11 Tipps für einen bedürfnisorientierten Alltag

So sehr man sich vornimmt, sein Kind bedürfnisorientiert zu erziehen, in der Hektik des Familienalltags ist es manchmal gar nicht so einfach. Unsere Tipps helfen Ihnen dabei, sich auf das Wesentliche zu besinnen.
1. Bedürfnisse sehen, nicht erfüllen
Verabschieden Sie sich vom Gedanken, jedes Bedürfnis Ihres Kindes erfüllen zu müssen. Viel wichtiger ist es, das Bedürfnis zu sehen. Oft genügt es, wenn Sie sagen: «Ich weiss, du möchtest jetzt gerne weiterspielen. Aber das geht leider nicht. Wir müssen los.»
2. Jedes Kind ist anders
Während das eine Kind in einem schwierigen Moment umarmt werden möchte, will das andere lieber alleine sein. Gehen Sie nicht automatisch von dem aus, was Sie selbst als Kind in dem Moment gebraucht hätten.
3. Wunsch oder Bedürfnis?
Führen Sie sich den Unterschied vor Augen. «Ich will jetzt einen Kuchen mit dir backen» kann auch heissen: «Ich will Zeit mit dir verbringen.» Denken Sie daran, dass Kinder meist ihren direkten Wunsch äussern, nicht das dahinterstehende Bedürfnis.
4. Raum für neue Bedürfnisse
Die Bedürfnisse Ihres Kindes verändern sich im Laufe seiner Entwicklung stetig. Es ist wichtig, mit diesem Wandel mitzugehen und neuen Bedürfnissen Raum zu geben. Gleichzeitig ist es wichtig, dass mit der Zeit wieder die Bedürfnisse aller Familienmitglieder beachtet werden.
5. Social Media kritisch betrachten
Hinterfragen Sie die Inhalte und Ihre Nutzung von sozialen Medien. Lassen Sie sich nicht von schönen Bildern, harmonischen Vorstellungen und tollen Zitaten blenden. Wählen Sie Inhalte bewusst aus.
Seien sie liebevoll mit sich selbst und denken Sie daran, dass auch Sie eigene Prägungen haben.
6. Auch Grenzen sind ein Bedürfnis
Denken Sie daran, dass auch Dinge wie sinnvolle Grenzen, Autonomie oder soziale Anerkennung Bedürfnisse Ihres Kindes sind.
7. Wo steht mein Kind?
Eignen Sie sich Wissen über die kindliche Entwicklung an: Wann kann ich von meinem Kind was erwarten? Welche Entwicklungsschritte stehen gerade an?
8. Selbstfürsorge
Erinnern Sie sich an den Grundsatz der Flugzeugmetapher: Erst selbst die Sauerstoffmaske anziehen, damit Sie für andere da sein können. Seien sie liebevoll mit sich selbst und denken Sie daran, dass auch Sie eigene Prägungen haben.
9. Eigene Grenzen wahren
Zeigen Sie Ihre eigenen Grenzen auf. Sagen Sie zum Beispiel: «Ich weiss, du willst dich austoben, aber mir ist das jetzt alles zu viel und zu laut. Ich brauche jetzt Zeit für mich.» Damit sind Sie automatisch ein Vorbild für Ihr Kind, weil es dadurch lernt, auf seine eigenen Ressourcen zu achten.
Als Expertinnen und Experten begannen, sich mit der bedürfnisorientierten Erziehung zu beschäftigen, erstellten sie umfangreiche Regelwerke. Besonders bekannt ist die Liste, die der US-amerikanische Kinderarzt Berry Brazelton und der Kinderpsychiater Stanley Greenspan in den 1990er-Jahren entwickelt und als unantastbare Bedürfnisse der Kinder bezeichnet haben:
- beständige, liebevolle Beziehungen
- körperliche Unversehrtheit, Sicherheit und Regulation
- Erfahrungen, die auf individuelle Unterschiede zugeschnitten sind
- entwicklungsgerechte Erfahrungen
- Grenzen und Strukturen
- stabile, unterstützende Gemeinschaften und kulturelle Kontinuität
- eine sichere Zukunft für die Menschheit
Heute weisen Experten wie der Kinderarzt Herbert Renz-Polster darauf hin, dass Kinder nicht anhand solcher «Checklisten» erzogen werden können – befürworten aber, die Bedürfnisse der Kinder im Blick zu haben.
10. Impulskontrolle
Üben Sie sich in Impulskontrolle, geben Sie in hitzigen Momenten dem ersten Impuls nicht sofort nach, sondern schaffen Sie Raum zwischen Reiz und Reaktion: innehalten, nachdenken, bewusst(er) handeln.
11. Offene Haltung
Jede Familie, jedes Kind ist individuell. Im Grunde geht es um eine wertschätzende, offene Haltung dem anderen Menschen gegenüber.
(Quellen: Susanne Mierau, Herbert Renz-Polster, Patricia Lannen, Stefanie Rietzler)