ihre Hunde, Krimis, Reisen und Schreiben.

Alle Texte von Sarah Zanoni

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