22. August 2022
Schminkverbot in der Schule – ja oder nein?

Lesedauer: 2 Minuten
Die Lehrerin einer sechsten Klasse fordert die Eltern auf, ihren Töchtern zu verbieten, sich für die Schule zu schminken. Weltfremd oder berechtigt? Das sagt unser Expertenteam.
Eine Frage – drei Meinungen
Unsere Tochter besucht die sechste Klasse. Am letzten Elternabend hat uns ihre Lehrerin darauf hingewiesen, dass viele Mädchen stark geschminkt zum Unterricht erscheinen. Sie hat uns Eltern aufgefordert, unseren Töchtern zu verbieten, sich für die Schule zu schminken. Was halten Sie von einem solchen Verbot?
Urs, 39 und Madeleine, 41, Bern
Das sagt unser Expertenteam dazu:

Annette Cina
Das Ausprobieren und Sich-Entdecken ist ein sinnvoller Entwicklungsprozess. Wie möchte ich erscheinen, wie möchte ich wirken? Es ist aber auch eine Tatsache, dass Ihre Tochter sich nicht überall so zeigen kann, wie sie es möchte. Wir alle haben gelernt, uns in gewissen Bereichen an Regeln und Normen zu halten, auch wenn wir diese nicht immer teilen. Vereinbaren Sie mit Ihrer Tochter, sich während der Schule (noch) nicht zu schminken. In der Freizeit kann sie es so handhaben, wie sie es möchte.
Das Ausprobieren und Sich-Entdecken ist ein sinnvoller Entwicklungsprozess. Wie möchte ich erscheinen, wie möchte ich wirken? Es ist aber auch eine Tatsache, dass Ihre Tochter sich nicht überall so zeigen kann, wie sie es möchte. Wir alle haben gelernt, uns in gewissen Bereichen an Regeln und Normen zu halten, auch wenn wir diese nicht immer teilen. Vereinbaren Sie mit Ihrer Tochter, sich während der Schule (noch) nicht zu schminken. In der Freizeit kann sie es so handhaben, wie sie es möchte.

Peter Schneider
Nichts. Es ist schlicht eine Unverschämtheit und dumm noch dazu. Ein solches Verbot macht aus einem Verhalten, das innert kurzer Zeit von selbst verschwinden würde, a) ein gewichtiges pädagogisches Problem, das b) Sie nun lösen müssen. Soll doch die Lehrerin es den Schülerinnen selbst verbieten und dieses Verbot gefälligst auch erklären (was ihr schwerfallen dürfte) und nicht gleich noch Sie zu Erziehungsberechtigten erklären, die das angemessene Aussehen ihrer Töchter nicht im Griff haben.
Nichts. Es ist schlicht eine Unverschämtheit und dumm noch dazu. Ein solches Verbot macht aus einem Verhalten, das innert kurzer Zeit von selbst verschwinden würde, a) ein gewichtiges pädagogisches Problem, das b) Sie nun lösen müssen. Soll doch die Lehrerin es den Schülerinnen selbst verbieten und dieses Verbot gefälligst auch erklären (was ihr schwerfallen dürfte) und nicht gleich noch Sie zu Erziehungsberechtigten erklären, die das angemessene Aussehen ihrer Töchter nicht im Griff haben.

Nicole Althaus
Ich gehe davon aus, dass Sie die sechste Primarschulklasse meinen und damit Mädchen, die noch Kinder sind oder erst am Anfang der Pubertät stehen und sich schminken. Nicht dass ich Make-up verwerflich finden würde, schliesslich ist das Basteln am Ich ein Teil der Metamorphose von Teenagern. Schminken für eine Party? Klar doch. Aber tagtäglich? Ich würde es meiner Tochter verbieten. Dass die Lehrerin mit einem Verbotsappell Erfolg hat, bezweifle ich aber. Sinnvoller fände ich ein Gespräch in der Klasse und in den Elternhäusern über die Signale, die Make-up aussenden kann und wie es die eigene Wahrnehmung verändert.
Ich gehe davon aus, dass Sie die sechste Primarschulklasse meinen und damit Mädchen, die noch Kinder sind oder erst am Anfang der Pubertät stehen und sich schminken. Nicht dass ich Make-up verwerflich finden würde, schliesslich ist das Basteln am Ich ein Teil der Metamorphose von Teenagern. Schminken für eine Party? Klar doch. Aber tagtäglich? Ich würde es meiner Tochter verbieten. Dass die Lehrerin mit einem Verbotsappell Erfolg hat, bezweifle ich aber. Sinnvoller fände ich ein Gespräch in der Klasse und in den Elternhäusern über die Signale, die Make-up aussenden kann und wie es die eigene Wahrnehmung verändert.
Das Expertenteam:
- Annette Cina, 51, arbeitet am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. In ihrer eigenen Praxis berät die Psychologin, Psychotherapeutin und dreifache Mutter Jugendliche und Erwachsene. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Prävention von kindlichen Verhaltensstörungen, Paarkonflikte, Kindererziehung und Stress.
- Peter Schneider, 62, ist Kolumnist, Satiriker, Psychoanalytiker, Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und Gastprofessor für Geschichte und Wissenschaftstheorie der Psychoanalyse in Berlin.
- Nicole Althaus, 51, ist Chefredaktorin Magazine und Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag», Kolumnistin und Autorin. Sie hat den Mamablog auf tagesanzeiger.ch initiiert und geleitet und war Chefredaktorin von «wir eltern». Nicole Althaus ist Mutter von zwei Kindern im Alter von 20 und 16 Jahren.
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In dieser Rubrik beantworten Expertinnen und Experten IHRE Fragen zu Erziehung und Alltag mit Kindern.
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