06. April 2017
Neun Tipps gegen Knatsch bei den Hausaufgaben

Text: Liselotte Braun
Bild: Désirée Good / 13 Photo
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Lesedauer: 3 Minuten
Antwort auf neun Fragen, wenn die Hausaufgaben zu Hause ein Reizthema sind – von STEP-Kursleiterin Liselotte Braun.
1. Wie lassen sich Machtkämpfe vermeiden?
Hausaufgaben sind in erster Linie eine Sache zwischen Kind und Lehrperson. Viele Eltern fühlen sich jedoch voll dafür verantwortlich. Aus Angst um die beruflichen Chancen ihrer Kinder üben sie bewusst oder unbewusst Druck aus. Dies bewirkt meist Widerstand, und es entsteht ein Machtkampf. Wenn Eltern Verantwortung abgeben und das Kind ermutigen, selbstverantwortlich die Ufzgi zu machen, ist das Kind kooperativer. Es wird in seinem Selbstbewusstsein gestärkt und lernt für die Zukunft.
2. Was tun, wenn der Hausaufgaben-Streit eskaliert?
Bei Konflikten gilt erst einmal: sich beruhigen, durchatmen, das Kind nicht anschreien. Das Bewusstsein, dass Hausaufgaben nicht in der Verantwortung der Eltern sind, hilft, dem Kind in Ruhe zu begegnen. So können Eltern die Unlust oder die Wut des Kindes akzeptieren: «Es sieht so aus, als hättest du überhaupt keinen Bock, die Ufzgi zu machen – weil es so viele oder weil sie so schwierig sind?» Dadurch fühlt sich das Kind verstanden. Vielleicht äussert es dann plötzlich, was eigentlich der Hintergrund seiner Unlust ist. Oder die Lösung besteht darin, die Hausaufgaben auf später zu verschieben. Mit der respektvoll ausgesprochenen Aussage «Du kannst die Ufzgi machen, dann hast du alles erledigt, oder du machst sie nicht und riskierst einen Eintrag – du entscheidest», übertragen die Eltern dem Kind die Verantwortung, und es lernt aus den Folgen seiner Entscheidung.
3. Aber was, wenn Sie Angst vor einem Verweis haben?
Viele Eltern wollen das Kind vor einem negativen Erlebnis wie z. B. einem Verweis bewahren. Sie nehmen ihm aber damit die Erfahrung, welche Folgen seine Entscheidung hat. Eine solche Erfahrung darf man dem Kind zutrauen. Wichtig ist, dass Eltern bei einem negativen Erlebnis nicht moralisieren und sagen: «Siehst du, ich habs dir ja gesagt!»
4. Was tun, wenn Hausaufgaben zu lange dauern?
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Manchmal macht das Kind zu viele Hausaufgaben, weil ihm der Auftrag nicht klar ist oder es etwas falsch verstanden hat. Oft erlebe ich auch, dass das Kind mit diesem Verhalten die Aufmerksamkeit der Eltern sucht. Es denkt: «Wenn ich Probleme habe, sind meine Eltern da und haben Zeit für mich.» Oder aber seine Erfahrung lehrt es, dass die Eltern schliesslich die Aufgaben lösen. Es gibt aber auch Kinder, die überfordert und sehr entmutigt sind, weil sie die erwartete Leistung nicht erbringen können. Weiter überschätzen Eltern oft die Konzentrationsfähigkeit des Kindes. Hilfreich ist es, immer wieder mal eine kurze Pause einzuschieben.
5. Sollten Eltern bei den Hausaufgaben helfen?
Eltern helfen manchmal, damit das Kind schneller fertig ist. Doch so lernt es nicht, auch mal an etwas dranzubleiben. Andere Eltern helfen, um bei der Lehrperson einen guten Eindruck zu machen. Die Lehrperson weiss dann aber nicht, was das Kind effektiv verstanden hat. Sinnvoller ist es, bei andauernden Problemen das Gespräch mit der Lehrperson zu suchen.
6. Sollten Eltern danebensitzen?
Keinesfalls sollten Eltern die ganze Zeit neben dem Kind sitzen. Das vermittelt dem Kind das Gefühl: «Ich kann es nicht allein.» Wenn das Kind die Hausaufgaben noch nicht selbständig erledigt, können die Eltern fragen, was an Hausaufgaben ansteht, und das Kind entscheidet, womit es beginnen will. Bei konkreten Fragen können Eltern natürlich Hilfe bieten. Die Initiative muss jedoch vom Kind kommen. Viele Kinder mögen es, die Aufgaben dort zu erledigen, wo sich die Mutter, der Vater oder die Geschwister aufhalten. Oft ist das der Küchen- oder Wohnzimmertisch.
7. Was tun, wenn das Kind die Hausaufgaben immer wieder vergisst? Oder gar keine Lust hat?
Dann kann man fragen: Was würde dir helfen, dran zu denken? Was macht dir denn genau keine Lust? Oder man schreibt zusammen mit dem Kind eine To-do-Liste mit den verschiedenen Hausaufgaben, inklusive Pausenzeiten. Manche Kinder spornt es an, die erledigten Sachen abhaken zu können.
8. Was antworten, wenn das Kind denkt: Das schaffe ich ja doch nicht.
Entmutigte Kinder benötigen viel Ermutigung, schon die kleinste Bemühung sollte beachtet und positiv bestätigt werden. Mit der Zeit sind die Eltern manchmal selber entmutigt oder hilflos. Das spürt das Kind und wird noch entmutigter. Oft ist da eine externe Aufgabenhilfe sinnvoll. Wichtig ist auch, dass sich Eltern Hilfe holen. Oft sind Hausaufgaben auch ein möglicher Punkt, um bestehende Spannungen auszutragen. Wenn es etwa Krach in der Schule gab, oder das Kind sich von einer Lehrperson oder den Eltern nicht verstanden fühlt. Dann ist es wichtig, dass die Eltern dem Kind zuhören und seine Gefühle ernst nehmen.
9. Sollte es feste Zeiten für die Hausaufgaben geben?
Es ist sicher hilfreich, wenn es eine gewisse Routine gibt. Kinder sind jedoch unterschiedlich. Manche brauchen Unterstützung, wie z. B. einen Arbeitsplan. Andere sind sehr selbständig, da reicht es zu fragen: «Wann machst du die Hausaufgaben, vor oder nach dem Spielen? Du entscheidest.» Die Abmachung sollte dann auch eingehalten werden.
Das Wichtigste in Kürze:
Sich nicht in einen Machtkampf einlassen, dem Kind etwas zutrauen und ihm die Verantwortung übergeben. Nur Unterstützung geben, wo es wirklich nötig ist. Die Gefühle des Kindes ernst nehmen und auch kleine Fortschritte bemerken.
Infos zu STEP
Das Systematische Training für Eltern und Pädagogen (STEP) basiert auf liebevoll-konsequenter Erziehung, Anerkennung und Ermutigung. Ziel ist, das Selbstvertrauen von Eltern und Kindern zu stärken, sodass Eltern lernen, dem Entwicklungsprozess der Kinder zu vertrauen und sie dabei zu begleiten, zu fordern und zu fördern. Grundlage von STEP ist die Individualpsychologie nach Alfred Adler und Rudolf Dreikurs. www.instep-online.ch
Dieser Artikel ist im Rahmen unseres Dossiers zum Thema Hausaufgaben 04/2017 erschienen. Bestellen Sie jetzt das Heft mit dem gesamten Dossier, mit Meinungen von Experten, Eltern, Lehrpersonen und natürlich Kindern.
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