Zöliakie – so schmeckt es Ihrem Kind trotzdem - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Merken
Drucken

Zöliakie – so schmeckt es Ihrem Kind trotzdem

Lesedauer: 3 Minuten

Für Kinder kann eine glutenfreie Ernährung eine besondere Herausforderung sein: Oft ist das Stück Geburtstagskuchen tabu und ein Pizzaabend mit Freunden ausgeschlossen. Wenn Eltern und Kinder einige Regeln beachten, gibt es aber durchaus gute Alternativen. 

Lukas hat mit vier Jahren das letzte Gipfeli gegessen. Wenn seine Kollegen an Geburtstagen beherzt nach Kuchen und Guetzli greifen, fragt der heute Achtjährige erst einmal nach: «Ist da Gluten drin?»

Lukas hat Zöliakie – eine Autoimmunerkrankung, von der etwa ein Prozent der Bevölkerung betroffen ist. Auslöser ist das Klebereiweiss Gluten. Der Verzehr von glutenhaltigen Getreidesorten, wie Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer und Gerste, führt bei Betroffenen wie Lukas zu einer Entzündung des Dünndarms. Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sind unter anderem die Folge.

Die ganze Familie isst glutenfrei

«Unser Alltag wurde durch die Diagnose gehörig auf den Kopf gestellt», erzählt Lukas‘ Mutter. So stellt die glutenfreie Küche sehr viele besondere Anforderungen. Zwar lassen sich glutenhaltige Produkte und Gerichte heute gut ersetzen, doch bleibt den Eltern die Sorge, ob sich ihr im Wachstum befindliches Kind glutenfrei gesund ernähren kann. Nicht zuletzt sind lustvolle Erlebnisse rund ums Essen gerade für Kinder wichtig.

Im hektischen Familienalltag bleibt oft nicht viel Zeit für aufwendige alternative Menüs und «Extra­­wür­s­te»: Es muss lecker, schnell, einfach und kinderfreundlich gekocht werden. Für Lukas‘ Eltern war schnell klar, dass es am einfachsten ist, wenn zu Hause alle Familienmitglieder die glutenfreie Ernährungsform übernehmen. So wird eineKontamination, das heisst: eine Verunreinigung durch glutenhaltige Lebensmittel, weitgehend ausgeschlossen. 

In der Küche gibt es seither fast keine glutenhaltigen Produkte ­­mehr und beim Einkaufen achten alle Familienmitglieder auf die Packungsangaben. Je besser ein Kind versteht, warum es auf Gluten verzichten muss und wie wichtig dieser Verzicht ist, desto weniger Konflikte und Frustration gibt es. Wenn alle am Familientisch glutenfrei essen, wird das betroffene Kind nicht ständig zum Aussenseiter.

Das Umfeld des Kindes einbeziehen

Mit etwas Übung klappt das Kochen und Backen zu Hause meist sehr gut. Probleme entstehen, sobald das Kind das traute Heim verlässt und auswärts essen will oder muss. Beziehen Sie als Eltern Ihr Umfeld, beziehungsweise das Umfeld Ihres Kindes, früh und klar mit ein.  Verwandte, Freunde, Erzieher in Kinderkrippe, Kindergarten, Hort oder Schule sollten Bescheid wissen, was für das Kind gut ist, damit es zu keinen Missverständnissen und Kontaminationen kommt. Entlasten Sie das Kind und stellen Sie sicher, dass es sich nicht ständig sorgen oder erklären muss. 

So ergibt es beispielsweise Sinn, wenn es eine Liste mit den wichtigsten Ernährungsempfehlungen in der Tasche hat, auf der es je nach Alter selbst nachschauen oder nachschauen lassen kann. Und geben Sie Ihrem Kind wann immer möglich einen glutenfreien Snack mit. So ist es bei einer Hungerattacke auf der sicheren Seite und muss nicht erst etwas Passendes suchen.

Ein ganz besonderes Ereignis für jedes Kind ist das eigene oder das Geburtstagsfest eines Gspänli. Es nützt jedoch nichts, wenn der Kuchen zwar aus glutenfreiem Mehl besteht, als Garnitur aber glutenhaltige Smarties enthält. Um solche Fehlerquellen zu vermeiden, können Sie anbieten, selber etwas beizusteuern, wenn das eigene Kind eingeladen ist.

Grosse Unterschiede im Ausland

Um in den Ferien, bei Lageraufenthalten oder Restaurantbesuchen unangenehmen Situationen vorzubeugen, ist eine gute Reisevorbereitung mit Internetrecherche sehr zu empfehlen. Viele Restaurants beispielsweise haben ihre Speisekarte online publiziert. Wenn nicht, sprechen sie vor Ort am besten mit dem Koch persönlich über die Bedürfnisse Ihres Kindes. In Foren gibt es aktuelle Listen von Restaurants. Spezielle Apps informieren ausserdem über Restaurants und Hotels mit glutenfreiem Angebot. 

Passen Sie Ihre Erwartungen an, denn im Ausland, vor allem auf anderen Kontinenten, ist glutenfreie Ernährung oft gar kein Thema und das entsprechende Angebot fehlt. In Italien und in nordischen Ländern hingegen ist das Angebot an glutenfreien Produkten sogar grösser als in der Schweiz. Bei langen Autofahrten empfiehlt es sich, in Ortschaften Pausen einzulegen statt auf Raststätten. Dort stehen die Chancen, einen glutenfreien Snack zu finden, besser.

Stressfreie Hotelferien

Natürlich ist es am einfachsten, ein Appartement mit Küche zu buchen und sich selbst zu versorgen. Aber auch Eltern möchten sich in den Ferien erholen und nicht dreimal am Tag kochen müssen. Hotels mit grossen Buffets machen es grundsätzlich leichter, sich täglich abwechslungsreich glutenfrei zu ernähren. 

Bei Menükarten ist das schwieriger, ­ausser das Hotel bietet glutenfreie Menüs zur Auswahl an. Nehmen Sie zur Sicherheit glutenfreies Müesli in Einzelportionen oder glutenfreies Knäckebrot in Scheiben zum Frühstücksbuffet mit. So haben Sie sicher etwas Sättigendes dabei. Auch wenn glutenfreie Nahrungsmittel angeboten werden, ist es nicht sicher, dass sie dem Kind schmecken oder dass auf eine allfällige Verunreinigung geachtet wurde. 

Empfehlenswert sind Toasttaschen, die sogenannten Toast Bags. Darin kann man glutenfreies Toastbrot ohne Kontamination in fremden Toastern wärmen.


Glutenfrei über den Wolken

Wussten Sie, dass viele Fluggesellschaften glutenfreie Menüs auf Langstreckenflügen anbieten? Bestellen Sie das Menü mindestens 24 Stunden vor Abflug und lassen Sie sich die Bestellung bestätigen. Nehmen Sie für den Notfall trotzdem einen glutenfreien Snack im Handgepäck mit.

Zur Autorin:

Marlène Gautschi ist Ernährungsberaterin HF bei Betty Bossi AG.
Marlène Gautschi ist Ernährungsberaterin HF bei Betty Bossi AG.