Was tun, wenn Grosi nervt?

Eine Grossmutter betreut ihre Enkelinnen regelmässig und redet mit ihnen ständig über ihre Gewichtsprobleme. Der Vater hat damit grosse Mühe. Das sagt unser Expertenteam.
Eine Frage – drei Meinungen
Meine Schwiegermutter spricht mit unseren Töchtern, neun und elf Jahre alt, ständig über ihre eigenen Gewichtsprobleme und mahnt die beiden, nicht zu viel zu essen, da sie sonst dick würden. Zudem lobt sie unsere ältere – sehr schlanke – Tochter regelmässig für ihre gute Figur. Ich habe meine Schwiegermutter bereits mehrmals gebeten, damit aufzuhören – ohne Erfolg. Die Mädchen sind zweimal pro Woche über Mittag bei ihr. Was kann ich tun?
Norbert, 48, Mettmenstetten ZH
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Tja – da haben Sie den Salat. Und erst noch einen ohne Kalorien. An fremden Tischen gelten fremde Regeln. Das ist grundsätzlich meine Haltung, und Sie sind ja sicher dankbar für den fremden Kocheinsatz. Gut, dass Sie mit der Schwiegermutter geredet haben. Besser noch, wenn Sie mit Ihren Töchtern reden und offen artikulieren, warum Sie die Gewichtsbesessenheit der Grossmutter für problematisch halten. Die Kids sind alt genug, ihre eigene Haltung zum Essen zu entwickeln. Und reif genug zu lernen, dass selten alle Menschen am Tisch einer Meinung sind.

Fokussieren Sie darauf, worauf Sie mehr Einfluss haben werden als auf das Verhalten Ihrer Schwiegermutter: auf Ihre Kinder. Fragen Sie diese, ob sie mit den Aussagen der Grossmama ein Problem hätten und diese sie verunsicherten. Sprechen Sie an, was Ihnen Sorge bereitet. Es ist eine gute Gelegenheit, die Kinder zu lehren, wie mit Ansichten und Meinungen von anderen umgegangen werden kann. Legen Sie Ihre andere Meinung dar und bestärken Sie Ihre Kinder darin, dass diese so, wie sie sind, völlig okay sind. Dadurch können diese lernen: Meinungen gibt es viele. Nicht alles, was andere sagen, ist richtig. Man darf seinen eigenen Weg gehen.

Ihre Schwiegermutter ist ein hartnäckiger Fall – wie die meisten Menschen, die sich und andere mit Gewichts- und Figurproblemen pestilieren. Solche Alltags-Anorexie (unter dem Level einer eigentlichen Magersucht) ist nicht selten und durch «vernünftige» Gespräche kaum zu beseitigen. Wie bei einer echten Magersucht ist dieses Verhalten recht zwanghaft. Am besten setzen Sie also bei Ihren Kindern an: Sagen Sie ihnen (ohne dabei ein grosses Fass aufzumachen), dass die Oma in diesen Fragen halt ein bisschen spinnt und dass es Blödsinn ist, was die Oma über Gewicht, Essen und Figur herauslässt.
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 52, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Peter Schneider, 65, ist Kolumnist, Satiriker, Psychoanalytiker, Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und Gastprofessor für Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
- Nicole Althaus, 54, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 20 und 16 Jahren.
In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten IHRE Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion@fritzundfraenzi.ch