Drei typische Fehler, die Schulen im Umgang mit Eltern vermeiden sollten - Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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Drei typische Fehler, die Schulen im Umgang mit Eltern vermeiden sollten

Lesedauer: 5 Minuten

Wenn das Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus belastet ist, liegt das meist an mangelnder oder ungenügender Kommunikation.

Text: Fabian Grolimund und Stefanie Rietzler
Bild: Stephan Rappo / 13 Photo

Überblick zum Thema:

Grundsätzlich funktioniert die Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus in der Schweiz gut, wie ein Forscherteam herausgefunden hat. Wenn es dennoch zu Problemen kommt, ist es beispielsweise oft ein Problem, dass Eltern nicht genau wissen, wie sie sich in die schulische Entwicklung des Kindes einbringen sollen.

Manchmal kann auch die Erwartung der Schule zu Unsicherheit im Elternhaus führen: Auf der einen Seite findet die Lehrperson, das Kind müsse sich selber um die Hausaufgaben kümmern. Auf der anderen hören die Eltern am Elternabend, dass die Hausaufgaben des Kindes oft unvollständig sind.

Und nicht zuletzt können sich Eltern hilflos fühlen, wenn am Elternabend über das Kind geurteilt wird und sie machtlos zuhören müssen. Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund erklären im folgenden Text, auf was die Schule im Umgang mit Eltern achten sollte.

Geht es um die Beziehung zwischen Elternhaus und Schule, kann das Forscherteam um Roger Keller und Reto Luder Positives berichten: «Die Mehrheit der Befragten in der Deutschschweiz ist mit der schulischen Situation der Kinder zufrieden. Sie hat Vertrauen in die Lehrpersonen, fühlt sich ausreichend informiert und ist zuversichtlich, dass die Kinder sich positiv entwickeln», so die Forscher der Pädagogischen Hochschule Zürich, die  2020 schweizweit Eltern zur Zusammenarbeit mit der Schule befragt haben.

Dennoch kommt es immer wieder vor, dass die Beziehung belastet ist und sich Eltern und Lehrkräfte gegenseitig als «schwierig» oder «inkompetent» verurteilen.

Den Grund dafür sehen Lehrpersonen oft darin, dass viele Eltern einfach keine Vorstellung davon hätten, was die Schule leisten kann und was nicht – sie wüssten einfach nicht, wie das ist, wenn man 20 bis 25 Kinder gleichzeitig unterrichten muss. Wenn wir bei Weiterbildungen für Lehrpersonen nachfragen, ob demnach die Gespräche mit Eltern, die selbst Lehrkräfte sind, besonders einfach wären, hört man Sätze wie «Nein, das sind die Schwierigsten!» oder «Naja, wenn es um meine eigenen Kinder geht, bin ich auch nicht die Einfachste». Oft sind es weder «inkompetente» Lehrkräfte noch «schwierige» Eltern und auch nicht generell ein mangelndes Verständnis für die Situation der Schule, die die Zusammenarbeit erschweren – sondern eine Handvoll typischer Kommunikationsfallen. Wer diese kennt und nicht hineintappt, kann viele unnötige Konflikte vermeiden. Drei davon möchten wir Ihnen vorstellen.

Die Eltern wissen nicht, was von ihnen erwartet wird

Für fast alle Eltern stellt sich die Frage, wie sie sich in die schulische Entwicklung ihres Kindes einbringen sollen. Müssen sie die Hausaufgaben begleiten und korrigieren? Das Kind zwingen, wenn es diese nicht von sich aus macht? Bei der Vorbereitung eines Vortrags mithelfen? Mit dem Kind lesen oder rechnen üben, wenn es dort eine Schwäche hat? Verpasste Inhalte des Wochenplans mit dem Kind nacharbeiten?

Im Elterngespräch sind Mütter und Väter oft in einer eher passiven Rolle und müssen zuhören

In vielen Lehrerkollegien herrscht kein Konsens zu diesen Fragen und sie werden demnach am Elternabend kaum thematisiert. Die Zusammenarbeit mit den Eltern verbessert sich, wenn die Rolle der Eltern im Lehrerteam besprochen wird und man sich auf einen gemeinsamen Nenner einigt. Zum Beispiel mit Hilfe von Fragen wie: Was wünschen wir uns von den Eltern an unserer Schule? Was können die Eltern tatsächlich leisten, was nicht? Welche Erwartungen kommunizieren wir an die Eltern und in welcher Form?

Die Rollenerwartungen der Schule sind widersprüchlich

Manchmal kommuniziert die Schule im Vorfeld bestimmte Erwartungen wie: «Die Kinder sind für ihre Hausaufgaben und das Lernen selbst verantwortlich. Die Eltern sollen nicht inhaltlich helfen oder korrigieren, sondern lediglich einen ruhigen Lernort zur Verfügung stellen.» Die Schule richtet ihr Handeln aber nicht danach aus. Wie wirkt es beispielsweise, wenn die Eltern dazu angehalten werden, nicht zu helfen, dann aber plötzlich feststellen müssen, dass anspruchsvolle Aufträge wie die Vorbereitung eines Vortrags als Hausaufgabe vergeben werden?  Und was, wenn diejenigen Kinder die guten Noten abräumen, bei denen die Eltern kräftig mithelfen?

Und wie soll man reagieren, wenn man beim Elterngespräch zu hören bekommt, dass das Kind gros­se Mühe hätte mit dem Lesen oder die Hausaufgaben oft unvollständig mitbringt und es schon wichtig wäre, dass man da als Eltern ein Auge drauf hat? Am Elternabend hiess es noch, das liege in der Verantwortung der Kinder und der Schule. Viele Eltern fühlen sich nach solchen Gesprächen entsprechend frustriert: «Jetzt habe ich doch genau das gemacht, was der Lehrer empfohlen hat – und am Ende stellt man mich so hin, als würde ich mich nicht genügend um mein Kind kümmern.» 

Solche Widersprüche können Eltern verunsichern, beschämen und Aggressionen auslösen. Entsprechend lässt sich das Klima zwischen Elternhaus und Schule verbessern, wenn die Schule entweder durchgehend signalisiert, in welcher Form sich die Eltern am schulischen Vorankommen des Kindes beteiligen sollen, oder tatsächlich die volle Verantwortung für den Lernprozess übernimmt – gerade auch, wenn Schwierigkeiten auftauchen.

Die Eltern werden im Eltern­gespräch hilflos gemacht

Das Elterngespräch ist nicht nur für Lehrkräfte, sondern auch für die Eltern eine schwierige Situation. Vor allem dann, wenn Probleme im Raum stehen. In der guten Absicht, die Eltern zu informieren, beschreiben Lehrpersonen neben den Stärken oft sehr konkret, was das Kind alles nicht «altersentsprechend» kann, woran es fehlt, welche Kompetenzen es laut Lehrplan entwickeln sollte, aber bisher nicht zeigt. 

Die Eltern sind dabei oft in einer eher passiven Rolle und müssen zuhören und aushalten, wie jemand ihr Kind beurteilt.

Besonders schwierig ist das, wenn Probleme lediglich in den Raum gestellt werden:

In der Video-Serie «Und was denkst denn du?» befragen die Psychologen Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund Jugendliche rund um die Themen Schule, Eltern, Freundschaft und Zukunft. In dieser Folge wollten sie von den Jugendlichen wissen, was für sie eine gute Schule ausmacht.
  • «Eren starrt beim selbstorganisierten Lernen Löcher in die Luft und kommt nicht vorwärts. Er kann sich überhaupt nicht konzentrieren.» 
  • «Beim Lesen hat Maria grosse Mühe. Sie liest sehr stockend und versteht oft die Aufträge nicht.»
  • «Paula kann sich in den Gruppen nie so richtig einbringen und meldet sich kaum im Unterricht. Die Pause verbringt sie auch oft alleine für sich.»

Nach solchen Aussagen entsteht in den Köpfen der Eltern sofort die Frage: «Was heisst das jetzt?» Und darauf wollen sie eine gute Antwort. 

Erens Vater möchte wissen, was sie als Eltern zu Hause tun können, damit ihr Kind nächste Woche Montag um 9.30 Uhr beim selbstorganisierten Lernen nicht mehr aus dem Fenster schaut, sondern sich auf seine Aufgaben einlässt. Marias Mutter braucht eine Anleitung, wenn sie als Eltern irgendetwas tun sollen, um die Tochter beim Lesenlernen zu unterstützen, oder sie will wissen, was die Schule unternimmt, damit ihr Kind den Anschluss nicht verliert. Paulas Eltern brauchen Klarheit darüber, ob die Lehrerin die zurückhaltende, etwas schüchterne Art ihres Kindes als Problem sieht, bei dem man etwas unternehmen müsste – oder es als Eigenart ihres Kindes akzeptiert und lediglich eine Beo­bachtung zurückmelden wollte. 

Elterngespräche werden sofort besser und konstruktiver, wenn Lehrpersonen Problembeschreibungen kurzhalten, die Sichtweise der Eltern erfragen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dabei ist es für beide Parteien hilfreich, wenn man die Eltern als Experten für ihr Kind wahrnimmt und aktiv nachfragt, was man aus ihrer Sicht noch tun könnte, um das Kind in der Schule besser zu unterstützen.

Was ist eine gute Schule, was ein guter Lehrer? Wie können Kinder am besten lernen? «Wie Schule gelingt»: Über dieses Thema hat Psychologe und Lerncoach Fabian Grolimund 2019 mit Nik Niethammer gesprochen. Hier können Sie das Gespräch im Kulturpark als Video anschauen und die wichtigsten Punkte nachlesen.

Stefanie Rietzler und Fabian Grolimund
sind Psychologen und leiten die Akademie für Lerncoaching in Zürich. Die beiden eint der Wunsch, dass Kindergarten und Schule Orte sind, wo sich Kinder, Eltern und Lehrpersonen wohl fühlen und voneinander lernen können.

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