Erziehen ohne Schimpfen: Unser Thema im November
Bild: Fabian Hug / 13 Photo
Video: Florina Schwander
Mal angenommen, man geht auf die Strasse und fragt Eltern, ob sie regelmässig mit ihrem Kind schimpfen. Was glauben Sie, wie viele antworten ehrlich mit Ja? 50 Prozent? 80 Prozent? Ich für meinen Teil brauche bei der Frage nicht lange herumzudrucksen: Ja, ich schimpfe mit unseren Kindern. Und ja, nicht zu knapp.
Wie soll das auch anders gehen, wenn Kind 1 am Morgen rumtrödelt, bis man die Wände hochgehen könnte, während Kind 2 den Kakao auf dem Boden verteilt? Wie soll man anders reagieren, als laut zu werden, wenn Kind 1 mit Kind 2 so unerbittlich um einen Bleistiftspitzer streitet, dass man dazwischengehen muss, bevor Blut fliesst? Und wie bitteschön gelingt es einem, nicht aus der Haut zu fahren, wenn Kind 1 partout den Tisch nicht abräumen will und Kind 2 beim Blick auf das randvolle Katzenklo nur die Nase rümpft? Hat man sich als Vater dann leerargumentiert, sagt das Kind: «Mach es doch selber sauber, wenn es dich so stört!»
«Schimpfen. Fast alle tun es. Und keiner ist glücklich damit. Wenn Eltern ihr Kind ausgeschimpft haben, vielleicht sogar ausgerastet sind, herrscht im Nachhinein Katerstimmung. Die Kinder sind unglücklich, die Eltern auch. Dabei gibt es Alternativen.» Das schrieb Julia Meyer-Hermann in ihrem Exposé zum nun vorliegenden Dossier «Schimpfen». Wir waren gespannt – und wurden nicht enttäuscht. Unsere Autorin schildert klassische Konflikt- und Streitsituationen, klärt mit Expertinnen und Experten, was Schimpfen in der kindlichen Entwicklung bewirkt, ab welchem Punkt Schimpfen als psychische Gewalt anzusehen ist und was Schimpfen und Schreien über uns Eltern verraten.
Und Julia Meyer-Hermann beantwortet die wichtigste Frage überhaupt: Wie geht Erziehung ohne Schimpfen? So viel sei schon vorweggenommen: Druck aus dem Alltag rausnehmen hilft. Denn die Anti-Schimpf-Therapie beginnt bei uns selbst.
«In der Wahl seiner Eltern kann man nicht vorsichtig genug sein.»
Paul Watzlawick (1921 – 2007), österreichischer Psychotherapeut, Psychoanalytiker, Autor und Philosoph
Im Namen der gemeinnützigen Stiftung Elternsein, Herausgeberin des Schweizer ElternMagazins Fritz+Fränzi, und meinen Redaktionskolleginnen und -kollegen danke ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, sehr herzlich für Ihre Treue, für Lob und Kritik. Und dafür, dass wir Sie und Ihre Kinder weiterhin begleiten dürfen – in einfachen wie in anspruchsvollen Zeiten. Vielen Dank, dass Sie uns auch in Zukunft gewogen bleiben.
Herzlichst,
Ihr Nik Niethammer