Trennung: «Was wir durchmachten, wünsche ich keiner Familie» - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Trennung: «Was wir durchmachten, wünsche ich keiner Familie»

Lesedauer: 3 Minuten

Sie wollte die Kindererziehung nach der Trennung aufteilen, ihr Ex-Mann beanspruchte die Obhut für sich. Der Fall von Mahalia Kelz zeigt, dass sich Gerichte mit der alternierenden Obhut noch schwertun. Ein Protokoll aus unserem Dossier zum Thema Scheidungskinder.

«Mein Mann und ich heirateten 2001. Innerhalb der nächsten fünf Jahre brachte ich vier Söhne zur Welt, darunter Zwillinge. Die Kinder sind heute zwischen 11 und 15 Jahre alt. 2012 trennten wir uns. Was meine Söhne und ich seither durchmachen mussten, wünsche ich keiner anderen Familie.

Nach der Trennung lebten wir erst ein Jahr lang weiter alle zusammen im Haus, das ich für die Familie gekauft hatte und das mir heute noch im Alleineigentum gehört. Wir Eltern teilten die Betreuung der Kinder tageweise zwischen uns auf. Diese Zeit war fürchterlich für alle. Dass keiner weichen wollte und auszog, lag einerseits daran, dass wir beide mit den Kindern leben wollten. Andererseits hätte das Gericht in der Obhutsfrage später wohl einfach den Status quo bestätigt. 

Mahalia Kelz trennte sich nach elf Jahren von ihrem Mann. «Was meine Söhne und ich danach durchmachen mussten, wünsche ich keiner Familie.»
Mahalia Kelz kämpfte vier Jahre um das Besuchsrecht für ihre Kinder. Sie liess sich nebenberuflich zur Mediatorin ausbilden.
Im Dezember 2013 kam das Trennungsurteil: Mein Mann würde die alleinige Obhut der Kinder und das Wohnrecht im Haus bekommen. Den Wortlaut aus der Begründung bringe ich nicht mehr aus dem Kopf: Beide seien ‹obhutsfähig›, aber mein Mann habe ‹wohl mehr Zeit›. Denn er arbeitete nicht, ich hingegen schon. Dabei arbeite ich Teilzeit. Einen Grossteil der Arbeit kann ich zu Hause und zu flexiblen Zeiten erledigen, sodass ich sehr viel für die Kinder da bin. Mir wurde beschieden, dass ich innerhalb von drei Wochen ausziehen müsse – und dies kurz vor Weihnachten!

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Dieser Artikel gehört zu unserem Online-Dossier Trennung. Lesen Sie weitere Artikel und Tipps, wie Eltern es schaffen, nach einer Trennung als Familie weiter zu bestehen und sich zum Wohle des Kindes zu verhalten. 

Das war ein Schock. Ich ging in Berufung und musste laut Berufungsurteil, das nach sieben Monaten Warten eintraf, doch nicht Hals über Kopf ausziehen. Ich hatte dann riesiges Glück und fand im selben Dorf ein grosses und trotzdem bezahlbares Haus, in dem alle meine Kinder ihr eigenes Zimmer haben. Ich bin überzeugt: Etwas vom Allerwichtigsten für Kinder von getrennten Eltern sind kurze Distanzen. Ich sehe täglich, wie praktisch und nötig es ist, dass wir alles in Fussnähe haben.

Anfangs durften meine Kinder nur im Rahmen eines Besuchsrechts zu mir. Weil sich mein Mann vehement gegen die alternierende Obhut wehrte, musste ich vier Jahre kämpfen, bis im Rahmen des Scheidungsverfahrens im März 2017 das Besuchsrecht so weit ausgedehnt wurde, dass meine Kinder heute fast gleich oft bei mir sind wie bei ihrem Vater. Und dies, obwohl meine Söhne sich das von Anfang an wünschten. Als sie vom Gericht befragt wurden, sagten sie: ‹So blöd, dass eine Woche sieben Tage hat. Sieben kann man nicht durch zwei teilen.›

Entspannung beim Harfenspiel: «Der egoistische Kampf der Eltern schadet Kindern am meisten», sagt Mahalia Kelz. 
Entspannung beim Harfenspiel: «Der egoistische Kampf der Eltern schadet Kindern am meisten», sagt Mahalia Kelz. 

Die Scheidung und die definitive Regelung von Obhut und Wohnrecht stehen immer noch aus. Für die Kinder ist das sehr belastend. Ich habe wirklich alles versucht, damit der Elternkonflikt nicht auf die Kinder übergreift. Anfangs wollte ich alles im Gespräch lösen, doch da hatte mein Ex-Mann bereits eine Anwältin engagiert. Dabei wäre es so wichtig, dass man auch im grössten Streit den anderen ernst nimmt, seine Bedürfnisse anerkennt und respektiert, sodass man zu einer gemeinsamen Lösung kommt, die vor allem den Kindern zugutekommt.

Um zukünftigen Trennungskindern zu helfen, habe ich nebenberuflich die Ausbildung zur Mediatorin gemacht. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen engagiere ich mich zudem für die Kinderrechtsorganisation Kisos. Wir fordern, dass die gleichberechtigte Betreuung der Kinder die Regel wird. Eltern sollten zwar nicht zur alternierenden Obhut verpflichtet werden, diese sollte aber in der Gerichtspraxis zur ‹First Choice› werden – weil sie nachweislich das Beste ist für die Kinder und ihren Grundrechten entspricht. Trennungen können Kinder ver­arbeiten, ein Elternteil lässt sich aber nicht ersetzen.»


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Dossier Scheidung: Kindeswohl nach der Trennung.
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