Kind, wähl einen Beruf, den kein Roboter machen kann! - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Kind, wähl einen Beruf, den kein Roboter machen kann!

Lesedauer: 5 Minuten
Heute ist der erste Digital Tag Schweiz und das ganze Land beschäftigt sich mit der Frage: Wie verändert die Digitalisierung unsere Gesellschaft? Die heutigen Schulabgänger müssen sich fragen, welche Berufe in zwanzig Jahren noch existieren. Und welche neuen Chancen sich auftun. 
Selbstfahrende Autos, Roboter, die Kranke pflegen, Drohnen, die Pakete ausliefern – der technische Fortschritt wartet zurzeit mit spektakulären neuen Maschinen auf. Sie werden uns das Leben erleichtern, und sie werden einen immer grösseren Teil der Arbeit übernehmen, mit dem bisher Menschen ihr Geld verdient haben. Die viel zitierte Studie der beiden Oxford-Wissenschaftler Carl Frey und Michael Osborne prognostiziert, dass bis in zwanzig Jahren 47 Prozent der Berufe der Digitalisierung zum Opfer fallen. Das Erstaunlichste an der 702 Tätigkeiten umfassenden Liste: In den obersten dreissig Rängen dominieren Bürojobs: Einkäufer, Telefonverkäufer, Versicherungssachbearbeiter.

In Fabriken haben Roboter eine lange Entwicklung hinter sich und werden immer genauer und geschickter. Im Gesundheitswesen sind es eher Prototypen, die zum Beispiel schweren Patienten aufhelfen. «An vielen Orten werden Roboter im Tandem mit Menschen arbeiten», sagt Oliver Bendel. Der Professor sieht sich regelmässig die neusten Roboter an und entwickelt zusammen mit seinen Studierenden autonome, digital gesteuerte Maschinen.
 
Bereits im Einsatz sind laut dem deutschen Experten Transport- und Lieferroboter als Testgeräte sowie Sicherheits- und Überwachungsroboter in Einkaufszentren und auf Betriebsgeländen. Die selbständig arbeitenden Maschinen sind das Gesicht der vierten industriellen Revolution, wie die jüngste Phase der Digitalisierung genannt wird. 
Im Büro sind es nicht Roboter, sondern autonome Computer­programme, die Geschäftsberichte schreiben, Lohnbuch­ha­ltung führen, Bestellungen entgegennehmen und vieles mehr. An personalisierte Werbung im Internet haben wir uns längst gewöhnt. Software beobachtet unser Verhalten und zeichnet daraus ein immer genaueres Profil unserer Bedürfnisse und Vorlieben. In ähnlicher Weise lernen Programme, Arbeiten wie die oben genannten auszuführen. Menschliches Feedback hilft ihnen dabei, immer mehr zu verstehen und immer weniger Fehler zu machen. 

Werden mehr Jobs zerstört oder mehr geschaffen?

Übernehmen also bald die Maschinen? Was bleibt für uns Menschen? In der Vergangenheit entstanden stets mehr neue Arbeitsstellen, als alte verloren gingen, wenn sich der technische Fortschritt beschleunigte. Der Übergang von der Landwirtschafts- zur Industrie- und schliesslich zur Dienstleistungsgesellschaft hat Einkommen und Wohlstand in den Ländern des Nordens vervielfacht.
Ob auch die Digitalisierung mehr Jobs schafft, als sie zerstört, ist umstritten. Die enorm gestiegene und weiterhin steigende Leistungsfähigkeit der Computer hat bis jetzt jedenfalls nicht für weniger Arbeit gesorgt. Alt-SP-Nationalrat und Ökonom Rudolf Strahm hält die Angst vor der Digitalisierung für unbegründet. Er diagnostiziert ein «Roboter-Syndrom bei profilierungssüchtigen amerikanischen Professoren und Buchschreibern». Die digitale Revolution werde massenhaft Fachkräfte brauchen, um voranzukommen, ist Strahm überzeugt.

Welche Berufe haben Zukunft? Wie haben sich Jugendliche entschieden und vor allem, wie unterstützen Sie als Eltern Ihre Kinder bei der Berufswahl? Alles zu diesem Thema in unserem Berufswahl-Spezial, das der Mai-Ausgabe beiliegt! Bestellen Sie jetzt das Magazin.

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Einer der von Strahm angesprochenen Autoren ist Martin Ford. Er ist IT-Unternehmer und schrieb das preisgekrönte Buch «Aufstieg der Roboter», in welchem er Massenarbeitslosigkeit voraussagt. Gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» anerkennt er, dass weiterhin neue Geschäftsfelder entstehen. Diese seien aber nicht sehr arbeitsintensiv. Ein Beispiel dafür ist Google, das 2015 einen vergleichbaren Umsatz erwirtschaftete wie der Industriekonzern Siemens (74,98 Milliarden Dollar bei Google, 75,69 Milliarden Euro bei Siemens), dies jedoch mit weniger als einem Fünftel Angestellten (rund 61.000 Mitarbeiter bei Google, 348.000 Mitarbeiter bei Siemens). 

In welchem Beruf ist man für die Zukunft gewappnet?

Wenn Roboter immer wichtiger werden, sind Leute gefragt, die Roboter konstruieren, bauen und programmieren können, also Kon­strukteure, Automatiker, Informatiker und Ingenieure. Doch auch in Design und Entwicklung macht die Software rasch Fortschritte. Wo persönlicher Kontakt gefragt ist, können Maschinen die Menschen nicht ersetzen, ist eine gängige Vorstellung. Doch wie wir unserem Smartphone mündlich erklären, was es für uns tun soll, so geschieht das bereits an einzelnen Hotelrezeptionen und in bestimmten Einkaufszentren, wo Roboter die Kunden informieren. Er sei in San Francisco dem Roboter Pepper begegnet, der auch bald im Glattzentrum bei Zürich eingesetzt werde, erzählt Oliver Bendel.

Doch die Vorstellung, dass Berufsleute von der Digitalisierung einfach beiseitegeschoben und entsorgt würden, ist sicherlich zu einfach. Aus dem Auto­mechaniker ist der Automobil-Mechatroniker geworden, der von Apps und Updates ebenso viel versteht wie von Zylindern und Vergasern. Technische Zeichnerinnen üben heute einen anderen Beruf aus als die Generation vor ihnen. Trotzdem gibt es sie weiterhin.

Besser nicht zu stark spezialisieren

Bendel wie Ford empfehlen jungen Leuten, sich nicht zu sehr zu spezialisieren, sondern sich vielfältiges Wissen anzueignen und flexibel zu bleiben. Der Hochschulprofessor sieht in einem breit angelegten Studium am meisten Potenzial. Ein Hochschulabschluss kann auch in Zukunft nicht von der Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer erwartet werden. Doch es gibt mittlerweile in jeder Branche Weiterbildungsmöglichkeiten, die Fachleute technisch voranbringen und die auch berufsübergreifendes Wissen vermitteln. So fällt ein Branchenwechsel leichter.

Für Rudolf Strahm ist dies der Schlüssel, wie er im «Tages-Anzeiger» schrieb: «Die adäquate Antwort auf die digitale Revolution heisst berufliche Weiterbildung, sie heisst, Neues hinzulernen, lernen und nochmals lernen. Da­­durch verdrängt die vierte industrielle Revolution die Menschen nicht aus der Arbeit, sondern gibt ihnen neue Rollen und Funktionen in der Arbeit.»
Die Digitalisierung schafft mehr Freiheit – kostet uns aber einen Teil unseres Einkommens.
Schaffen Digitalisierung und Robotisierung denn auch weitere neue Jobs, so wie in den Neunzigerjahren den Webdesigner oder jüngst den Social-Media-Manager? Oliver Bendel mutmasst, dass ein neuer Job darin bestehen könnte, Roboter an ihren Arbeitsort zu bringen und selbstfahrende Lastwagen bis zur Autobahn zu fahren, weil der Verkehr in den Siedlungsgebieten noch zu komplex für das autonome Navigieren ist. Auch müssten Kollaborationsroboter in der Produktion zunächst von Menschen trainiert werden.

Andere neue Jobs hat das Internet bereits hervorgebracht:
Die moderne, flexible Arbeitskraft kann ein Zimmer auf Airbnb vermieten, Uber-Fahrdienste verrichten oder das eigene Auto über Sharoo verleihen. Daneben kann sie für Amazon Mechanical Turk kleine Auftragsarbeiten am Computer verrichten. Eine Familie lässt sich so allerdings kaum ernähren.

Arbeit auf Abruf werde in der Schweiz zunehmen, sagt eine Studie der Consulting-Firma Deloitte voraus. «Die Menschen arbeiten, wann sie wollen und so viel sie wollen», stellt es die Studie positiv dar. «Auf der anderen Seite fallen sie nicht mehr unter den geltenden Arbeitnehmerschutz» (z. B. Kündigungsschutz oder Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers), räumen die De­­loitte-Experten ein. Mehr Freiheit bedeutet hier auch weniger Sicherheit. 

Im Gegensatz zu Rudolf Strahm erwarten Oliver Bendel und  Martin Ford, dass es in Zukunft weniger Arbeit für die Menschen geben wird und diese mehr Zeit zur freien Verfügung haben werden. Roboter und Software nehmen ihnen aber nicht nur Arbeit ab, sondern kosten sie auch Einkommen. Darum befürworten Bendel und Ford ein Grundeinkommen, wie es in der Schweiz kürzlich an der Urne abgelehnt worden ist.

Noch ist alles Prognose und einiges Spekulation. Doch es zeichnet sich ab, dass der technische Fortschritt nicht nur die Arbeit an sich verändert, sondern die Art, wie wir leben. Es gibt viel dazuzulernen, nicht nur für die Berufseinsteiger.

Die am stärksten von der Digitalisierung bedrohten Berufe

Wie stark ist ein Beruf durch Robotertechnik und künstliche Intelligenz bedroht? Je höher der Prozentsatz, desto gefährdeter ist der Beruf.

  • Bediener von Anlagen für fotografische Erzeugnisse | 100 %
  • Datenerfasser | 100 %
  • Telefonverkäufer | 100 %
  • Nichtakademische Fachkräfte im Rechnungswesen | 99 %
  • Fachkräfte für Abrechnungs- und Speditionsdienstleistungen | 99 %
  • Sekretariatsfachkräfte im juristischen Bereich | 99 %
  • Produkttester und -klassierer (ohne Nahrungsmittel und Getränke) | 99 %
  • Mannequins/Dressmen und sonstige Modelle | 99 %
  • Bediener von Verpackungs-, Abfüll- und Etikettiermaschinen | 99 %
  • Bürokräfte in der Lohnbuchhaltung | 98 %
 
Quelle: www.job-trends.ch, eine Dienstleistung von Angestellte Schweiz, 
 politan und x28

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Der Text stammt aus unserem Berufswahl-Spezial, das der Mai-Ausgabe 2017 beiliegt. Darin finden Sie auch zahlreiche Porträts von Jugendlichen, die ihre Tätigkeit vorstellen und Tipps zur Berufswahl. Bestellen Sie jetzt Ihr Exemplar unserer Mai-Ausgabe.