Begabung: Unser Thema im April - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Begabung: Unser Thema im April

Lesedauer: 2 Minuten

Chefredaktor Nik Niethammer verrät im Gespräch mit Florina Schwander via Zoom unter anderem, warum er froh gewesen wäre, seine Eltern hätten eine bestimmte Begabung mehr gefördert. 
Liebe Leserin, lieber Leser

Meine Arbeit beim Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi hat den wunderbaren Nebeneffekt, dass ich laufend dazulerne. Kannten Sie etwa den Begriff «Lösungsbegabung»? Ich nicht. «Lösungsbegabung ist das genetische und frühkindlich geprägte Potenzial jedes Menschen, Probleme lösen zu können», sagt der österreichische Genetiker Markus Hengstschläger im Interview. Damit diese Begabung in eine Leistung, also in die Lösung eines Problems umgesetzt werden könne, brauche es Wissenserwerb und Übung. «Lösungsbegabung muss gefördert werden», sagt Hengstschläger. «Nur so entfaltet sie sich.»

Damit sind wir bei der zentralen Frage zum Thema Begabung: Wie finde ich heraus, ob mein Kind eine spezielle Begabung hat? Eltern sollten ihr Kind fragen, wann es sich besonders wohl fühle, weil es etwas richtig gern mache, empfiehlt die Entwicklungspsychologin Letizia Gauck. «Das kann beim Backen eines Kuchens sein oder beim Schreiben eines Gedichts.» So entstehe ein Portfolio mit Interessen und Fähigkeiten, welches die Einzigartigkeit des Kindes darstelle.

Um Talente und Begabungen entdecken und fördern zu können, braucht es ein breites Angebot an Möglichkeiten. Kinder müssen vieles ausprobieren dürfen, um Motivation und Neugierde weiterzuentwickeln. Eltern sollten sie dabei liebevoll begleiten und in dem unterstützen, was sie glücklich macht. Ich beispielsweise würde Ihnen diese Zeilen vielleicht nicht schreiben, hätten meine Eltern damals, als ich sechs war, meine durchaus respektablen Velokünste etwa so interpretiert: Der Bub hat Talent. Der wird mal Radprofi! Sie begleiteten mich zwar liebevoll beim Ausüben meines Hobbys, die Sorge meiner Mutter, ich könnte stürzen und mir wehtun, war aber allgegenwärtig. Und meinen ersten Renngöppel ­musste ich mit 15 vom eigenen Taschengeld ersparen. Etwas spät für die ganz grosse Sportlerkarriere. Heute, mit der Gewissheit, den (neben dem des Radprofis) schönsten Beruf der Welt ausüben zu dürfen, bin ich versöhnt mit der vermeintlich fehlenden elterlichen Förderung: Das Velo ist meine grosse Leidenschaft geblieben. Das Rennfahren überlasse ich den Profis!

«Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.»

Albert Einstein (1879 – 1955), deutscher Physiker mit Schweizer und US-amerikanischer Staatsbürgerschaft

Mit den Erfahrungen aus meiner Kindheit habe ich mich bei unserem Sohn, 11, mächtig ins Zeug gelegt, als er vor drei Jahren sein Interesse fürs Schlagzeugspielen entdeckte. Ich besorgte ihm ein siebenteiliges Drumset und trieb den besten Lehrer auf, den ich finden konnte. Dieser attestierte unserem Junior Talent, was ihn aber nicht daran hinderte, die Sticks nach zwei Jahren wieder wegzulegen. Fussball war dann doch wichtiger. Ich konnte meine Enttäuschung kaum verbergen. Alles Zureden half nichts – bis ich begriff: Unser Sohn war nicht einfach in ein Motivationsloch gefallen; seine Interessen hatten sich grundlegend verändert. Sie merken: Besondere Fähigkeiten rechtzeitig zu entdecken, angemessen zu begleiten und richtig zu fördern, ist anspruchsvoll. Etwas Hilfestellung bietet Ihnen unser Dossier «Begabung».

Mein monatlicher Lesetipp, speziell für männliche Erziehungsinteressierte: Früher war es nach einer Trennung üblich, dass Männer ihre Kinder nur noch jedes zweite Wochenende sehen – heute bleiben zum Glück viele Väter präsent. ­Unsere Reportage porträtiert drei Trennungsväter und ihre Betreuungsmodelle: «Heute wohne ich bei Papa».

Herzlichst,
Ihr Nik Niethammer