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Alles, was Sie über Sackgeld wissen sollten

Lesedauer: 5 Minuten

Mit Sackgeld lernen Kinder den Umgang mit Geld durch eigene Erfahrungen kennen. Sie können sich im Sparen üben und dürfen auch mal pleite gehen. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt? Wie hoch soll der Betrag sein und welche Regeln gilt es zu befolgen?

Text: Simone Liedtke
Bild: Adobe Stock

Sackgeld hat in der Schweiz eine lange Tradition und ist praktisch jeder Familie ein Begriff, auch wenn die Gewohnheiten und Bedürfnisse, die sozialen und kulturellen Verhältnisse verschieden sind. Der Dachverband Budgetberatung Schweiz empfiehlt grundsätzlich, Kindern Sackgeld zu zahlen. Schlussendlich entscheiden die Eltern, ob, wieviel und wann die Kinder Sackgeld erhalten. 

Das Thema erscheint einfach, wirft aber in der Praxis einige Fragen auf. Um den grösstmöglichen Lerneffekt zu erzielen, lohnt es sich, gängige Regeln und Tipps zu befolgen, die aus langjährigen Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Sackgeld resultieren. Wie die Sache in der Praxis aussieht, erzählen uns drei Kinder aus unterschiedlichen Familien.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für Sackgeld? 

Zu früh macht Sackgeld keinen Sinn. Kleinkinder sind zwar meist mit Geld in Berührung gekommen, beispielsweise beim Spielen mit ausländischen Münzen oder Spielgeld. Den Wert des Geldes können sie jedoch noch nicht erfassen und für das Konzept Sparen haben sie nicht die nötige Zeitwahrnehmung.

Das erste Sackgeld wird meistens für Süssigkeiten ausgegeben.

Kindergartenkinder können langsam für das Thema sensibilisiert werden. Dies kann beim Einkaufen geschehen, wenn sie selber etwas an der Kasse bezahlen dürfen. Ein klassisches Sackgeld macht jedoch erst in der Primarschule Sinn. In diesem Alter kann man mit Kindern Gespräche über Geld führen, ihnen den Wert des Geldes erklären und was Sparen bedeutet. Sie können bereits rechnen und erste Sparziele definieren und erreichen. 

Wussten Sie, dass…

  • … Mädchen später Taschengeld erhalten als Buben, dafür gleich viel. Vor allem bei den Fünf- bis Siebenjährigen ist der Unterschied gross.
  • … in der Deutschschweiz die Hälfte aller Siebenjährigen Sackgeld bekommen. In der Romandie wird oft erst mit dem Übertritt in die Sekundarschule Sackgeld bezahlt.

Quelle: CS Taschengeld-Studie 2017: https://www.credit-suisse.com/about-us-news/de/articles/news-and-expertise/taschengeld-studie-artikel-201707.html))

Wie viel Sackgeld sollte es sein?

Für die Bestimmung gibt es einheitliche Empfehlungen im Internet. Angefangen wird in der ersten Klasse (mit sechs bis sieben Jahren) mit einem Franken wöchentlich. Mit jedem weiteren Schuljahr steigt der Betrag um einen Franken wöchentlich bis zur fünften Klasse, dann empfiehlt sich ein monatlicher Betrag. In der untenstehenden Tabelle ist die gängige Empfehlung zur Höhe des Sackgeldes aufgeführt. 

Empfehlungen zur Höhe des Sackgeldes nach Schuljahr
  1. Klasse: 1 Franken pro Woche
  2. Klasse: 2 Franken pro Woche
  3. Klasse: 3 Franken pro Woche
  4. Klasse: 4 Franken pro Woche

5. bis 6. Klasse: 25 bis 30 Franken pro Monat

7. bis 8. Klasse: 30 bis 40 Franken pro Monat

9. bis 10. Klasse: 40 bis 50 Franken pro Monat

Ab der 11. Klasse: 50 bis 80 Franken pro Monat

Quelle: Dachverband Budgetberatung Schweiz

Dürfen die Eltern Vorgaben machen, wofür die Kinder das Sackgeld ausgeben? 

Das Gesetz definiert ganz klar: Sackgeld, sowie das durch Nebenbeschäftigungen verdiente Geld, soll Kindern nach §323 des Schweizer Zivilgesetzbuches frei zur Verfügung stehen. Das heisst im Klartext, wir dürfen unseren Kindern zwar Sackgeld geben, ihnen aber nicht vorschreiben, was sie damit machen sollen. Ein wenig Hilfe im Umgang mit dem Geld ist jedoch ratsam. 

Womit sich die meisten Eltern abfinden müssen: Das erste Sackgeld wird meistens für Süssigkeiten ausgegeben. Das hat weniger mit der Einstellung der Eltern zur Ernährung zu tun, als mit der grossen Verlockung von Orten wie dem Kiosk und den Süssigkeiten, die für die Kinder erschwinglich sind.

Sackgeld sollte regelmässig und unaufgefordert ausbezahlt werden. Es ist kein Bonus für gute Noten oder gutes Benehmen.

So war dies auch bei Rosa. Sie ist heute zehn Jahre alt und hat mit sieben, als sie in die erste Klasse kam, zum ersten Mal Sackgeld erhalten. Ihre Eltern arbeiten beide Teilzeit, teilen sich die Betreuung und kochen leidenschaftlich gerne. Obwohl es bei Rosa zu Hause auch mal Schokolade und Nutella gibt, fühlte sie sich magisch angezogen vom Kiosk.

Sie erinnert sich: «Ich bekam einen Franken pro Woche. Immer am Sonntag. Damit bin ich am Montag zum Kiosk gegangen und habe alles sofort für Süssigkeiten ausgegeben. Um mir einen Beutel Gummibärli kaufen zu können, musste ich zwei Wochen sparen. Für etwas Richtiges dauerte es mir zu lange.» Heute spart sie ihr Sackgeld. Es mache ihr Freude, wenn sie Ende Monat einen so grossen Betrag gespart habe, dass sie sich etwas Lässiges aus der Papeterie leisten könne.

Bei Jonas war die Situation etwas anders, der Endeffekt jedoch derselbe. Jonas ist elf Jahre alt und geht in die fünfte Klasse. Seine Eltern arbeiten beide ganztags und kommen erst am Abend nach Hause, deshalb besucht Jonas den Mittagshort. Das Essen im Hort schmecke ihm nicht immer, meint Jonas, deshalb habe er oft im Laden Guetzli und Süsses gekauft. Heute erhält Jonas 25 Franken Sackgeld am Monatsende.

«Seit ich Nötli als Sackgeld bekomme, habe ich mehr Lust zu sparen. Das Münz gibt man schneller aus», weiss er. Eigentlich mag er Süsses nicht allzu sehr und spart lieber auf ein Skateboard. «Dafür spare ich schon zehn Monate die Hälfte meines Sackgeldes. Zusammen mit dem Geburtstagsgeld kriege ich den Betrag an meinem Geburtstag zusammen.» Jonas ist sichtlich stolz auf seinen Sparplan, den er mit seinen Eltern ausgetüftelt hat. Als Sponsoring legen die Eltern zusätzlich noch 20 Franken oben drauf, wenn er das abgemachte Sparziel erreicht hat. 

Sackgeld hat in der Schweiz eine lange Tradition

Sackgeldregeln

Das Sackgeld sollte regelmässig und unaufgefordert ausbezahlt werden. Nur wenn sich das Kind auf die Auszahlung des Sackgeldes verlassen kann, lernt es auch längerfristig verantwortungsbewusst damit umzugehen. Das Sackgeld ist kein Bonus für gute Noten oder gutes Benehmen. Und es darf auf keinen Fall zur Bestrafung gestrichen werden. Hat man sich als Eltern einmal zur Abgabe von Sackgeld entschieden, ist dieses unantastbar. 

Auch ist von Vorschüssen und Darlehen abzusehen. Genauso wie dem Ausgleichen von finanziellen Engpässen. Das kann hin und wieder zu lautstarken Szenen führen. Ein Beispiel dafür erzählt uns John, der bei seiner alleinerziehenden Mutter lebt. Er ist elf Jahre alt, geht in die 6. Klasse und kann manchmal ganz schön ausrasten. Monatlich erhält John 30 Franken Sackgeld, die er meistens in den ersten zwei Wochen ausgibt. Das kann zu Engpässen führen.

«Ich wollte mit meinen Kollegen zusammen einen Bubble Tea trinken gehen, hatte aber kein Geld. Meine Mutter wollte mir jedoch keinen Vorschuss geben. Das fand ich so gemein, da habe ich sie angeschrien. Doch sie blieb hart», erzählt John, der seiner Mutter unterdessen verziehen hat. Er durfte ihr Auto putzen und verdiente sich so den nötigen Betrag. Hart sei das schon gewesen, aber er habe gelernt, meint er im Nachhinein: «Heute teile ich mir das Sackgeld besser ein.»

Unterdessen hat sich John zu einem wertvollen Mitarbeiter im Haushalt entwickelt und verdient sich mit Gartenarbeit und Hemden Bügeln etwas dazu. Seine kleineren Ämtli, wie Tisch decken oder den Geschirrspüler einräumen, bleiben jedoch unbezahlt und sind sein Beitrag zum gemeinsamen Haushalt.

Das Wichtigste in Kürze
  • Es obliegt den Eltern, ob sie dem Kind Sackgeld bezahlen möchten.
  • Die Höhe des Sackgeldes hängt vom Alter des Kindes ab.
  • Das Sackgeld sollte regelmässig und unaufgefordert ausbezahlt werden.
  • Auf Vorschüsse, Darlehen und Finanzausgleiche sollten die Eltern verzichten.
  • Mit zusätzlicher Arbeit in Haushalt und Garten können sich Kinder etwas dazuverdienen.
  • Sackgeld darf weder als Belohnung, noch als Bestrafung eingesetzt werden.

Quellen: https://www.jugendbudget.ch/de/ und https://budgetberatung.ch/kinder

Simone Liedtke
hat Psychologie studiert, war lange Zeit Grafikerin und schreibt heute für verschiedene Formate über Kultur, Wirtschaft, Gesellschaft, bis hin zu Kinder- und Elternthemen. Sie ist Mutter zweier Teenie-Töchter und lebt mit ihrer Familie und einer sehr dicken Katze in Zürich.

Alle Texte von Simone Liedtke