Warum ein gesunder Darm wichtig ist
Merken
Drucken

Warum ein gesunder Darm wichtig ist

Lesedauer: 3 Minuten

Darmflora, Mikrobiom, Probiotika – diese Begriffe hört man immer wieder, wenn es um Ernährung und Wohlbefinden geht. Aber was genau steckt dahinter? Und wie können Eltern die Darmgesundheit ihrer Kinder fördern?

Text: Wina Fontana
Bild: iStockphoto

In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Wenn Kinder häufig krank sind, unter Verdauungsproblemen leiden oder plötzlich eine Abneigung gegen ungesundes Essen zeigen, stellen sich Eltern oft die Frage nach den Ursachen. Die Antwort könnte im Bauch ihres Kindes liegen. Schliesslich spielt der Darm nicht nur bei der Verdauung eine wichtige Rolle, sondern beeinflusst auch das Immunsystem, die Stimmung und sogar die Konzentration.

Denn der Darm kommuniziert über Nervenbahnen und biochemische Signale direkt mit dem Gehirn. Die Forschung dazu steckt zwar noch in den Kinderschuhen, doch einige wichtige Erkenntnisse haben wir bereits. So werden zum Beispiel Botenstoffe wie das «Glückshormon» Serotonin im Darm produziert.

Wichtig für unser Immunsystem

Serotonin ist nicht nur für die emotionale Stabilität verantwortlich, sondern hat auch Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit. Eine gut funktionierende Darm-Hirn-Achse, die ständig Informationen zwischen Darm und Gehirn austauscht, ist dabei entscheidend.

Auf diese Weise beeinflussen die Darmbakterien auch die Entwicklung von Ernährungsgewohn­­heiten. Ein ausgewogenes Mikrobiom – also eine Vielfalt an nützlichen Mikroorganismen im Darm – trägt dazu bei, ein gesundes Verhältnis zu Lebensmitteln aufzubauen. Dies ist besonders wichtig für Kinder, da die Weichen für lebenslange Ernährungsgewohnheiten bereits in jungen Jahren gestellt werden. Kinder, deren Darmflora durch eine abwechslungsreiche Ernährung unterstützt wird, entwickeln seltener Vorlieben für stark verarbeitete und zuckerhaltige Lebensmittel.

Auch für unser Immunsystem spielt die Darmgesundheit eine gros­se Rolle: Bis zu 80 Prozent unserer Immunzellen befinden sich im Darm. Das bedeutet, dass ein gesunder Darm nicht nur hilft, Nährstoffe optimal aufzunehmen, sondern auch Infektionen abwehrt und Entzündungen reduziert. Gerade für Kinder, die oft engen Kontakt zu Gleichaltrigen haben, ist dies eine wichtige Grundlage, um die Anfälligkeit für Erkältungen und andere Infektionen zu verringern.

Darmflora, Mikrobiom – was nun?

Vielleicht kennen Sie noch den Begriff «Darmflora». Lange wurde damit die Gemeinschaft der Mikroorganismen im Darm beschrieben. Da der Begriff «Flora» ursprünglich aus der Botanik stammt, wo er die Pflanzenwelt eines bestimmten Gebietes bezeichnet, spricht man heute eher vom «Mikrobiom». Ein ausgewogenes Mikrobiom trägt dazu bei, ein gesundes Verhältnis zu Lebensmitteln aufzubauen.

Gute und schlechte Bakterien

Aber was ist denn nun das Mikrobiom – mit seinen Billionen von winzigen Bewohnern und seinem enormen Einfluss auf unseren Körper? Wir können uns den Darm als idyllischen Strand vorstellen. Die «guten» Bakterien sind diejenigen Besucher, die um Nachhaltigkeit bemüht sind. Sie bauen Sandburgen, schützen die Natur und sorgen für eine harmonische Atmosphäre.

Aber auch weniger willkommene Mikroorganismen zieht es an diesen Strand. Sie stören die Harmonie, reissen Sandburgen ein, hinterlassen Müll und versuchen, ihre eigene Ordnung durchzusetzen.

Wenn der Darm seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, kann dies zu Verdauungsproblemen, Infekten oder Schlafstörungen führen.

Wenn sich die unerwünschten Gäste ausbreiten, verliert der Strand sein idyllisches Erscheinungsbild. Genau das passiert im Darm, wenn das Mikrobiom aus dem Gleich­gewicht gerät. Faktoren wie ungesunde Ernährung, Stress oder Antibiotika können dazu führen, dass sich die schädlichen Bakterien vermehren und die nützlichen verdrängen. Die Folge: Der Darm kann seine Aufgaben nicht mehr optimal erfüllen, was zu Verdauungsproblemen, häufigeren Infekten oder Schlafstörungen führen kann.

Die gute Nachricht: Durch eine ausgewogene Ernährung und einen bewussten Lebensstil können wir unser Mikrobiom beeinflussen. Damit der Darm funktioniert, müssen wir ihn über die Nahrung mit Pro- und Präbiotika versorgen.

Sensibles Gleichgewicht erhalten

Probiotika sind die guten Bakterien im Darm. Sie helfen, die Darmflora gesund zu erhalten. Sie sind in Lebensmitteln wie Naturjoghurt, probiotischen Trinkjoghurts und mildem Sauerkraut enthalten. Auch fermentierte Getränke wie Buttermilch sind für Kinder geeignet.

Präbiotika sind die Nahrung der guten Darmbakterien. Sie bestehen aus unverdaulichen Nahrungs­fasern, die das Wachstum und die Aktivität der nützlichen Darmbakterien fördern. Sie finden sich in Vollkornprodukten wie Haferflocken oder Vollkornbrot sowie Hülsenfrüchten und in Gemüse.

9 Tipps für den Alltag
  1. Mischen Sie ballaststoffreiche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte unter beliebte Gerichte wie Pasta, um ihre Akzeptanz zu fördern.
  2. Vermeiden Sie die Gemüsediskussion, indem Sie die Erbsli bereits mit dem Reis vermengen.
  3. Alternativ können Smoothies oder Suppen mit Spinat oder Rüebli eine Lösung sein.
  4. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind über den Tag verteilt ausreichend Wasser oder ungesüssten Tee trinkt, um Verstopfung vorzubeugen.

5. Reduzieren Sie Zucker und setzen Sie stattdessen massvoll auf natürliche Snacks wie Früchte.

6. Regelmässige Mahlzeiten fördern ein stabiles Verdauungssystem.

7. Animieren Sie Ihr Kind zum langsamen Kauen, um die Verdauung optimal anzuregen.

8. Nach einer Behandlung mit Antibiotika empfiehlt sich anschlies­send die Einnahme von Probiotika. ­Erkundigen Sie sich bei Ihrem Arzt.

9. Auch bei Erwachsenen spielt ein gesundes Mikrobiom eine wichtige Rolle. Nehmen Sie dies als Anlass, mit gutem Beispiel voranzugehen.

Doch neben der Ernährung beeinflussen auch andere Faktoren die Darmgesundheit. Regelmässige Bewegung unterstützt die Verdauung und den Stoffwechsel. Stress kann die Darmgesundheit negativ beeinflussen. Es ist also wichtig, dass sich Kinder bei den Mahlzeiten wohlfühlen und genügend Schlaf bekommen, damit sich der Körper über Nacht erholen und die Darmflora stärken kann.

Wina Fontana
ist Ernährungsexpertin SVDE, hat einen Bachelor in Ernährung und Diätetik und arbeitet bei Betty Bossi.

Alle Artikel von Wina Fontana

Mehr zum Thema Ernährung

Kinder sitzen am Tisch und essen Schokolade
Ernährung
Kinder und Schokolade – ein bittersüsses Vergnügen
Wie viel Schokolade ist zu viel? Und wie schaffen wir einen bewussten Umgang, der Freude und Gesundheit in Balance hält?
Elternblog
Wie ich als Fertigteig-Mutter in den Backwahn geriet
Unsere Kolumnistin hegt – getrieben vom Idyll der Mutter mit ihren Kindern um die Teigschüssel – grosse Backpläne. Ein gewagtes Unterfangen.
Stefanie Rietzler
Blog
Picky Eating: Wenn Kinder nichts probieren wollen
Eltern ist eine gesunde Ernährung ihrer Kinder wichtig. Doch was tun, wenn das Kind ein Picky Eater ist und sich nur von Teigwaren ernährt?
Klimaschutz: Nachhaltig essen
Ernährung
«Mit dem Essen einen Beitrag fürs Klima leisten»
Franziska Stöckli, Lehrerin und Mitautorin des «Klimatopfs» erklärt wie das Koch-Lehrbuch entstanden ist und was es alles zu bieten hat.
Ist Zucker Auslöser für Krankheiten oder ein guter Energielieferant? Eine Einschätzung von Wina Fontana von Betty Bossi.
Ernährung
Zucker – süsse Gefahr oder notwendige Energie?
Zucker. Energielieferant oder Auslöser unzähliger Krankheiten? Ein sinnvolles Mass zu finden, scheint unmöglich. Wirklich?
Ernährung
Mythen rund um Jod, Eisen und Kalzium
Mineralstoffe. Welche Lebensmittel besonders viele Mineralien enthalten und wie unser Körper sie optimal verwerten kann.
2024-05-Betty-Bossi-Mythen-Vitamine-Wina-Fontana
Ernährung
Mythen über Spinat und Tiefkühlgemüse
Rund um Vitamine gibt es viele Irrtümer. Diese machen es schwierig, gute Entscheidungen für die Gesundheit zu treffen.
24-04 Betty Bossi gesunde Fette Wina Fontana HG
Ernährung
Mythen rund um Fette und Öle
Ob Bestandteil der Ernährung oder als Körperfett: Fette sind zentral für die kindliche Entwicklung – und sind meist besser als ihr Ruf. 
Carsten Posovszky über Darmerkrankungen und gesunde Ernährung
Ernährung
«Darmerkrankungen bei Kindern haben zugenommen»
Gastroenterologe Carsten Posovszky erklärt, wie Darmerkrankungen und Ernährung bei Kindern zusammenhängen.
Hilfe, mein Kind isst nichts Gesundes!
Erziehung
Hilfe, mein Kind isst nichts Gesundes
Ihr Kind hat früher Gemüse und Früchte gegessen und isst nun plötzlich nur noch Pommes-Frites und Poulet? Kein Grund zur Sorge.
«Eltern sollten beim Essen auf soziale Aspekte und Genuss achten»
Ernährung
«Eltern sollten beim Essen auf soziale Aspekte und Genuss achten»
Die Medizinerin Dagmar Pauli hat in ihrem Berufsalltag oft mit Jugendlichen zu tun, die ein gestörtes Verhältnis zum Essen haben.
2403 Proteine Mythen Fakten Betty Bossi Wina Fonta Dossier Essstörungen Elternmagazin Fritz Fraenzi HK
Ernährung
Proteine – Alleskönner, aber kein Allerheilmittel
In unserer Ernährung spielen Proteine eine zentrale Rolle. Doch was ist dran am Wachstumswunder und an der Annahme, dass nur tierische Produkte unseren Eiweissbedarf decken können?
Wenn Essen zum Problem wird: Nora und ihre Mutter Monika erzählen von ihren Erfahrungen.
Ernährung
«Spontan zu essen, fällt mir noch schwer»
Die heute 21-jährige Nora fing mit 16 an, sich mit gesunder Ernährung zu beschäftigen – und geriet in eine Magersucht.
Essstörungen: Mit diesen Tipps können Eltern vorbeugen
Ernährung
9 Tipps, um Essstörungen bei Kindern vorzubeugen
Zu einem gesunden Körperbild und einem entspannten Essverhalten können Eltern viel beitragen: 9 Tipps, um Essstörungen vorzubeugen.
Ernährung
Wenn Essen das Leben beherrscht
Was begünstigt Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen? Wie können Eltern vorbeugen und bei Problemen rund ums Essen reagieren?
Muskeln, Macker und Maseratis
Blog
Muskeln, Macker und Maseratis
Auf Insta, TikTok und Co. torpedieren sogenannte «Manfluencer» mit viel Muskeln und wenig Hirn die Erziehung unserer Kolumnistin.
Mythen rund um Kohlenhydrate
Ernährung
Mythen rund um Kohlenhydrate
In der Welt der Ernährung kursieren viele Unwahrheiten. Wir räumen in dieser Serie mit Mythen auf. Den Auftakt bestreiten die Kohlenhydrate.
Ernährung
Die richtige Ernährung für jedes Alter
Die Ernährungsbedürfnisse unserer Kinder verändern sich stetig. So geben Sie Ihrem Nachwuchs gesunde Essgewohnheiten mit auf den Weg.
Fasten Betty Bossi
Ernährung
Fasten und Wachsen – geht das?
Das Essen zeitlich einzuschränken, ist voll im Trend. Doch wie sinnvoll ist Fasten und welche Auswirkungen hat es auf Kinder und Jugendliche?
Ernährung
Wann sich Bio lohnt
Sollte alles, was auf den Familientisch kommt, Bio sein? Ein Leitfaden für Mütter und Väter.
Ernährung
Laktoseintoleranz bei Kindern
Klagt Ihr Kind nach dem Verzehr von Milchprodukten über Bauchschmerzen? Der Grund könnte eine Laktoseintoleranz sein. 
Migräne und Spannungskopfschmerzen bei Kindern
Gesundheit
Das Hämmern im Kopf
Viele Schulkinder leiden regelmässig unter Migräne und Spannungskopfschmerzen. Welche Massnahmen helfen können, den Beschwerden gezielt vorzubeugen.
Entwicklung
Wenn das Kind zu wenig wiegt
Das Thema Untergewicht bei Kindern und Jugendlichen stösst auf wenig Resonanz. Doch wie unbedenklich ist Untergewicht wirklich?
Ernährung
Diagnose Diabetes – was Eltern wissen sollten
Anders als häufig angenommen, wird der früher oft Zuckerkrankheit genannte Diabetes nicht durch zu grossen Süssigkeitenkonsum ausgelöst.