Sind Nahrungsergänzungen für Kinder sinnvoll?

Aus Ausgabe
10 / Oktober 2024
Lesedauer: 4 min

Sind Nahrungsergänzungen für Kinder sinnvoll?

Eltern möchten ihr Kind möglichst vor Mangelerscheinungen und Krankheiten schützen. Doch braucht es dafür Vitamin- und Mineralstoffpräparate? Oder reichen die Nährstoffe in der täglichen Ernährung aus, damit das Kind fit und gesund bleibt?
Text: Wina Fontana

Bild: iStockphoto


In Zusammenarbeit mit Betty Bossi

Spätestens in der Grippesaison stellen sich viele Eltern die Frage, wie sie die Abwehrkräfte ihrer Kinder stärken können. Dabei fällt die Wahl im Schnitt bei fast jedem zehnten Kind auf Nahrungsergänzungsmittel. Laut einer deutschen Studie erhalten rund 7 Prozent der Kinder bis 6 Jahre regelmässig entsprechende Supplemente. Bei den 6- bis 17-Jährigen sind es sogar schon 15 Prozent.

Nahrungsergänzungsmittel bieten keinen Ersatz für eine gesunde und ausgewogene Ernährung.

Ich bin ehrlich zu Ihnen: Aufgrund des Marketings rund um solche Präparate hätte ich höhere Zahlen erwartet. Schliesslich versprechen die häufig als Gummibärchen getarnten Präparate eine optimale Bedarfsdeckung, ohne anstrengende Diskussionen ums Gemüse am Familientisch. Doch sie bieten keinen Ersatz für eine gesunde und ausgewogene Ernährung, denn in Gemüse und Früchten zum Beispiel stecken noch sehr viele andere wichtige Stoffe wie sekundäre Pflanzenstoffe, die wir unbedingt brauchen.

Wann sind Vitaminpräparate für Kinder sinnvoll?

Bei Säuglingen werden bestimmte Nahrungsergänzungen standard­mässig supplementiert. So sind Vi­tamin D und Vitamin K nachweis­lich massgeblich an der gesunden Entwicklung unserer Kleinen betei­ligt. Für ältere Kinder wird die Sup­plementierung bis auf wenige Aus­nahmen, wie Vitamin D in den Wintermonaten, nicht empfohlen. Eine ausgewogene Ernährung, be­stehend aus frischem Obst, Ge­müse, Vollkornprodukten und aus­reichend Proteinen, deckt in den meisten Fällen alle notwendigen Nährstoffe ab. Davon ausgenommen sind chro­nisch kranke Kinder oder Kinder mit medizinisch notwendigen Er­nährungsbedürfnissen.

Vor der Gabe von Supplementen, halten Sie Rücksprache mit der Pädiaterin oder dem Pädiater Ihres Vertrauens.

Die Wahl des passenden Präparats sowie die Dosierung obliegen dabei immer dem behandelnden medizinischen Fachpersonal. Doch auch in an­deren Situationen können Sup­plemente kurzzeitig sinnvoll sein. Dazu zählen Phasen des schnellen Wachstums oder eine sehr einsei­tige Ernährung bei Kindern, die sich partout weigern, etwas anderes als beispielsweise Pasta zu essen. Und auch hier gilt: Halten Sie vor der Gabe von Supplementen immer Rücksprache mit der Pädiaterin oder dem Pädiater Ihres Vertrauens.

Eine korrekte Dosierung ist essenziell

Falls Sie sich dennoch für eine ei­genständige Gabe eines Nahrungs­ergänzungsmittels entscheiden, wählen Sie dieses immer altersent­sprechend. Denn bei Substanzen wird die potenziell gesundheits­schädliche Menge häufig pro Kilo­gramm Körpergewicht berechnet. Entsprechend kann eine unbedenk­liche Dosis für einen Erwachsenen für Kinder bereits problematisch sein. Deshalb gilt: Supplemente für Erwachsene sind für Kinder absolut tabu. Auch bei altersgerechten Prä­paraten sollten Sie eine Überdosie­rung vermeiden. Denn besonders fettlösliche Vitamine wie A, D, E und K können bei übermässiger Einnahme im Körper gespeichert werden. Langfristig kann sich das negativ auf unsere Gesundheit aus­wirken.

Vitamine aus der Nahrung – die bessere Wahl für Kinder

Ein bewusster Umgang mit der Er­nährung ist der beste Schutz vor Mangelerscheinungen und stärkt das Immunsystem auf natürliche Weise. Kinder, die regelmässig fri­sches Obst und Gemüse, Vollkorn­produkte und Milchprodukte zu sich nehmen, sind in der Regel gut versorgt. Und eine ausgewogene Ernährung ist nicht nur für die Nährstoffabdeckung wichtig. Sie legt auch den Grundstein für viele Verhaltensmuster, die uns bis ins Erwachsenenalter begleiten. Dazu gehören Fähigkeiten wie Selbst­wahrnehmung, Selbstfürsorge und Disziplin – allesamt Eigenschaften, die eine gesunde Lebensführung und ein positives Verhältnis zum eigenen Körper fördern.

8 Tipps für den Alltag

  1. Kinder essen Gemüse oft lieber, wenn es auf kreative Weise präsentiert wird. Schneiden Sie es in lustige Formen und stellen Sie leckere Dips wie Hummus oder Joghurtsaucen bereit.
  2. Eine bunte Auswahl motiviert nicht nur zum Essen, sondern hilft, eine breite Palette an Vitaminen und Mineralstoffen aufzunehmen. Denn verschiedene Farben deuten auf unterschiedliche Nährstoffe hin.
  3. Halten Sie immer eine Auswahl an gesunden Snacks bereit wie geschnittenes Obst, Nüsse oder Vollkorncracker. Diese stellen sicher, dass Ihr Kind zwischendurch wertvolle Nährstoffe zu sich nimmt.
  4. Beziehen Sie Ihr Kind in den Einkauf von Lebensmitteln ein. Lassen Sie es mitentscheiden, welches Obst und Gemüse es ausprobieren möchte. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es neue Lebensmittel probiert.
  5. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind genügend Sonnenlicht bekommt, um seinen Vitamin-D-Spiegel aufrechtzuerhalten.
  6. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und versuchen Sie, Ihre benötigten Nährstoffe über die Ernährung zu decken. Hinterfragen Sie Ihre bisherige Dosierung, falls Sie doch einmal Präparate einnehmen.
  7. Supplemente können die Wirkung von Medikamenten hemmen oder gar zu unerwünschten Komplikationen führen. Erwähnen Sie sie beim Bezug von Medikamenten.
  8. Detaillierte Ernährungs- und Nährstoffempfehlungen pro Altersstufe finden Sie auf der Seite der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung: www.sge-ssn.ch