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«Meine Eltern bestrafen mich fürs Vapen mit Handyverbot»

Lesedauer: 5 min

«Meine Eltern bestrafen mich fürs Vapen mit Handyverbot»

Amy, 16, versteht nicht, warum ihre Eltern sich so übers Vapen aufregen und sie dafür bestrafen. Sie sucht Rat bei unserer Expertin.
Text: Sarah Zanoni

Bild: Adobe Stock

«Frag doch mal Sarah!»

Meine Eltern regen sich extrem auf, dass ich ab und zu vape. Immerhin ist das doch weniger schädlich als rauchen, oder? Und als meine Mutter jung war, hat sie selbst auch geraucht – das hat sie mir mal erzählt. Aber nun machen die so ein Riesentheater daraus. Gestern haben sie mir sogar das Handy weggenommen zur Strafe. Ich darf es erst in einer Woche wieder haben. Das hat doch mit Vapen überhaupt nichts zu tun. Dürfen sie das überhaupt?
Amy, 16 

Liebe Amy
Über E-Zigaretten werden oft Unwahrheiten erzählt, nämlich, dass sie für die Gesundheit unbedenklich seien. Das stimmt leider nicht. 

Vapen ist nicht harmloser als Rauchen. Wer vapt, inhaliert ein Gemisch aus Aromastoffen, Metallen, Formaldehyd und weiteren krebserregenden Substanzen. Das kann schädliche Folgen für deine Lunge und dein Herz haben. Die E-Zigaretten enthalten grösstenteils auch Nikotin, was zu einer Abhängigkeit führt – genau wie beim Rauchen. 

Eltern dürfen nicht einfach wegschauen

Dass sich deine Eltern so stark aufregen und nicht wollen, dass du E-Zigaretten rauchst, hat einen Grund: Sie machen sich Sorgen um deine Gesundheit. Und das ist gut so! Denn es bedeutet, dass du ihnen wichtig bist und sie sich um dich kümmern. 

Natürlich verstehe ich, dass dich das total nervt. Denn du möchtest selbst entscheiden, was gut für dich ist und was nicht. Aber solange deine Eltern für dich verantwortlich sind – und das sind sie bis zu deinem 18. Geburtstag – müssen sie sich um deine Entwicklung kümmern. Dazu gehört auch, dass sie nicht einfach wegschauen, wenn dir etwas passiert. Oder wenn du etwas tust, das gesundheitsschädlich sein könnte. Das Vapen gehört mit dazu.

Die Gefahr, süchtig zu werden

Ausserdem geht es nicht nur um einen einmaligen Ausrutscher. Es geht darum, dass du süchtig werden könntest. Deshalb heissen Suchtmittel ja auch Sucht-Mittel: Drogen, Alkohol, Nikotin, etc. Das Fiese daran: du fängst ganz harmlos an, nur ab und zu einmal rauchen. Daraus wird dann plötzlich ein regelmässiger Konsum. Viele, die behaupten, es «im Griff» zu haben, können mit der Zeit nicht mehr ohne den Stoff auskommen. Und dann wird man abhängig. 

Versetz dich bitte einmal in die Lage deiner Mutter oder deines Vaters. Stell dir vor, du hättest ein Kind, das du liebst und das dir das Wichtigste im Leben ist. Du tust alles, damit es ihm gutgeht und es möglichst glücklich ist. Und dann kommt dieses Kind eines Tages und nimmt Drogen. «Nur ein bisschen» behauptet es.  

Was würdest du als Mutter tun?

Wie würdest du reagieren? Würdest du ihm raten, weiterhin Drogen zu konsumieren?  

Dein Kind würde die Drogen vielleicht nur nehmen, weil seine besten Freunde auch dieselbe Droge konsumieren. Oder es würde die Drogen nehmen, weil es ihm psychisch schlecht ginge. 

Würdest du in diesen Fällen sagen: «Deine besten Freunde sind cool und sie nehmen Drogen. Nimm bitte weiterhin auch Drogen, damit du in ihrer Gruppe bleiben kannst.»

Verbote bewirken bei Jugendlichen oft das Gegenteil. Dann wird es erst recht gemacht.

Oder: «Du Ärmste, dir geht es schlecht. Nimm auf jeden Fall weiterhin Drogen, wenn es dir damit besser geht. Drogen helfen dir bestimmt besser, als über deine Probleme zu reden oder Hilfe bei einer Psychologin zu holen.» 

Würdest du etwas davon wirklich sagen und so meinen? 

Liebe Amy, ich weiss leider nicht, wie du dich entscheiden würdest. Aber sicher ist, dass deine Eltern das Richtige tun, wenn sie dich nicht einfach Vapen lassen wollen. 

Miteinander reden anstatt strafen

Ich persönlich bin der Meinung, dass ein Gespräch in Ruhe mehr bringen würde als eine Strafe mit Handyverbot. Um deine Frage zu beantworten: Ja, sie dürfen diese Strafe durchziehen. Wieviel es tatsächlich bringt, ist ein anderer Punkt. Denn Verbote bei Jugendlichen bewirken oft das Gegenteil. Das war schon immer so. Wenn Jugendlichen etwas verboten wird, dann wird es erst recht und meist heimlich gemacht. Als Reaktion. Als Rebellion. Als Protest. 

Wie gesagt: besser wäre es, miteinander zu reden. Vielleicht kennst du eine erwachsene Vertrauensperson, die dir beim Gespräch mit deinen Eltern helfen könnte, als neutrale Vermittlerin? Es wäre wichtig, dass du dir als Tochter im Voraus überlegst, was du als «Deal» anbieten könntest.

Überleg dir, was du mit dem gesparten Geld anfangen könntest, das du nicht fürs Vapen ausgeben würdest.

Zum Beispiel: «Ich mag das Vapen und es macht mir vor allem dann Spass, wenn ich mit meinen Freunden draussen bin. Aber ich verstehe eure Sorgen. Deshalb wäre ich bereit, nur noch einmal pro Woche zu vapen. Ich möchte lieber offen zu euch sein, statt es zu verheimlichen. Ganz weglassen kann ich mir im Moment noch nicht vorstellen.» 

Vom Mut, nein zu sagen

Ein weiterer Tipp: Um dich selbst für einen kleineren Konsum zu motivieren, überleg dir, was du mit dem gesparten Geld anfangen könntest, das du nicht fürs Vapen ausgeben würdest.

Vielleicht kannst du deine Freunde sogar dazu bringen, damit aufzuhören. Ich persönlich kenne mehrere Jugendliche, die als einzige der Freundesgruppe keinen Alkohol trinken, nicht rauchen und keine Drogen probieren. Anfangs wurden sie dumm ausgelacht. Aber mit der Zeit hatte die Gruppe grossen Respekt vor der Person, die sich nicht anstecken liess. Dazu braucht es Mut. Den Mut, «Nein, ich rauche/trinke/kiffe nicht» zu sagen. 

Ich wünsche dir viel Mut! 

Frag doch mal Sarah

In unserer Rubrik «Frag doch mal Sarah» beantwortet Jugendcoach Sarah Zanoni Fragen von Kindern und Jugendlichen.
Hast du auch eine Frage, die du ihr gerne stellen würdest? Dann sende eine E-Mail an online@fritzundfraenzi.ch oder kontaktiere uns auf unseren Social-Media-Kanälen.