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Wie gehen Eltern mit ihren Gefühlen um?

Bilder: Ornella Cacace / 13 Photo

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Die Sorge, ihnen könnte etwas
zustossen. Und die Angst, als Eltern nicht zu genügen.
«Schon hart», sagte plötzlich die Mutter neben mir. «Ich freue mich eigentlich für meinen Sohn, aber so lange waren wir noch nie getrennt.» Sie schniefte. Ihr Mann drückte den Sohn an sich, vielleicht einen Hauch zu lang. «Lass mal, Papa», motzte der. Wir Eltern lächelten uns an. Für einen kurzen Moment waren wir eine Art emotionale Solidargemeinschaft. Und es war einfach ein gutes Gefühl, mit diesem Gefühlswirrwarr nicht allein zu sein.
Mit der Geburt beginnt ein zuvor unbekanntes Wechselbad der Gefühle
Auch das Befremden über manche Verhaltensweisen. Und natürlich ist da auch die Wut, wenn mal wieder nichts geht. Oder man zum gefühlt tausendsten Mal eine Frage, Bitte, Ermahnung geäussert hat.

Erst hatte meine Nachbarin in der Wohnung gewartet, wo ihr jüngerer Sohn gerade schlief. Irgendwann war sie auf die Strasse gegangen, um Ausschau zu halten. Ja, der Bub trödelte gerne etwas. Aber so lange? «Die Ampeln funktionieren auf dem Weg doch alle. Nein, da sind keine schlecht einsehbaren Baustellen. Der kommt gleich, wirst sehen», versuchte ich sie zu beruhigen.
Nein, meine Nachbarin hat ihren Sohn nicht geohrfeigt, natürlich nicht, das käme ihr nicht in den Sinn. Aber man konnte ihr ansehen, dass sie gern gegen etwas geschlagen oder getreten hätte, um den inneren Druck loszuwerden.
Manchmal hilft nur Brüllen

Eltern empfinden sich als zu ungeduldig, zu wenig zugewandt
Sie alle fühlten sich zu ungeduldig, zu wenig zugewandt, zu ängstlich, zu unorganisiert. Eine vergleichbare Studie der internationalen Babysitter-Plattform Sitly hat ergeben, dass sich 44 Prozent der Väter und Mütter in der Schweiz permanent gestresst fühlen.
Trotzdem fühlen sich viele in ihrer Rolle überfordert.
Natürlich ist Elternalltag gefüllt mit Liebeseuphorie-Momenten. Ein milchzahnloses Lächeln, ein feuchter Kuss oder auch der Anblick der schlafenden Kinder können vorher unbekannte Glücksgefühle auslösen. Darüber tauschen sich alle Mütter und Väter gerne aus.

Kinder kitzeln Gefühle wach
Sie sind geballte Gefühlspakete, die in unser Leben knallen. «All das, was wir über Jahre verdrängt und zugedeckt haben, manchmal schon seit der ganz frühen Kindheit, wird nun wachgekitzelt und drängt mit grosser Wucht an die Oberfläche.» In vielen Familien beginnt damit ein Kampf, je nachdem, wie laut und emotional ein Kind seine Gefühle auslebt, und je nachdem, wie heftig Vater und Mutter darauf reagieren.
Sie sind geballte Gefühlspakete, die in unser Leben knallen.

Die Gespräche, die sie dort führt, beginnen häufig mit der Annahme, dass mit dem Kind etwas nicht stimme, dass es vielleicht emotionale Regulationsprobleme habe oder falsch erzogen werde. Es sei so aggressiv, heisst es oft. «Ich lenke dann das Thema zunächst auf die Eltern und frage sie, was bestimmte Situationen bei ihnen auslösen. Wie geht es ihnen damit? Und warum?»
Viele Eltern seien mit dem Blick zu sehr beim Kind, zu wenig bei den eigenen Emotionen. Sie achteten gar nicht darauf, was für Prozesse sich in ihrem Inneren abspielten. Die Familienberaterin schlüsselt dann mit ihnen auf, warum sie sich irgendwann von den eigenen Gefühlen derart übermannt fühlen. Das ist der erste Schritt zu einer Entspannung der emotionalen Lage.
unterbunden, ignoriert oder verleugnet. Dabei verraten sie einiges über einen selbst.
Am Ende des Tages kam sie nur deshalb wohlbehalten zu mir zurück, weil ein Rettungsschwimmer sie noch rechtzeitig aus dem Wasser gezogen hatte. Die Angst sass tief. Aber schon in dem Moment, in dem ich sie ansprach, hatte sie von ihrer Macht verloren.
Mehr erklären als schimpfen

«Authentisch zu sein, bedeutet aber nicht, alle Emotionen zu 100 Prozent ungefiltert herauszulassen.» Statt «Das macht mich wahnsinnig wütend» oder «Deshalb bin ich traurig», zu sagen, werde häufig das Kind als Person abgewertet, manchmal auch beschimpft. «Sei nicht so blöd», «Du bist rücksichtslos», «Nie bekommst du es hin, dich normal zu benehmen» sind Beispiele für die verbalen Angriffe.
Eltern sollten authentisch sein.
Sich selbst, aber auch ihren Kindern zuliebe.
Rike Drust beschreibt in «Muttergefühle», dass ihr das nicht immer gelingt und sie ab und an rumbrüllt. «Danach entschuldige ich mich und erkläre, warum ich so sauer war. Meine letzte Frage ist: Sind wir wieder Freunde? Danach drücken wir uns und fangen wieder von vorne an.»

Aber die 48-Jährige erinnert sich noch gut an eine Spielplatzszene, in der ihr als junger Mutter dieser Mangel aufgefallen war. Sie beobachtete ein anderes Kind, das sich wehgetan hatte und daraufhin ganz genau erklären konnte, warum es traurig und auch wütend war. «Ich war so überrascht, wie gut dieses Mädchen seine Gefühle benennen konnte. Ich bin in einen Buchladen gerannt und habe einen Ratgeber gekauft, der meiner Tochter das auch beibringen sollte. Aber das hat natürlich so nicht funktioniert. Weil ich selbst nicht bei meinen Gefühlen war. Ich musste erst lernen, das vorzuleben.»

bei ihr heftige Emotionen auslösen.
Buch-Tipps zum Thema Elterngefühle
- Rike Drust: «Muttergefühle. Gesamtausgabe»
C. Bertelsmann 2011, ca. 23 Fr.
- Rike Drust: «Muttergefühle. Zwei: Neues Kind, neues Glück»
C. Bertelsmann 2017, ca. 25 Fr.
- Stefanie Stahl und Julia Tomuschat: «Nestwärme, die Flügel verleiht. Halt geben und Freiheit schenken – wie wir erziehen, ohne zu erziehen»
Gräfe und Unzer 2018, ca. 28 Fr.
- Vivian Dittmar: «Der emotionale Rucksack. Wie wir mit ungesunden Gefühlen aufräumen»
Kailash 2018, ca. 25 Fr.
- Vivian Dittmar: «Kleine Gefühlskunde für Eltern. Wie Kinder emotionale & soziale Kompetenz entwickeln»
VCS Dittmar, Edition Est 2015, ca. 20 Fr.
Mehr lesen aus unserem Dossier Elterngefühle:
- «Frau Stahl, wie wirken sich eigene Kindheitserfahrungen aufs Elternsein aus?»
Die Psychotherapeutin Stefanie Stahl hat einen Ratgeber darüber geschrieben, was die Gefühle von Eltern zu ihren Kindern beeinflusst. Ein Gespräch über Empathie, Kindheitserfahrungen und Selbstreflexion.
- Familienbericht: «Meine Ängste sollten nicht unseren Alltag bestimmen»
Kathrin Ulrich, 43, ist seit der Geburt ihrer Kinder Meret*, 5, und Basil*, 1, Hausfrau und Mutter, ihr Mann Nils, 39, arbeitet als Facharzt für Neurochirurgie. Ihre Tochter kam zu früh auf die Welt, es dauerte danach lange, bis Kathrin Ulrich einen Weg fand, mit ihren Ängsten umzugehen.
- Familienbericht: «In den Fantasiewelten meiner Kinder sehe ich mich selbst»
Christian Meier, 50, ist Landwirt. Er hat zwei grosse Kinder, 17 und 15 Jahre alt, aus erster Ehe. Mit seiner Frau Pia, 40, und seinen beiden jüngeren Kindern Corsin, 6, und Ladina, 3, lebt er auf seinem Hof in Niederweningen ZH. Er teilt oft die kindliche Perspektive seiner jüngeren Kinder und freut sich über manchen Unsinn. Seiner Frau Pia, schulische Heilpädagogin, geht das manchmal zu weit.
