Nach Verkehrsunfällen ist Ertrinken die häufigste Unfalltodesursache für Kinder in der Schweiz. Zwischen 2005 und 2014 sind 33 Kinder unter 10 Jahren in den hiesigen Seen, Flüssen und Bädern ertrunken.«Wie wichtig und wie schwierig Schwimmen ist, wird total unterschätzt», sagt Schwimmlehrerin Nadja Winter. Deshalb muss sie manchmal sogar Eltern retten.
Bei kleinen Kindern ist das Problem, dass Eltern oft denken, dass es reicht, wenn die Kleinen Schwimmflügel anhaben. Sie wiegen sich in Sicherheit und schauen nicht mehr genügend hin. Aber die Luft kann aus den Schwimmflügeln entweichen, und Kinder können umfallen. Kleine Kinder bleiben dann einfach mit dem Gesicht im Wasser liegen. Sie kommen nicht mehr hoch und können innert 20 Sekunden im flachen Kinderbecken ertrinken.
Dass sie sich falsch einschätzen. Insbesondere bei Teenagern kommen Mutproben, waghalsige Sprünge und Schwimmen unter Alkoholeinfluss dazu. Es ertrinken viel mehr Buben als Mädchen. Auch Eltern überschätzen die Schwimmfähigkeiten ihrer Kinder sehr oft. Sie denken, dass ihr Kind schwimmen kann, wenn es ein paar Züge Brustschwimmen am Stück hinkriegt. Aber Schwimmen lernen ist so viel mehr.
Zum einen sollten Kinder tauchen. Sie müssen unter Wasser die Augen aufmachen und lernen, die Orientierung wiederzugewinnen. Ausserdem sollten sie im Wasser schweben können – den natürlichen Auftrieb des Wassers nutzen. So können Sie eine Pause machen, wenn sie müde werden. Auch ein kräftesparender Schwimmstil, in dem die Kinder viel gleiten, ist wichtig.
Täuschen Sie sich nicht! Nicht nur Kinder überschätzen ihre Schwimmfähigkeiten gerne, sondern auch deren Eltern. Wenn ich die Eltern aber in meinen Kursen bitte, die Übungen mitzumachen, sieht es ganz anders aus. Neulich ist ein Vater beim Versuch, auf dem Rücken zu schweben, untergegangen. Er hatte unterschätzt, wie viele Muskeln es braucht, auf dem Wasser flach liegenzubleiben.
Hier empfehle ich den BFU-Wassersicherheitscheck. Kinder müssen da recht viel können: ein Purzelbaum unter Wasser, 1 Minute im tiefen Wasser auf der Stelle treten ohne unterzugehen und anschliessend noch 50 Meter schwimmen. Damit sind auch viele Erwachsene überfordert. Viele Kinder sind im Alter von 8 bis 10 Jahren so weit, dass sie den Test machen können.
In manchen Kantonen funktioniert das. Aber was Schwimmunterricht angeht, fehlt ein flächendeckendes Angebot. Mit dem Lehrplan 21 soll zwar allen Kindern in der Primarschule Schwimmunterricht zur Verfügung stehen, aber für manche Schulen wird die Umsetzung sehr schwierig. Gerade für jene, wo es weit und breit kein Hallenbad gibt. Ich kenne Schulen, wo nur einmal jährlich ein einwöchiger Schwimmkurs angeboten werden kann. Dann gibt es solche, die gerade mal eine Stunde im Stundenplan eingeplant haben – inklusive umziehen und föhnen. Da ist effizienter Schwimmunterricht sehr schwierig. Auch sind nicht immer Fachpersonen da, sondern manchmal übernehmen einfach die Klassenlehrer den Schwimmunterricht.