26. Juni 2023
Hilfe, mein Sohn will in den Klassenchat auf Whatsapp!

Lesedauer: 1 Minuten
Marianne, 38, misstraut Whatsapp aus Datenschutzgründen. Ein Clinch: «Was kann ich tun, wenn der Sohn in den Klassenchat möchte, ich selbst aber Whatsapp ablehne?»
Eine Frage – drei Meinungen
Ich lehne Whatsapp aus Datenschutzgründen ab. Jetzt will mein Sohn, 13, unbedingt in den Klassenchat auf Whatsapp. Soll ich meinen Prinzipien treu bleiben und es ihm verbieten? Er sagt, er werde ohne Whatsapp zum Aussenseiter in der Klasse. Wie soll ich mich verhalten?
Marianne, 38, Lörrach (D)
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Nicole Althaus
Wenn beide Seiten recht haben, ist es schwierig, zu vermitteln. Ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen und muss gleichzeitig bestätigen, dass die Angst Ihres Sohnes begründet ist. Whatsapp ist für Ihren Sohn, was der Dorfbrunnen für Ihre Urgrossmutter war: der Ort, wo wichtige Informationen ausgetauscht und Treffpunkte vereinbart werden, wo Hausaufgabenhilfe geleistet und geklatscht wird. Ohne Zugang zu diesem Dorfbrunnen wird es schwierig, am Sozialleben in der Klasse teilzunehmen. Erlauben Sie es ihm. Oder schlagen Sie vor, dass die Klasse auf die App Signal wechselt – diese Chatplattform ist sicherer und gehört nicht Facebook.
Wenn beide Seiten recht haben, ist es schwierig, zu vermitteln. Ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen und muss gleichzeitig bestätigen, dass die Angst Ihres Sohnes begründet ist. Whatsapp ist für Ihren Sohn, was der Dorfbrunnen für Ihre Urgrossmutter war: der Ort, wo wichtige Informationen ausgetauscht und Treffpunkte vereinbart werden, wo Hausaufgabenhilfe geleistet und geklatscht wird. Ohne Zugang zu diesem Dorfbrunnen wird es schwierig, am Sozialleben in der Klasse teilzunehmen. Erlauben Sie es ihm. Oder schlagen Sie vor, dass die Klasse auf die App Signal wechselt – diese Chatplattform ist sicherer und gehört nicht Facebook.

Peter Schneider
Einerseits: Sie haben (wahrscheinlich, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann) recht. Andererseits: Ihr Sohn hat ebenso (und zwar mit einem plausiblen Argument) recht. Um dieses Problem zu lösen, braucht es Kompromisse und keine Prinzipienreiterei. In diesem Fall heisst das: Sie können Ihrem Sohn gerne Ihre Argumente erläutern, ihm aber nicht verordnen, wegen Ihrer Prinzipientreue aussen vor zu sein. Denn nicht nur polizeiliche Handlungen, sondern auch Prinzipien unterstehen dem Prinzip der Verhältnismässigkeit.
Einerseits: Sie haben (wahrscheinlich, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann) recht. Andererseits: Ihr Sohn hat ebenso (und zwar mit einem plausiblen Argument) recht. Um dieses Problem zu lösen, braucht es Kompromisse und keine Prinzipienreiterei. In diesem Fall heisst das: Sie können Ihrem Sohn gerne Ihre Argumente erläutern, ihm aber nicht verordnen, wegen Ihrer Prinzipientreue aussen vor zu sein. Denn nicht nur polizeiliche Handlungen, sondern auch Prinzipien unterstehen dem Prinzip der Verhältnismässigkeit.

Annette Cina
Jugendliche informieren, kommunizieren und unterhalten sich über soziale Medien. Dem können Sie leider nicht entkommen. Aber der Umgang damit muss und kann gelernt werden. Die Frage ist, was über den Klassenchat alles verbreitet wird. Erlauben Sie Ihrem Sohn den Whatsapp-Gebrauch für den Klassenchat. Vereinbaren Sie jedoch auch, dass Sie sich die Freiheit nehmen, diesen auch immer wieder anzuschauen. So erhalten Sie eine gewisse Kontrolle und haben immer noch die Möglichkeit, zu intervenieren und den Gebrauch wieder zu stoppen, sollten Sie merken, dass dort Inhalte ausgetauscht werden, die Sie nicht unterstützen möchten.
Jugendliche informieren, kommunizieren und unterhalten sich über soziale Medien. Dem können Sie leider nicht entkommen. Aber der Umgang damit muss und kann gelernt werden. Die Frage ist, was über den Klassenchat alles verbreitet wird. Erlauben Sie Ihrem Sohn den Whatsapp-Gebrauch für den Klassenchat. Vereinbaren Sie jedoch auch, dass Sie sich die Freiheit nehmen, diesen auch immer wieder anzuschauen. So erhalten Sie eine gewisse Kontrolle und haben immer noch die Möglichkeit, zu intervenieren und den Gebrauch wieder zu stoppen, sollten Sie merken, dass dort Inhalte ausgetauscht werden, die Sie nicht unterstützen möchten.
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 51, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Peter Schneider, 66, ist Kolumnist, Satiriker, Psychoanalytiker, Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und Gastprofessor für Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
- Nicole Althaus, 54, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern.
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In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten Ihre Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion@fritzundfraenzi.ch